Rote Lilien
Bedauern, Trauer, Sehnsucht.
»Das kann ich auch sein. Und ich weiß viel besser als sie, was ich mit diesem Körper alles anstellen kann.« Sie presste sich an ihn und flüsterte ihm ins Ohr, was sie mit ihm machen wollte. Sein Magen krampfte sich zusammen, und er schüttelte sie. »Hayley. Verdammt noch mal, Hayley. Du bist stärker als sie. Lass nicht zu, dass sie dir das antut.« Und obwohl immer noch etwas anderes auf ihn herabsah, obwohl ihre Lippen so furchtbar kalt waren, küsste er sie. Sanft. Zärtlich. »Ich liebe dich. Hayley, ich liebe dich. Komm zu mir zurück.«
Harper spürte es sofort, als sie wiederkam. Noch im gleichen Augenblick. Er nahm sie in die Arme und hielt sie fest, während sie zu zittern begann.
»Harper.«
»Sch. Es ist alles wieder gut.«
»Sie war ... o Gott. Das war nicht ich. Das habe nicht ich gesagt. Harper ...« Trost war nicht die richtige Antwort, dachte er. Nicht jetzt. Nicht hier. »Ich will dich. Nur dich.« Seine Lippen strichen zärtlich über ihr Gesicht, seine Hände glitten über ihren Körper. »Nur du und ich. Wir werden nicht zulassen, dass sie uns das kaputtmacht. Sieh mich an.« Er packte ihre Hände und drang in sie ein. »Sieh mich an«, wiederholte er. »Bleib bei mir.« Die Kälte verwandelte sich in Hitze. Aus dem Grauen wurde Lust. Sie blieb bei ihm.
Hayley brachte kein Wort heraus, selbst dann nicht, als sein Kopf auf ihrem Bauch lag und die Nachtigall von den Zikaden abgelöst worden war. Sie war immer noch so durcheinander, dass sie den Schock nicht von der Angst und die Angst nicht von der Scham unterscheiden konnte. Er hauchte ihr einen Kuss auf die Haut und stand auf. »Ich hol uns etwas zu trinken und seh mal nach Lily.« Jetzt musste sie sich auf die Zunge beißen, um ihn nicht zurückzurufen. Am liebsten hätte sie ihn angefleht, damit er sie nicht allein ließ, nicht einmal für einen Moment. Doch das war dumm und völlig unmöglich. Schließlich konnte er nicht die ganze Zeit auf sie aufpassen. Und sie konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass er vielleicht das Gefühl hatte, er müsste auf sie aufpassen. Um zu wissen, wann Amelia sie wieder benutzte. Hayley setzte sich auf, zog die Knie an und legte den Kopf darauf. Sie saß immer noch so da, als er zurückkam und sich neben sie aufs Bett setzte. »Harper, ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Damit das ein für alle Mal klar ist - es war nicht deine Schuld. Und du hast sie vertrieben. Oder dich durchgesetzt. Ich weiß nicht, wie man das nennen soll.«
»Wie hast du es nur fertig gebracht, mich danach noch einmal anzufassen?«
»Glaubst du etwa, ich würde sie gewinnen lassen?« Die kaum unterdrückte Wut in seiner Stimme ließ sie den Kopf heben. »Du ... bist in mir gewesen, als sie ... o Gott, das ist so unheimlich.«
»Hier.« Er drückte ihr ein Glas Wasser in die Hand. »Es war für uns beide unheimlich«, stimmte er ihr zu. »Und für mich so eine Art Inzest. Großer Gott. So nah hatte ich meiner Ururgroßmutter eigentlich nie kommen wollen.«
»So hat sie dich nicht gesehen. Ich weiß nicht, ob dir das hilft.« Sie unterdrückte einen Schauder und gab ihm das Glas zurück. »Sie war ... ich hatte den Eindruck, als würde sie ihn sehen. Reginald. Sie war ... ich war sehr erregt, und dann ist es plötzlich in Wut umgeschlagen. Aber die Art von Wut, die alles aufregender macht. Dunkler. Exotischer. Dann ist alles verschwommen. Sie und ich, er und du. Und ich war so durcheinander, dass ich nichts tun konnte. Aber dann hast du gesagt, dass du mich liebst, und hast mich geküsst, und daran habe ich mich festhalten können.«
»Sie hat versucht, uns zu benutzen. Und wir haben es nicht zugelassen.« Er stellte das Glas weg und drückte sie in die Kissen, damit er sich neben sie legen und sie in die Arme nehmen konnte. »Es wird alles wieder gut.« Doch selbst jetzt, als sie sicher und geborgen in seinen Armen lag, konnte sie es nicht ganz lauben.
Es war Harper etwas unangenehm, aber er war trotzdem der Meinung, dass er Mitch über den Vorfall mit Amelia informieren sollte. Obwohl sich dieser Vorfall ereignet hatte, als er gerade mit Hayley im Bett gewesen war. Wenigstens konnte er es ihm von Mann zu Mann erzählen. Und wenn seine Mutter davon erfahren musste, war es Harper lieber, wenn sein Stiefvater als eine Art Filter fungierte. »Wie lang hat es gedauert?«, fragte Mitch. »Vielleicht zwei, drei Minuten. Mir ist es zwar länger vorgekommen, aber das dürfte
Weitere Kostenlose Bücher