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Rote Sonne über Darkover - 5

Rote Sonne über Darkover - 5

Titel: Rote Sonne über Darkover - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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und Frauen des Kreises, die in zeitloser Konzentration und Schönheit erstarrt waren, lagen Bilder des Grauens. Diese gelassenen Gesichter waren nichts als Hüllen für ekelerregenden Zerfall, Fetzen verkohlten Fleisches, das in Streifen von weißen Knochen hing. Ein trübes blaues Licht spielte über die Augenhöhlen hin und wurde in ihren Tiefen schwach reflektiert.
    Statt anmutig gewölbter Hände sah er die Klauen von Skeletten, geprägt von Qual und Gier und nacktem psychischem Hunger.
    Durch die Grenzbereiche seines Bewußtseins heulte das Echo ihres Todeskampfes. Aber Rorie sah nicht, wie er zuerst geglaubt hatte, Traurigkeit und Niederlage, ein Anklammern an eine letzte, verzweifelte Hoffnung auf Überleben, sondern nackten Verrat, den brennenden Schmerz von Seelen, auf ewig verdammt zu einer Hölle, die sie sich selbst geschaffen hatten.
    Der Kreis hatte sich, anders, als Shani behauptet hatte, nicht durch die riesige Matrix geschützt. Sie war so lange Zeit ein Instrument der Verwüstung und auf unvorstellbar Böses ausgerichtet gewesen, daß sie am Ende ein eigenes Bewußtsein gewann. Es kannte nur ein Ziel - zu überleben. Die Turmarbeiter hatten in ihren letzten panikerfüllten Augenblicken nach der Matrix-Energie gegriffen, doch die Matrix hatte sie verschlungen, hatte ihnen die kostbaren Laran -Kräfte ausgesaugt, bis nur noch leere Hüllen übrigblieben.
    Früher einmal waren sie mächtige Telepathen gewesen, diese Männer und Frauen des unbekannten Turmes, die Besten einer ganzen Tradition selektiver Inzucht und erschöpfender Ausbildung.
    Ihre Energien hatten den Stein viele Jahre lang gespeist.
    Jetzt waren seine Reserven geschwunden, seine Kraft ließ nach, und auch das wüste Land, in dem er wie ein Schmuckstück des Bösen lag, konnte ihn nicht versorgen. Er hatte hinausgegriffen und Rorie in sein Netz gezogen, ebenso wie vor ihm Shani.
    Er mußte sie warnen - mußte sie hier wegbringen, mußte mit ihr verschwinden, bevor es zu spät war! Der Kreis, wie er dort saß, war nichts als eine Illusion, die Not der Menschen nichts als ein dünner Schleier für den Heißhunger des Steines.
    »Sh-Shani! Ich glaube …« Er suchte nach Worten, mit denen er sie warnen würde, ohne das, was in dem Stein lauern mochte, zu alarmieren. »Ich muß mich ein bißchen ausruhen, bevor wir es versuchen. Ich bin … Weißt du, mein Laran ist nicht sehr stark, und ich habe eine anstrengende Nacht hinter mir.«
    Rorie stand auf, wobei er sorgfältig einen weiteren Kontakt mit den Energon-Feldern der Riesenmatrix vermied, und wandte sich ihr zu …
    Er sah ihre Schönheit und die subtile Verschmelzung von verführerischer Weiblichkeit und der Distanz einer Bewahrerin, die sie um ihre Person spann. Aber darunter lag, das ganze Bild durchdringend, eine ebenso üble Verderbtheit, wie er sie an dem Kreis wahrgenommen hatte. Rorie erkannte, daß Shani tatsächlich die Bewahrerin des Kreises war, und durch sie war es geschehen, daß die anderen ausgesaugt wurden. Unruhige blaue Lichter flackerten hinter ihren Augen, und eine flüchtige Sekunde lang fing er den Geruch von Verwesung in ihrem süßen Atem auf. Das Zeichen des riesigen Sternensteins lag auf ihr wie ein Todesschleier.
    Sie öffnete ihren Rosenknospenmund, und er sah den verfaulten Schädel, dessen Kiefer sich voller Vorfreude öffneten.
    Ohne nachzudenken, packte Rorie sie bei den Schultern. Ihm war vage bewußt, daß er das unvorstellbare Verbrechen beging, eine im Turm ausgebildete Frau körperlich anzugreifen, eine Bewahrerin, die schon gegen den Gedanken an eine unerwünschte Berührung hätte gefeit sein sollen. Verzweifelt zerrte er sie über die Bank, benutzte Hüft- und Schenkelmuskeln, um sie herumzuhebeln und in das Zentrum der Matrix zu stoßen.
    Sie stieß einen durchdringenden Schrei aus. Tentakel aus funkelndem blauem Feuer sprangen aus dem Kristall und peitschten gegen Rories Herz. Er warf sich zurück, aber die gepolsterte Bank geriet ihm in die Kniekehlen und verlangsamte seinen Fall. Dann packten die Energon-Felder ihn, und seine Nerven vibrierten in plötzlicher Qual.
    Die Matrix zog ihn in ihren wirbelnden Kern, und Rorie spürte seinen sterblichen Körper nicht mehr. In der Sphäre herumgeschleudert, erlebte er Energie als visuelle Sensation, so deutlich, wie ihm sein normales Sehvermögen nie etwas vermittelt hatte. Er spürte die Schatten der Geister, die vor ihm eingefangen worden waren, dünne Echos von einstmals lebensprühenden

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