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Rote Sonne über Darkover - 5

Rote Sonne über Darkover - 5

Titel: Rote Sonne über Darkover - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Persönlichkeiten, die jetzt, gnadenlos ausgesaugt von der Matrix, mit der Zeit zu leeren Hüllen geworden waren.
    Das Zentrum des Dings ragte vor ihm auf, ein Maul aus Schwärze, pulsierend und puckernd, als heiße es ihn schon in seinen Tiefen willkommen. Jede Fiber von Rories Bewußtsein wich vor ihm zurück, denn ihn erwartete nicht einfach die Auslöschung, sondern eine mentale Sklaverei, die Jahrhunderte andauern würde, bis der letzte Hauch von Wahrnehmungsvermögen seinen Geist verließ.
    Während er gegen die Anziehungskraft der Matrix kämpfte, fragte Rorie sich, welche Verwendung sie für ihn haben könne. Er verstand durchaus die Gier des Kristalls nach hochtalentierten, ausgebildeten Menschen wie den Mitgliedern des ursprünglichen Kreises … oder eines jeden der Turmarbeiter, mit denen er so kurze Zeit studiert hatte. Aber er war als unzulänglich aus dem Turm weggeschickt worden. Mirelle, seine Bewahrerin, hatte es ihm in unmißverständlichen Worten gesagt. Wie konnte er genug Laran haben, um für die Matrix von irgendwelchem Wert zu sein?
    Dann wurde es ihm klar … Die Matrix war kein lebendes, denkendes Wesen, und als solche war sie den Täuschungen und Vorurteilen des menschlichen Verstandes nicht unterworfen. Sie wußte nicht, daß er zu nichts nütze war; keine Bewahrerin hatte es ihr aus persönlichen oder politischen Gründen je gesagt. Deshalb hatte sie sich allein auf ihre eigenen beschränkten Wahrnehmungen von ihm verlassen - und diese Wahrnehmungen hatten ihr verraten, daß in Rorie die Kraft lag, die sie zur Fortsetzung ihrer parasitären Existenz brauchte. Es mußte etwas in ihm liegen, etwas, wofür seine eigene Bewahrerin blind gewesen war, ebenso wie er in der Dunkelheit blind war. Vielleicht, so sickerte ein Gedanke durch sein schwindendes Bewußtsein, hatte Mirelle es in ihm gespürt, war aber in einem durch Furcht und Schuldbewußtsein konditionierten Reflex davor zurückgescheut.
    Die gleiche Fähigkeit - Rorie konnte sie nicht länger als Makel betrachten - , die seine Nachtsicht minderte, lieferte ihm die wahren Bilder der Leichen, die einmal der Turmkreis gewesen waren, und sie ließ ihn ebenso die Matrix als das böse Ding erkennen, das sie war, und würde ihm auch die Werkzeuge geben, sie zu besiegen …
    Zorn loderte in ihm auf, heiß und rot im Kontrast zu dem kränklichen Blau der Matrix. Er nährte ihn mit seinem Willen zu leben. Mit der gleichen Hartnäckigkeit hatte er sich geweigert aufzugeben, als die Räuber in der vergangenen Nacht über ihn hergefallen waren. Wie konnte dieses Ding, diese bloße unbelebte Masse aus Kristall und Energonen-Ring es wagen, einen menschlichen Verstand zu zerstören, sich ohne Gewissen oder Grund an kostbaren Comyn-Talenten zu mästen! Gab es eine größere Sünde, eine obszönere Beleidigung der Götter?
    Maschine! brüllte es durch Rories Gedanken. Sie ist nichts als eine im Vertrag verbotene Maschine! Wäre er in seinem physischen Körper gewesen, hätte er vor Empörung ausgespieen. Aber gerechte Entrüstung allein konnte den ungeheuer mächtigen Sternenstein, der ihn in seinem Kern festhielt, nicht besiegen.
    Sein physischer Körper … er konnte ihn spüren, wie er an der gepolsterten Bank halb zu Boden gesunken war. Hand - er mußte seine Hand bewegen! Er legte seinen ganzen Willen in den Befehl und fühlte die Schattenhand sich auf den Griff des Schwertes zubewegen, das immer noch an seinen Rücken geschnallt war. Die weißen und blauen Energien des Kristalls knisterten um ihn und wollten ihm nicht einmal diese kleine Freiheit lassen.
    Rories Entschlossenheit wuchs. Wenn sich das Ding gegen irgend etwas wehrte, wollte er das mit aller Macht tun. Lungen - einatmen!

Herz - schlagen! Schultermuskeln - zusammenziehen! Hand an den Schwertgriff! Spürte er dessen Material tatsächlich unter seinen Schattenfingern, oder war das nur eine aus seinem fieberhaften Verlangen geborene Illusion?
    Ja, er sah das Schwert aus der improvisierten Scheide gleiten, sah das Schimmern von Stahl vor seinen Schattenaugen. Blendendes blaues Licht ließ Reflexe über die glänzende Oberfläche der Klinge tanzen. Andere Hand - zufassen … Handgelenke biegen …
    In ihrer Angst verstärkte die Matrix den Griff, mit dem sie ihn hielt, erstickte ihn mit roher Gewalt, zog ihn immer stärker in ihr Inneres. Rorie merkte, daß er jedesmal, wenn er sich anstrengte, seinen physischen Körper zu kontrollieren, seine mentalen Verteidigungen gegen die Matrix

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