Rote Lilien
paar silberne Löffel für schlechte Zeiten versteckt. Da, genau so was hab ich gesucht.« Sie blieb stehen, um sich einen robust aussehenden Chevy mit fünf Türen anzusehen.
»Viel Platz, aber nicht so ein Riesenschiff. Und er ist sauber. Wahrscheinlich werde ich damit mehr Kilometer fahren können als mit meinem alten Wagen, und er sieht nicht so auffallend aus.« Als sie den Preis sah, runzelte sie die Stirn.
»Ich werde den Verkäufer ein bisschen runterhandeln müssen, dann passt das schon in mein Budget. Jedenfalls so ungefähr.«
»Sag ihm bloß nicht, wie viel ...«
»Harper.«
»Ist ja schon gut.« Er schüttelte den Kopf und steckte die Hände in die Hosentaschen. Und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, als der Autoverkäufer mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen zu ihnen eilte und Hayley ein äußerst mageres Angebot für die Inzahlungnahme ihres alten Wagens machte. »Oh, ist das alles?« Hayley riss ihre blauen Augen auf und klimperte mit den Wimpern. »Wahrscheinlich spielt es ja keine Rolle, dass ich so an dem Auto gehangen habe. Könnten Sie denn nicht noch ein kleines bisschen mit Ihrem Angebot raufgehen? Ich brauche ja schließlich einen neuen Wagen. Dieser hier ist ganz nett. Die Farbe gefällt mir.« Nachdem Harper aufgefallen war, dass sie plötzlich einen deutlichen Südstaatenakzent hatte, wurde ihm klar, dass sie den Autoverkäufer zum Narren hielt. Als er Hayley zu einigen teureren Autos führte, ging Harper den beiden nach und sah zu, wie sie auf ihrer Unterlippe herumkaute, den Verkäufer anstrahlte und ihn geradewegs zu dem Wagen zurücklotste, den sie haben wollte.
Der Kerl ist Wachs in ihren Fingern, dachte er, als sie anfing, den Preis herunterzuhandeln, Lily aus dem Buggy hob und sich mit ihr zusammen ans Steuer setzte. Harper war völlig zu Recht der Meinung, dass es kein Mann schaffte, den beiden einen Wunsch abzuschlagen. Zwei Stunden später fuhren sie mit dem neuen Auto vom Hof des Gebrauchtwagenhändlers. Lily döste in ihrem Kindersitz vor sich hin, und am Steuer saß Hayley, die bis über beide Ohren grinste. »Oh, Mr Tanner, ich habe keine Ahnung von Autos. Es ist ja sooo nett von Ihnen, dass Sie mir helfen.« Harper schüttelte den Kopf. »Als wir den Papierkram erledigt haben, hätte ich ihm fast mein Taschentuch gegeben. Das waren ja Tonnen von Honig, die du ihm um den Bart geschmiert hast.«
»Was willst du eigentlich? Er hat ein gutes Geschäft gemacht und sich seine Provision verdient, und ich habe, was ich wollte. Nur das zählt.« Doch dann fing sie zu lachen an. »Besonders schön fand ich, wie er verzweifelt versucht hat, dich in die Verhandlungen mit einzubeziehen und du dich nur am Kopf gekratzt hast, als hättest du einen Marschflugkörper oder so was ßhnliches vor dir. Ich glaube, er hat jetzt das Gefühl, eine gute Tat vollbracht zu haben, weil er etwas zu dem Preis verkauft hat, den ich zahlen konnte. Und das zählt auch. Wenn ich mir das nächste Mal ein Auto kaufe, dann mit Sicherheit wieder bei Mr Tanner.«
»Und vermutlich hat es auch nicht geschadet, dass du ein paarmal Tränen in den Augen hattest.«
»Die waren echt. Es hat mir schon Leid getan, den alten Schrotthaufen zu verkaufen - und glaub nur nicht, dass mir die Ratenzahlungen für den neuen Wagen nicht wehtun.« Genau genommen hatte sie schlucken müssen, als ihr klar geworden war, dass Mr Tanner sie für eine Familie gehalten hatte.
»Wenn ich dir helfen kann ...«
»Harper. Nein.« Doch sie streckte den Arm aus und tätschelte ihm die Hand, um ihm zu zeigen, wie süß sie sein Angebot fand.
»Lily und ich kommen schon zurecht.«
»Was hältst du davon, wenn ich euch zur Feier des Tages zum Essen einlade?«
»Großartige Idee. Ich bin am Verhungern.« Sie hatten wirklich wie eine Familie ausgesehen, dachte sie.
Eine ganz normale kleine Familie, die ein gebrauchtes Auto kaufte, danach zum Essen fuhr und ihrer kleinen Tochter ein Eis kaufte. Aber es wäre nicht gut, wenn sie es überstürzen würden, für sie alle nicht. Sie waren ein Mann und eine allein erziehende Mutter, die eine Beziehung miteinander hatten. Keine Familie. Als sie wieder zu Hause waren, beschloss Hayley, den Rest ihres freien Tages für ein Nachmittagsschläfchen mit Lily zu nutzen. »Wir schaffen das schon, nicht wahr, Lily?«, murmelte sie, als Lily müde mit den Haaren ihrer Mutter spielte, während ihr schon die Augen zufielen: »Es fehlt dir doch an nichts, oder? Ich geb mir doch so
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