Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild
das mir deutlich zeigte, dass er der Gefährlichere der beiden war. »Aber diesmal hast du keine Bodyguards, die uns in Schach halten, während du unseren Freund abknallst.«
Die sechs Kerle bildeten einen Halbkreis um mich und versperrten mir den Weg. Offenbar war die Zeit für Smalltalk vorüber. Ich fasste nach hinten, um meine Waffe zu ziehen, griff jedoch ins Leere. Da war nichts außer dem Bund meiner Jeans. Kalter Schweiß brach mir aus. Ich verfluchte mich innerlich, als mir klarwurde, dass ich die Waffe beim Türsteher des Phantasmagoria vergessen hatte. Das bevorstehende Treffen mit Clovis hatte mich derart in Beschlag genommen, dass ich den Club in Gedanken versunken verlassen und nicht mehr an die Garderobenmarke gedacht hatte.
Die Kerle rückten vorsichtig näher. Anscheinend erwarteten sie irgendeinen spektakulären Stunt von mir. Leider musste ich sie in diesem Fall enttäuschen. Panisch suchte ich nach einem Ausweg, während ich mich nach unten beugte und den Holzpflock aus meinem Stiefel zog. Was Waffen betraf, so stellte ein kleiner Pfahl aus Apfelholz für Vampire eine echte Bedrohung dar. Allerdings hatte ein einziger Pflock gegen sechs Muskelpakete auch etwas Lächerliches. Ich konnte nur hoffen, dass es mir
zumindest gelingen würde, einen der Typen außer Gefecht zu setzen, so dass es ein etwas sportlicherer Wettkampf wurde.
Ich ging in die Hocke, für den ersten Angriff bereit. In solchen Auseinandersetzungen sind es meist ein oder zwei Macho-Ärsche, die sich besonders hervortun wollen. Aus irgendeinem Grund fällt Gruppen wie dieser nie ein, dass es wesentlich effektiver wäre, wenn alle auf einmal angreifen würden. Dann hätte ich nämlich keine Chance gehabt. Aber ich wollte mich nicht beschweren.
Einige Sekunden später kamen zwei auf mich zu. Ich bemerkte, dass die beiden Wortführer erst einmal zusehen wollten und die Drecksarbeit ihren Freunden überließen. Ich sprang auf und schickte einen der vier Kerle mit einem Halbwurf zu Boden. Er landete überrascht auf dem Rücken, so dass ich die Zeit nutzen konnte, herumzuwirbeln und seinem Kumpel den Pflock ins Herz zu rammen. Es gab ein ekelhaft schmatzendes Geräusch, als ich ihn wieder herauszog und der Vampir in Flammen aufging.
Noch ehe einer der anderen Zeit hatte, zu reagieren, warf ich mich auf den ersten Angreifer und stieß ihm ebenfalls den Pfahl in die Brust. Diesmal war das Holz zu glitschig, um es wieder herauszureißen. Mir blieb also nichts anderes übrig, als wieder zurückzuspringen und zuzusehen, wie auch dieser Kerl sich in eine Fackel verwandelte und dann zu Asche zerfiel.
Ich wandte den beiden glühenden Knochenhaufen den Rücken zu und schaute die restlichen Vampire herausfordernd an. Innerlich raste mein Herz vor Panik, als mir klarwurde, dass noch immer vier übrig waren und ich nicht einmal mehr einen Holzpflock hatte. Die Zahl
meiner Gegner war zwar geschrumpft, aber ich hatte noch einiges vor mir, wenn ich lebend aus diesem Parkhaus gelangen wollte.
Ich sah Dumm und Dümmer mit hochgezogenen Augenbrauen an. Sie warfen sich einen Blick zu und stürzten sich dann gleichzeitig auf mich. Es gelang mir, Dümmer mit einem Tritt gegen das Knie flachzulegen. Er ging zu Boden und hielt sich stöhnend die zerschmetterte Kniescheibe. Lange würde ihn das zwar nicht aufhalten, aber zumindest hatte ich ein paar Sekunden Zeit gewonnen. Ich drehte mich zu Dumm, der mit einem Fauchen seine Eckzähne entblößte.
»Das wird mir echt Spaß machen«, knurrte er und nahm die klassische Kampfsporthaltung ein.
Ich schürzte höhnisch die Lippen. »Dann mal los, Arschloch.«
Ich wirbelte zur Seite und attackierte ihn mit einem Roundhouse-Kick, der auf seinen Brustkasten gerichtet war. Noch ehe ich ihn traf, packte er mich jedoch am Fußknöchel und riss mich zu sich. Ich ruderte wie eine Wilde mit den Armen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, wodurch es mir zumindest gelang, seine freie Hand zu packen und ihn mit mir zu Boden zu reißen. Er mochte vielleicht größer und schwerer sein als ich, aber dafür war ich schneller. Es gelang mir, mich auf ihn zu setzen und dabei seine Arme mit meinen Beinen zu fixieren.
Seine Gesichtsknochen schienen aus Stahl zu sein. Nachdem ich ihm mehrere Hiebe mit den Fäusten verpasst hatte, befürchtete ich, dass sich meine Finger pulverisieren würden. Mit einem Ruck seines gewaltigen Körpers warf er mich ab. In Sekundenschnelle fuhren seine Arme unter die meinen und er verschränkte
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