Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild
für den plötzlichen Tod von Mr Duchamp aussprechen.«
Ich nickte langsam. Kannte Clovis die Umstände, die zu Davids Tod geführt hatten? Oder hatte er keine Ahnung?
»Mein Auftraggeber lässt auch ausrichten, dass er sich der Tatsache bewusst ist, dass Sie nur einen Befehl ausgeführt haben. Er macht Sie für Mr Duchamps Tod nicht verantwortlich.«
Nun, das beantwortete meine Frage.
»Wow, da bin ich erleichtert«, erwiderte ich spöttisch. »Aber ich habe David nicht umgebracht.«
Frank warf mir einen Blick zu, der mir klar signalisierte, dass er an der Wahrheit meiner Aussage so seine Zweifel hatte. »Wie auch immer – mein Auftraggeber möchte Ihnen seine Freundschaft anbieten.«
»Woher will Ihr Auftraggeber wissen, dass ich eine gute Freundin wäre?« Normalerweise ließ mich diese Art von verbalem Pokerspiel ziemlich ungeduldig werden. Doch diesmal genoss ich es. Wenn ich meine Karten richtig ausspielte, würde ich mich schon bald auf dem Weg nach San Francisco befinden und Clovis ausschalten können.
In diesem Moment kam die Bedienung mit Franks Martini. Ehe sie wieder ging, bestellte ich noch ein Bier.
»Sabina, können wir offen miteinander reden?«, fragte er. Als ich nickte, fuhr er fort: »Es geht das Gerücht um, dass Sie sich selbstständig machen möchten. Mein Auftraggeber glaubt an Sie und hofft, Sie könnten mit ihm zu einer Vereinbarung gelangen, die Ihnen beiden zum Vorteil gereichen würde.«
»Uns beiden?«
»Ja, Ihnen beiden.« Er nickte. »Mein Auftraggeber möchte Ihnen seinen Schutz vor den Dominae und anderen zwielichtigen Elementen anbieten, wenn Sie ihm im Gegenzug Ihre Dienste zur Verfügung stellen.«
Ich musste lachen. »Und wie kommt er auf die Idee, dass ich seinen Schutz benötige?«
»Haben Sie nicht gerade angedeutet, dass schon eine ganze Reihe wütender Vampire darauf aus ist, Ihnen für frühere Taten an die Gurgel zu gehen?«
»Stimmt«, sagte ich. »Aber Sie sollten auch nicht die Fähigkeiten vergessen, die mich so unbeliebt machen.«
Er rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bezweifle nicht, dass Sie sich nicht selbst verteidigen können. Wenn man jedoch Ihre Situation bedenkt, zusammen mit … Sagen wir einmal … zusammen mit Ihrer fragwürdigen Herkunft, dann glaubt mein Auftraggeber, dass Sie von einer Allianz mit ihm durchaus profitieren würden.«
Meine Augen wurden schmal. »Jetzt hören Sie mir mal genau zu, Mister. Meine angeblich fragwürdige Herkunft, wie Sie das nennen, geht Ihren Auftraggeber einen feuchten Dreck an. Und damit ist unser Gespräch beendet.«
Ich erhob mich. Wie erwartet, sprang auch Frank auf und griff nach meinem Arm.
»Warten Sie«, sagte er. »Es tut mir leid, wenn ich Sie beleidigt habe. Bitte setzen Sie sich wieder. Ich bin noch nicht fertig.«
Ich tat so, als müsse ich erst nachdenken. Nach einer kurzen Weile setzte ich mich betont widerstrebend und gab ihm ein Zeichen, fortzufahren.
»Ich hatte einen guten Grund dafür, Ihre Herkunft anzusprechen«, begann er. »Mein Auftraggeber möchte nämlich die ständigen Spannungen zwischen Vampiren und Magiern beenden. Er ist überzeugt davon, dass wir alle friedlich zusammenleben können.«
Die Kellnerin brachte mein Bier. Ich nickte Frank zu, weiterzusprechen, nachdem sie wieder verschwunden war. Vorsichtshalber nahm ich gleich einen großen Schluck. Ich brauchte das Bier, wenn ich mir eine Rede darüber anhören wollte, wie wunderbar es wäre, wenn die Schattengeschlechter Händchen halten und gemeinsam
mit einer Stimme »Kumbaya, my Lord« singen würden.
»Da Sie von beiden Geschlechtern abstammen, vermutet mein Auftraggeber, Sie könnten seinen Ideen offen gegenüberstehen.«
»Da hat er sich geirrt.«
Frank lächelte. »Vielleicht möchten Sie meinen Auftraggeber trotzdem kennenlernen. Ich bin mir sicher, dass Sie seine Ideen ziemlich revolutionär finden werden.«
Ich nippte an meinem Bier und gab vor, erst einmal nachdenken zu müssen. In Wahrheit war ich dabei, mir zu überlegen, was ich alles auf meine Reise mitnehmen wollte. Vielleicht brauchte ich ja sogar mal wieder meinen schwarzen Burberry-Trenchcoat. In San Francisco soll es ja des Öfteren recht nebelig werden.
»Ich weiß nicht«, sagte ich schließlich. »Es wäre leichter für mich, eine Entscheidung zu fällen, wenn ich wüsste, wer Ihr Auftraggeber ist.«
Franks Kiefermuskeln zuckten. Er verlor allmählich die Geduld. »Ich darf Ihnen das wirklich
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