Rote Lilien
was du in meinem Zimmer gemacht hast. Und was wir gemacht haben ... »Nein.« Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie. »Das ist es nicht. Alles in Ordnung mit dir?«
»Ja.« Sie sah über seine Schulter hinweg zu den Balkontüren, die er geschlossen hatte. »Das Gewitter ist fast vorbei. Du solltest jetzt gehen, falls es noch mal zu regnen anfängt«
»Ich schlafe in Stellas altem Zimmer.«
»Das brauchst du nicht.«
»Wir schlafen beide besser, wenn ich dort übernachte.«
Es ging ihr besser, obwohl es ihr nicht gerade beim Einschlafen half, daran zu denken, dass er nur ein paar Meter von ihr entfernt schlief. Oder sich vorzustellen, wie einfach es wäre, auf Zehenspitzen den Korridor hinunterzuschleichen und zu ihm ins Bett zu schlüpfen. Sie war sicher, dass sie und Harper so erheblich besser schlafen würden. Es war verdammt schwer, verantwortungsbewusst und wohl überlegt zu handeln. Und noch schwerer, sich darüber klar zu werden, dass er ihr mehr bedeutete, als sie gedacht hatte. Was aber gar nicht schlecht war, dachte sie, während sie sich ruhelos im Bett hin und her warf. Sie war keine Schlampe, die mit einem Kerl ins Bett ging, nur weil er gut aussah und sexy war. Es gab Leute, die wegen Lily eine ganz andere Meinung von ihr hatten, aber so war es nicht gewesen. Sie hatte Lilys Vater gemocht. Er war ihr Freund gewesen. Gut, sie hatte nicht aufgepasst, aber es war beileibe kein Abenteuer für eine Nacht gewesen. Und sie hatte das Kind gewollt. Zuerst vielleicht nicht, gestand sie sich ein. Doch nach der Panik und dem Selbstmitleid, nach der Wut und dem Leugnen, hatte sie das Kind gewollt. Noch nie in ihrem Leben hatte sie etwas so sehr gewollt. Ihre Tochter. Von Lilys Vater hatte sie nichts gewollt. Von diesem rückgratlosen, egoistischen Mistkerl, der ihre Trauer ausgenutzt hatte, um sie in sein Bett zu zerren. Aber sie war so klug gewesen, ihm nichts von dem Baby zu erzählen und einfach zu gehen. Sie hatte ihr Kind für sich behalten.
Und so würde es auch bleiben. Für immer. Doch sie hätte mehr haben können.
Sie ging die Sache völlig falsch an. Warum arbeitete sie eigentlich noch? Sie arbeitete sich die Hände wund, und das alles für ein kleines Zimmer in diesem Riesenhaus. Sie könnte alles haben. Ihr Kind könnte alles haben. Er war verrückt nach ihr. Wenn sie es geschickt anstellte, konnte sie alles von ihm haben. Sie wusste, was sie tun musste. Er würde auf Knien angekrochen kommen und sie anflehen, bevor sie mit ihm fertig war. Und dann würde Harper House ihr gehören, ihr und ihrem Kind.
Endlich.
8. Kapitel
Hayley stand im Anzuchthaus und sah Roz dabei zu, wie diese den Steckling einer Säckelblume in ein Torftöpfchen pflanzte. »Und es macht dir wirklich nichts aus, auf Lily aufzupassen?«
»Warum sollte es? Mitch und ich werden sie den ganzen Abend lang hemmungslos verwöhnen, nachdem du nicht da bist, um uns davon abzuhalten.«
»Sie ist so gern bei dir. Roz, irgendwie ist mir das alles ein bisschen peinlich.«
»Ich wüsste nicht, weshalb dir eine Verabredung mit Harper peinlich sein sollte. Er ist ein gut aussehender, charmanter junger Mann.«
»Er ist dein Sohn.«
»Ja.«
Roz lächelte, als sie einen weiteren Steckling in das Bewurzelungspulver tauchte. »Habe ich mit meinen Söhnen nicht ein Riesenglück? Ich habe noch zwei gut aussehende, charmante junge Männer, und es würde mich nicht im Geringsten überraschen, wenn sie heute Abend auch eine Verabredung hätten.«
»Mit Harper ist das anders. Er ist dein Erstgeborener und dein Geschäftspartner. Und ich arbeite für dich.«
»Darüber haben wir doch schon gesprochen, Hayley.«
»Ich weiß.« Und der ungeduldige Unterton in Roz' Stimme kam ihr auch bekannt vor. »Aber ich werde das wohl nicht so souverän hinter mich bringen können wie du, wenn du an meiner Stelle wärst.«
»Das könntest du aber, wenn du das Ganze etwas lockerer sehen und dich einfach nur amüsieren würdest.« Roz hob kurz den Blick, bevor sie den Steckling in das Töpfchen pflanzte. »Außerdem würde es sicher nicht schaden, Wenn du vorher noch ein kleines Nickerchen machst. Dann verschwinden vielleicht auch diese dunklen Schatten unter deinen Augen.«
»Ich habe nicht gut geschlafen.«
»Angesichts der Umstände überrascht mich das nicht.« Die Musik im Anzuchthaus war heute eine kompliziert klingende, romantisch angehauchte Klaviersonate. Hayley wusste mehr über Pflanzen als über klassische Komponisten, daher
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