Rote Lilien
unbewohnt führte.«
»Das muss sie sein«, warf Stella ein. »Es passt einfach alles zusammen.«
»Wenn das nicht unsere Amelia ist, ist es ein geradezu unglaublicher Zufall.« Mitch warf seine Brille auf den Tisch. »Reginalds überaus gewissenhafter Buchhalter hat in den Büchern eine Reihe von Ausgaben vermerkt, die in dem Zeitraum angefallen sind, in dem das Haus angeblich leer gestanden hat. Und bei der Volkszählung 1890 hat Amelia Connor dieses Haus als ihre Adresse angegeben. Im Februar 1893 wurden erheblich höhere Ausgaben für das Haus in den Büchern verzeichnet, bei denen es um neue Möbel für zahlende Mieter ging. Falls es euch interessiert - das Haus wurde 1899 verkauft.«
»Dann wissen wir jetzt, dass sie in Memphis gewohnt hat«, meinte Hayley, »zumindest noch einige Monate nach der Geburt des Babys.«
»Wir wissen noch mehr. Amelia Ellen Connor.« Mitch setzte seine Brille wieder auf und las aus seinen Notizen vor. »Geboren 1868, Eltern Thomas Edward Connor und Mary Kathleen Connor, geborene Bingham. Obwohl Amelia beide Elternteile als verstorben angegeben hat, traf das nur auf ihren Vater zu, der 1886 gestorben ist. Ihre Mutter war noch am Leben und ist erst 1897 gestorben. Sie arbeitete bei der Familie Lucerne als Hausmädchen, auf einem Anwesen am Fluss namens ...«
»... The Willows«, führte Roz seinen Satz für ihn zu Ende. »Ich kenne das Haus. Es ist älter als das hier. Heute ist es eine hübsche kleine Pension. Die heutigen Besitzer haben das Haus vor mindestens zwanzig Jahren gekauft und restauriert.«
»Mary Connor hat dort gearbeitet«, fuhr Mitch fort, »und obwohl sie bei der Volkszählung angegeben hat, keine Kinder zu haben, hat ein Blick in das Geburtsregister ergeben, dass sie eine Tochter hatte - Amelia Ellen.«
»Sie hatten sich wohl entfremdet«, mutmaßte Stella. »Jedenfalls so weit, dass die Tochter ihre Mutter für tot ansah, und die Mutter ihre Tochter verschwieg. In diesem Zusammenhang gibt es noch eine interessante Kleinigkeit. Es gibt keinerlei amtliche Belege darüber, dass Amelia ein Kind hatte - und keine Sterbeurkunde für sie.«
»Mit Geld kann man Räder schmieren oder blockieren«, ergänzte Hayley. »Und jetzt?«, fragte Logan. »Ich werde mir noch einmal die alten Zeitungen vornehmen und nach einem Hinweis auf ihren Tod suchen - Leiche einer unbekannten Frau, so etwas in der Art. Und wir werden weiter versuchen, über die Nachkommen der Dienstboten Informationen zu bekommen. Ich werde die jetzigen Besitzer von The Willows aufsuchen. Vielleicht lassen sie mich einen Blick auf Dokumente oder Papiere aus jener Zeit werfen.«
»Ich werde dir den Weg ebnen«, bot Roz an. »Räder lassen sich auch mit alten Familiennamen schmieren.«
Sie hatte eine Verabredung, zum ersten Mal seit ... nein, es war zu deprimierend, darüber nachzudenken, wie lange es schon her war. Und sie sah auch noch ziemlich gut dabei aus, wenn sie das so von sich selbst sagen konnte. Das knappe rote Oberteil gewährte freien Blick auf ihre Arme und Schultern, die gut in Form waren, weil sie die ganze Zeit Lily in der Gegend herumschleppte, Yoga machte und in der Erde herumwühlte. Ihr gegenüber in dem lauten, voll besetzten Restaurant in der Beale Street saß ein großartig aussehender Mann. Und sie brachte es einfach nicht fertig, sich auf ihn zu konzentrieren. »Lass uns darüber reden«, sagte Harper, während er das Glas Wein nahm, das sie bis jetzt ignoriert hatte, und es ihr in die Hand drückte.
»Dann musst du dich nicht so anstrengen, nicht darüber zu reden.«
»Ich kann einfach nicht aufhören, daran zu denken. An sie. Sie hatte ein Kind, Harper, und er hat es ihr einfach weggenommen. Da überrascht es mich nicht, dass Männer zu ihren Lieblingsfeinden zählen.«
»Spielst du jetzt nicht Advocatus Diaboli? Schließlich hat sie sich verkauft.«
»Aber, Harper...«
»Moment mal. Sie kam aus einer Arbeiterfamilie. Anstatt zu arbeiten, hat sie sich dafür entschieden, sich aushalten zu lassen. Es war ihre Entscheidung, und mit dieser Entscheidung habe ich kein Problem. Aber sie hat Sex gegen ein Haus und Dienstboten eingetauscht.«
»Und das gibt ihm das Recht, ihr das Kind wegzunehmen?«
»Das will ich damit nicht einmal andeuten. Ich will damit nur sagen, dass sie vermutlich keine rotwangige Unschuld vom Lande gewesen ist. Sie hat über ein Jahr als seine Mätresse in diesem Haus gewohnt, bevor sie schwanger geworden ist.« Hayley war noch nicht bereit, das
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