Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild
büßt, mich angelogen zu haben. Und dafür, dass sie mir mein Leben lang das Gefühl gegeben hat, eine ungeliebte Außenseiterin zu sein, für die man sich schämen muss.« Meine Stimme versagte. Ich räusperte mich und durchbohrte Adam dann mit einem Blick. »Aber das heißt nicht automatisch, dass ich mich auf die Seite eines Geschlechts schlage, von dem ich so gut wie nichts weiß. Dann würde ich möglicherweise nur ein Übel gegen ein anderes eintauschen. Nein – von jetzt an will ich nur noch mir selbst gegenüber loyal sein und niemandem sonst. Verstehst du?«
»Das kann ich sogar sehr gut verstehen«, erwiderte er. »Ich bitte dich ja auch nur darum, mir die Möglichkeit zu geben, dir mehr über deine Magierseite beizubringen und dich deinem eigenen Fleisch und Blut vorzustellen – deiner Schwester Maisie.«
Ich schüttelte bereits den Kopf, ehe er zu Ende gesprochen hatte. Momentan sah ich mich nicht in der Lage, meine Schwester kennenzulernen. Ich war mir ja noch nicht mal sicher, ob sie wirklich existierte oder doch nur eine Erfindung war, um mich dazu zu bringen, mich auf die Seite der Hekate zu schlagen. Adam schien mich zu verstehen und nahm meine Hand. Diesmal wehrte ich mich nicht dagegen.
»Ich weiß, dass das alles sehr viel für dich sein muss. Du musst sie auch nicht morgen oder in den nächsten Tagen treffen. Lass uns erst einmal die nächste Zeit hinter uns bringen, und dann sehen wir weiter. Wir überlegen uns erst einmal, wie du dich an den Dominae rächen kannst und wie wir die Magier befreien. Kannst du zumindest dem zustimmen?«
Ich dachte eine Weile nach. In meinem Kopf tobten widersprüchliche Gefühle. Meine Empfindungen erinnerten mich an jenen Moment, als ich in Clovis’ Gegenwart die Angstattacke erlebt hatte. Ich wusste, dass ich rasch etwas dagegen unternehmen musste, wenn ich nicht in wenigen Minuten wieder so weit sein wollte. Und vor Adam derart die Nerven zu verlieren, durfte mir nicht passieren. Ich hatte mich schon mehr als genug vor ihm zur Idiotin gemacht.
Also holte ich mehrmals tief Luft und versuchte meinen Kopf wieder freizubekommen. Ich sagte mir, dass ich einfach einen Schritt nach dem anderen machen müsse.
Wenn ich alles auf einmal zu verarbeiten versuchte, würde mein Kopf platzen.
Unwillkürlich stieß ich einen Seufzer aus. »Also gut. Ich helfe dir, die Magier zu retten.«
Adams strahlendes Lächeln schien den dunklen Wagen zu erhellen. Er beugte sich zu mir und nahm mich fest in seine Arme. Einen Moment lang genoss ich die Empfindung, seinen kraftvollen Körper an dem meinen zu spüren. Die Anziehungskraft, die er von Anfang an auf mich gehabt hatte, war sicherlich ein Grund dafür. Doch andererseits wusste ich auch instinktiv, dass ich diesem Mann tatsächlich mein Leben anvertrauen konnte. Es kam nicht oft vor, dass ich jemanden traf, dem ich sowohl in körperlicher als auch emotionaler Hinsicht voll und ganz vertraute.
Während ich seinen Duft und seine Wärme in mich aufsog, atmete ich zum ersten Mal seit Stunden wieder normal. Ich konnte zwar nicht vorhersehen, was die Zukunft brachte, aber diesen Moment hatte ich durchaus in der Hand. Und ich spürte, dass ich mich bei Adam fallenlassen konnte. Zumindest für den Augenblick.
Er löste sich von mir, ohne jedoch die Hände von meinen Schultern zu nehmen, und lächelte ermutigend. »Wir kriegen das schon hin«, sagte er. »Zusammen überlegen wir uns genau, wie der nächste Schritt aussehen soll.«
Ich schluckte, da mich auf einmal ein Gefühl der Zärtlichkeit überkam. Vielleicht hatte ich auch nur das Bedürfnis, einen Moment lang meine Sorgen zu vergessen. Oder vielleicht hatte mich die emotionale Anspannung dieser Nacht besonders anfällig werden lassen. Jedenfalls stürzte ich mich plötzlich auf ihn.
Unsere Münder trafen sich in einem nicht besonders eleganten Durcheinander aus Lippen und Zähnen. Doch schon bald fanden wir unseren Rhythmus. Adams Hände umfassten mein Gesicht, um mich näher an sich heranzuziehen. Ich erwiderte diese Geste, indem ich mit meinem rechten Eckzahn vorsichtig an seiner Unterlippe knabberte und einen Moment lang sein Blut schmeckte. Er stöhnte auf und fuhr mit seiner Zunge tief in meinen Mund. Wir schienen nur noch aus einem einzigen Wirrwarr aus Lippen, Zähnen, Zungen und Händen zu bestehen, während unser Keuchen die erotische Geräuschkulisse für unsere fieberhaften Erkundungen bestimmte.
Wie so häufig bei unvorhergesehenen Kussattacken,
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