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Rote Sonne über Darkover - 5

Rote Sonne über Darkover - 5

Titel: Rote Sonne über Darkover - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Herrn ihm sonst immer gespendet hatte. Statt dessen stieg von neuem dieser unvernünftige Zorn in ihm auf und durchlief seinen ganzen Körper. Er schloß schnell seine Barrieren, um ihn auszuschließen, und senkte flüchtig die Augen. Dann blickte er wieder auf, als sein Herr ihn von neuem ansprach. »Sei vorsichtig, Lewis-Gabriel«, mahnte Lord Marek. »Vergiß nicht, daß ich dir mein Vertrauen schenke - es gibt sonst niemanden, dem ich vertrauen kann -, indem ich dich diese wichtige Botschaft überbringen lasse.«
    Kurze Zeit später saß Lewis-Gabriel, gegen die Wüstenhitze mit einem Kapuzenmantel bekleidet, auf einem Oudrakhi und war unterwegs nach Shainsa. Die rote Sonne, beinahe pastellfarben flammend, stieg über dem Sand und den vereinzelten Felsen auf. Er ließ seinen Körper im Rhythmus der langen Schritte des Wüstentiers schaukeln und blickte dabei zu den fernen, schroffen Gipfeln der Hellers hinüber. Eine leichte Brise blies ihm gegen die Wange.
    Die Gedanken wirbelten ihm im Kopf. Gestern abend war er in Ungnade gewesen, bestraft für seine Unachtsamkeit. Sein Rücken brannte immer noch. Heute … Ich bin der vertraute Bote meines Herrn.
    Ich trage seinen Dolch, reise allein auf einer Mission von lebenswichtiger Bedeutung.
    Allein. Sein Herz klopfte. Das Bruchstück eines Gedankens kämpfte sich an die Oberfläche. Er schob es zurück. Ich werde die Botschaft meines Herrn abliefern. Das ist alles, sagte er entschlossen zu sich selbst.
    Allein. Da war der Gedanke schon wieder. Er wandte den Kopf, verrenkte sich den Hals, spähte auf die flachen, öden Weiten hinaus, die ihn umgaben. Diesmal begleiteten ihn keine schützenden Wachen. Für einen Augenblick packte ihn nacktes Entsetzen. Wenn nun plötzlich Räuber über ihn herfielen und …
    Bevor er ihr Einhalt gebieten konnte, faßte ihn die Erinnerung und hielt ihn mit stählernem Griff … Er war in den bewaldeten Bergen von Serrais, weit weg vom Besitz seines Vaters, auf die Jagd geritten. Vor kurzem war er fünfzehn geworden und hatte damit das Alter der Mannheit erreicht. Seine abgesprochene Ehe war noch nicht vollzogen. Aber wenigstens konnte er seiner Braut ein Rabbithorn nach Hause mitbringen.
    Die Räuber, alles Trockenländer, stürmten hinter einer Baumgruppe hervor. Vergebens wehrte er sich gegen sie. »Ein zarter junger Comyn-Knabe«, krähte der Anführer. »Er wird auf dem Markt von Ardcarran einen guten Preis bringen …«

    Lewis-Gabriels Herz hämmerte. Trotz der Wüstenhitze bedeckte kalter Schweiß seinen Körper. Verstümmelt … Weder Mann noch Frau, war er etwas Verändertes - für die Lust von Männern zugeschnitten wie ein ri’chiyu aus dem Zeitalter des Chaos. Heftiges Beben schüttelte seinen Körper in krampfhaften Wellen. Er hatte sich willig dem Mann hingegeben, der ihn gekauft hatte. Er hatte nicht sterben wollen.
    Die blutrote Sonne stand hoch am wolkenlosen Himmel. Ihre Strahlen badeten ihn in mittäglicher Hitze. Sein Körper schaukelte immer weiter mit den Schritten des Oudrakhis. Über den sonnengetränkten Sand huschte ein Schatten. Ein Vogel, ein kleiner, blaß-lohfarbener Wüstenfalke glitt mühelos auf einer Windbö dahin.
    Merkwürdig, Lewis-Gabriels Ängste waren verschwunden. Etwas anderes regte sich. Etwas kämpfte in seinem Innern. Der kühle Hauch des Windes, der den Falken in einer sanft ansteigenden Kurve dahintrug, wehte ihn an. Eine Stimme flüsterte in seinem Gehirn. Sie nannte ihn mit einem fast vergessenen Namen - einem Namen aus einem vergangenen Leben. Lewis-Gabriel Ridenow. Wie eine glühende Kohle brannte die Botschaft: Du bist allein, unbewacht.
    Er hat dir alles gegeben, was du brauchst, Essen, Wasser, ein paar Münzen, ein Tier zum Reiten. Der schrille Schrei des Wüstenfalken durchbohrte den Himmel - und Lewis-Gabriels Bewußtsein. Die verbotenen Gedanken schickten Schockwellen durch seinen Körper.
    Du kannst heimkehren. Du kannst frei sein.
    Der Widerspruch ließ nicht auf sich warten. Elender Halb-Mann!
    rief die Stimme, daß sich ihm der Magen umdrehte. Willst du außerdem noch zum Verräter werden? Gnadenlose Scham hämmerte auf ihn ein. Die Comyn würden dich gar nicht zurücknehmen - dich zum Emmasca gemachte Kreatur, die sich auf diese Weise benutzen läßt, die mit Eifer ihrem Herrn zu gefallen sucht! Ihn überkam die alte Resignation. Du bleibst besser im Großen Haus von Tarsa. Diene deinem Herrn. Du gehörst ihm. Er faßte nach seinem kleinen Dolch, dessen Wappen ihn

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