Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild
murmelte irgendetwas darüber, dass das ja wohl offensichtlich sei. »Jedenfalls musst du dir keine Sorgen machen. Giguhl ist eigentlich gar kein Kater. Er ist ein Dämon.« Ich wusste nicht, warum ich ihr das erzählte. Aber sie schien so sehr gegen Katzen zu sein, dass ich annahm, einen Dämon würde sie als kleineres Übel betrachten. Außerdem war es in dieser kleinen Wohnung nahezu unmöglich, Giguhls Fähigkeit zu sprechen lange geheim zu halten.
Vinca sah mich mit weit aufgerissenen grünen Augen an. »Ein Dämon? Ich habe noch nie von einem Dämon in Katzengestalt gehört.«
»Das ist eine lange Geschichte.« »Wie auch immer«, erwiderte sie. »Wenn du hierbleiben willst, muss er auf jeden Fall in deinem Zimmer bleiben. Okay?«
Na toll. Ein weiterer Grund für Giguhl, einen Wutanfall zu bekommen.
»Kein Problem«, schwindelte ich. »Und wo ist mein Zimmer?«
Vinca beäugte nun interessiert den Katzenkäfig. Ihre Furcht war wachsender Neugier gewichen. »Komm mit«, forderte sie mich auf.
Sie führte mich einen kurzen Flur entlang, der rechts vom Wohnzimmer verlief. Dann öffnete sie die einzige Tür auf der linken Seite.
»Wow«, murmelte ich, als ich das Zimmer sah. »Das ist echt … echt floral.«
»Wenn dir das gefällt, solltest du mal mein Zimmer sehen«, meinte die Fee. »Ich liebe Blumen.«
Darauf wäre ich nie gekommen, dachte ich ein wenig spöttisch. Das Zimmer sah so aus, als sei ein Rosenbusch
explodiert. Der weiße Bettüberwurf hatte ein pinkfarbenes Rosenmuster, was ausgezeichnet zu den Vorhängen vor dem kleinen Fenster passte, die ebenfalls Rosen in allen Größen aufwiesen. Auf einer weißen kleinen Kommode stand eine Vase mit gelben Rosen. Und unter der Decke verlief eine Tapetenbordüre, die mit Rosen bedruckt war.
»Mein Zimmer ist auf der anderen Seite des Wohnzimmers. Du hast hier also hoffentlich genug Privatsphäre. Außerdem bin ich die meisten Nächte sowieso draußen und kümmere mich um das Grundstück.«
»Bist du hier die Vermieterin oder die Verwalterin oder so?«, wollte ich wissen.
»Nein, Dummerchen. Ich bin eine Fee. Schon vergessen? Wir kümmern uns gern um Pflanzen.«
»Oh, verstehe.«
»Jetzt lasse ich dich aber erst mal auspacken«, sagte sie. »Das Badezimmer ist hinter dieser Tür. Da sollten auch genügend frische Handtücher sein. Fühl dich einfach wie zu Hause. Okay?«
»Okay, danke … Vinca?«
Sie wollte gerade das Zimmer verlassen, drehte sich aber noch einmal zu mir um. »Ja, Mitbewohnerin?«
Jedes Mal, wenn sie mich so nannte, hatte ich dasselbe Gefühl, wie wenn jemand mit Fingernägeln über eine Tafel kratzt. »Danke, dass du mich für ein paar Tage bei dir aufnimmst. Echt nett von dir.«
Ihre Lächeln erhellte das gartenartige Zimmer, als hätte jemand ein Licht angeknipst. »Das mache ich doch mit dem größten Vergnügen.« Sie hielt inne und presste eine Hand auf ihre Stirn. Ich trat einen Schritt auf sie zu, da ich glaubte, sie würde unter Schmerzen leiden. Doch eine
Sekunde später hatte sie sich schon wieder gesammelt. »Wow, die war aber stark.«
»Was denn? Alles in Ordnung?«
»Oh ja«, erwiderte die Fee und winkte mit einer eleganten Handbewegung ab. »Nur eine meiner Visionen.«
»Hast du oft Visionen?«, erkundigte ich mich vorsichtig. Ich versuchte, nicht allzu misstrauisch zu klingen.
»Manchmal. Nymphen haben oft Visionen, weißt du.«
Ich traute mich kaum, zu fragen, tat es aber trotzdem. »Was hast du denn gesehen?«
»Ich habe uns beide lachend unter einer Eiche gesehen. Du weißt, was das heißt – nicht wahr?« Sie sah mich erwartungsvoll an. Mir blieb nichts anderes übrig, als den Kopf zu schütteln. »Wir werden die besten Freundinnen sein, die man sich vorstellen kann!«
Ich merkte, wie sich mir entsetzt die Nackenhaare aufstellten. »Oh … toll«, sagte ich langsam und wich vorsichtshalber einen Schritt zurück.
Vinca wartete und lächelte mich auffordernd an, als wartete sie auf eine weitere Reaktion. Ich wollte sie nicht enttäuschen, aber ich war eigentlich nicht die Art von Vamp, die überenthusiastischen Nymphen sofort ewige Freundschaft schwört.
»Okay. Ich sollte jetzt wohl besser auspacken«, sagte ich also stattdessen.
»Einverstanden, liebste Mitbewohnerin! Ruf mich, falls du etwas brauchst.«
Nachdem sie die Tür hinter sich zugezogen hatte, ließ ich mich erschöpft aufs Bett fallen. Beste Freundinnen? Mit einer Nymphe? Das war mehr als unwahrscheinlich. Das Beste, was ich mir von
Weitere Kostenlose Bücher