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Rote Sonne über Darkover - 5

Rote Sonne über Darkover - 5

Titel: Rote Sonne über Darkover - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Familie gegessen hatten.
    Ein Stöhnen unterdrückend, versuchte er, seinen steifen, verletzten Körper zu bewegen. Stoisch zwang er sich zum Ankleiden. Dann ging er in die riesige, höhlenartige Küche des Großen Hauses, wo seine morgendlichen Pflichten auf ihn warteten.
    Es war nach dem Frühstück, und Lewis-Gabriel scheuerte in der Küche die großen Kochtöpfe. Ein untersetztes, pelzbedecktes Cralmac kam zu ihm und gab ihm zu verstehen, er solle sich sofort bei Lord Marek in dessen Arbeitszimmer melden. Wie betäubt ließ er die Kochtöpfe stehen und ging den langen Gang zum Arbeitszimmer seines Herrn hinunter. Eine neue Furcht bedrängte ihn. Er fühlte sein Hemd über seinen zerschlagenen Rücken streifen.
    Hatte er noch eine andere Missetat begangen, sollte ihm eine weitere seiner Unzulänglichkeiten vorgehalten werden? Er dachte an die Peitsche. Nein! schrien seine Gedanken in stummer Qual. Ich kann es nicht länger ertragen. Bitte … Er murmelte ein Gebet an den Gott, wer er auch sei, der Mitleid mit ihm haben würde.
    Er kam an anderen Dienern vorbei und spürte ihren Hohn. Seht, Lord Mareks Favorit, seine männliche Lieblingshure, ist zweifellos unterwegs, ihm zu dienen! Lewis-Gabriel konnte das Zittern seines Körpers kaum beherrschen.
    Er betrat das streng möblierte Arbeitszimmer und schluckte heftig, als er Lord Marek in tiefer Konzentration über seinen Schreibtisch gebeugt sah. Stören wollte er nicht. »Mein Lord«, sagte er schließlich pflichtgemäß, bemüht, seine Stimme ruhig zu halten.
    Der hochgewachsene, flachshaarige Trockenland-Häuptling sah anerkennend zu Lewis-Gabriel auf - und dann verzog sich sein breites Gesicht zu einem leutseligen Lächeln. Sofort überflutete Lewis-Gabriel eine Welle der Erleichterung. Lord Marek sprach ihn an: »Lewis-Gabriel, ich habe einen wichtigen Auftrag für dich. Gieß mir einen Becher Jaco ein. Schließ die Tür und ziehe den Vorhang zu.« Lewis-Gabriel beeilte sich, die schwere Holztür zu schließen.
    Dann zog er die perlenbesetzten Vorhänge zu. Seine Stimmung hob sich. Er goß das heiße Getränk in Lord Mareks irdenen Becher. Den Arm hielt er dabei in dem anmutigen Bogen, den sein Herr wünschte. Die unschickliche Neugier, die Lord Mareks Worte in ihm geweckt hatten, verbarg er.
    Lord Marek holte ein sorgfältig zusammengefaltetes Blatt Papier hervor. »Das muß abgeliefert werden«, sagte er bedächtig. »Du mußt es nach Shainsa bringen - allein. Ohne Begleitung. Niemand sonst darf davon wissen.« Lewis-Gabriels Augen weiteten sich vor Staunen.
    Lord Marek fuhr fort: »Meine Feinde haben überall Spione, sogar hier in diesem Großen Haus. Ich kann nicht sicher sein.« Er sah Lewis-Gabriel nachdenklich an. »Aber du weißt nichts von der Ehre eines Mannes, von seinem Kihar. Du kennst nichts als die völlige Hingabe an mich - auch wenn ich dich gelegentlich für deine Unachtsamkeit schelten muß. Und da du ursprünglich aus den Domänen stammst, hast du keine Verbindung mit irgendeinem Clan oder Haus des Trockenlandes.«
    Ohne zu wissen warum, wurde Lewis-Gabriel ein bißchen unruhig.
    »Ich werde dich mit allem versorgen, was du für deine Reise brauchst«, zählte Lord Marek auf, »mit einer Landkarte, einem Oudrakhi, Essen, Wasser, ein paar Münzen. Du wirst am späten Abend Shainsa betreten und die Botschaft abliefern. Bis morgen abend wirst du wieder hier sein.«
    Lord Marek legte Lewis-Gabriel leicht die Hand auf die Schulter, und der Junge sah seinen Herrn wie betäubt an. »Hast du vielleicht Angst, Lewis-Gabriel?« fragte Lord Marek freundlich. »Ich habe dich früher schon Botschaften austragen lassen - deine Anmut repräsentiert mein Haus gut. Aber dann bist du immer gut bewacht gewesen, denn es sollte mir doch kein anderes Haus meinen Favoriten stehlen. Diesmal kann ich es mir nicht leisten, dir Begleiter mitzugeben. Aber du sollst das hier haben.« Lord Marek reichte Lewis-Gabriel einen kleinen, zart geschwungenen Dolch, dessen opalisierendes Heft das Wappen des Großen Hauses von Tarsa trug.
    »Es wird dich als mein Eigentum identifizieren. Ich glaube nicht, daß dich jemand belästigen wird - oder er wird es mit mir zu tun bekommen!« erklärte er grimmig.
    Lord Marek hielt inne. Er fuhr mit der Hand durch Lewis-Gabriels Haar, während er ihn mit seinen tiefen, himmelblauen Augen liebkoste. Lewis-Gabriel stand, als habe er im Fußboden Wurzeln geschlagen. Er wünschte sich, die Wärme, den Trost zu spüren, den die Zuneigung seines

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