Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild
lassen.« Ich wartete, bis ihr hässliches Lachen verklungen war. »Nun – das ist jetzt vorbei. Jetzt weiß ich, mit wem ich es zu tun habe, und ich werde Euch büßen lassen für das,
was Ihr mir angetan habt – Ihr und die anderen beiden Dominae. Ihr werdet alle tief fallen, und es wird kein angenehmer Sturz sein.«
Meine Großmutter begann erneut zu lachen. Es war ein abfälliges Krächzen, das mir einen kalten Schauder über den Rücken jagte. »Ein großes Mundwerk für ein kleines Mädchen. Du glaubst doch wohl nicht ernsthaft, dass du hier lebend herauskommst.«
»Das wird sie«, sagte Adam mit ruhiger Stimme. »Und ich ebenfalls.«
Wieder lachte Lavinia, doch diesmal schwang ein hysterischer Unterton mit. »Wie rührend«, höhnte sie und sah mich an. »Es sollte mich wohl nicht überraschen, dass du dem Beispiel deiner Mutter folgst. Ich kann nur hoffen, dass er dir noch nicht allzu viel bedeutet, denn er wird ebenso sterben wie dein Vater. Nur diesmal erledige ich es mit meinen eigenen Händen.«
Ich machte mir nicht die Mühe, sie in ihrer Annahme zu korrigieren, Adam und ich seien ein Paar. Aber ich spürte, wie er neben mir erstarrte. Ich gab ihm einen unauffälligen Stoß, um ihm zu bedeuten, dass er still bleiben solle. Wenn ich Lavinia wütend genug machen konnte, würde sie vielleicht einen Fehler begehen.
»Eigentlich wäre es mir lieber, wenn Ihr das nicht tätet«, entgegnete ich mit sachlich klingender Stimme. »Ich bin nämlich bereits schwanger von ihm, wisst Ihr.« Ich konnte sehen, wie ihre Augen vor Hass zu funkeln begannen. Hastig warf ich Adam einen auffordernden Blick zu, mitzuspielen.
Er legte seinen Arm um meine Schultern und meinte: »Das ist doch eine freudige Überraschung, nicht wahr – Urgroßmutter?«
Sie griff so schnell an, dass ich nicht darauf vorbereitet war. Ihre weißen Finger wurden zu scharfen Krallen, als sie sich auf meinen Hals stürzte. Der Aufprall ihres Körpers riss mich um, und sofort begann sie, mich mit Hieben zu attackieren. Adam tat sein Bestes, sie von mir herunterzuzerren. Doch in ihrem Zorn war sie stärker als er. Ihre Pupillen hatten sich so sehr geweitet, dass ihre Augen wie zwei schwarze Sterne über mir hingen.
Nach einer Weile gelang es mir, mich aufzubäumen, als Adam sie erneut packte. Sie flog mit einem schrillen Schrei nach hinten, wobei ihr ein Schlüsselbund aus der Tasche rutschte. Ich griff danach und warf ihn Adam in der Hoffnung zu, dass einer der Schlüssel seine Handschellen öffnen würde, die ihn daran hinderten, zu zaubern.
Mein Gesicht fühlte sich an, als hätte es jemand mit einer Harke bearbeitet, aber ich war jetzt wirklich verdammt wütend. Ich sprang auf und stürzte mich auf sie, getrieben vom Hass der Jahrzehnte. Wir prallten wie zwei Lokomotiven aufeinander. Ich packte sie am Schopf und riss das Knie hoch. Ihre Nase brach mit einem lauten Krachen. »Das ist für David!«
Lavinia hielt nur kurz inne, um sich das Blut von den Lippen zu wischen. »Du undankbares Miststück!« Dann hämmerte sie mit den Fäusten auf meinen Solarplexus ein, bis ich kaum noch atmen konnte.
Ich gab ihr eine schallende Ohrfeige und beobachtete zufrieden, wie das Blut ihr die Wange herablief. Angespornt durch die Wut, die ich jahrelang unterdrückt hatte und die nun aus mir herausbrach, verpasste ich ihr eine Reihe von Faustschlägen in den Bauch. Sie ächzte zwar bei jedem Schlag, fiel aber nicht um. Als sie mich mit einem
Sidekick attackierte, erwischte ich sie am Fußgelenk und zog. Sie stürzte nach hinten, kam aber gleich wieder hoch in die Hocke.
Ich nahm meine Kampfposition ein, während ich nach Luft rang und mir überlegte, wie ich sie wohl am besten umbrachte – und versuchte nicht daran zu denken, dass ich diese Vampirin einmal zutiefst verehrt und geliebt hatte.
Diesmal flog Lavinia durch die Luft auf mich zu. Da ich erwartete, dass sie von unten angreifen würde, verlagerte ich mein Gewicht auf die Fersen. Doch sie überraschte mich, indem sie ihre rechte Hand hob. Ich sah den Pflock, kurz bevor sie zuschlug. Das Apfelholz bohrte sich in meinen Brustkorb. Der Aufprall war so heftig, dass ich nach hinten geschleudert wurde. Als ich auf einem Stapel Kisten landete, hörte ich Adams Schrei.
»Sabina!« Er klang auf einmal sehr weit weg.
Schmerz betäubte mein Gehirn. Alles schien langsamer zu werden. Meine Hände und Füße fühlten sich eiskalt an, während die Wunde in meiner Brust heiß glühte. Etwas tauchte in meinem
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