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Rote Sonne über Darkover - 5

Rote Sonne über Darkover - 5

Titel: Rote Sonne über Darkover - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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rührte sich nicht, rief nur mit tonloser Stimme: »Herein!«
    Rafael MacAlastair kam durchs Zimmer und blieb neben dem Tisch stehen. »Vater, ist etwas nicht in Ordnung?« erkundigte er sich besorgt.
    »Es ist alles in Ordnung, Dom Rafael«, antwortete der Priester kühl. »Ich habe meine Arbeit beendet und werde Nevarsin morgen früh verlassen.« Dabei starrte er weiter die Wand an.
    Rafael überkam das Gefühl eines schweren Verlustes, doch er wagte es nicht, dem Priester davon zu sprechen. Statt dessen versuchte er, die Kluft zwischen ihnen auf nicht emotionale Weise zu überbrücken. »Auch ich breche morgen auf, Vater. Ich reise zur Hochzeit meines Bruders nach Hause. Vielleicht können wir einen Teil des Weges gemeinsam zurücklegen.« Als er keine Antwort erhielt, erkannte Rafael, daß der Priester zutiefst beunruhigt war.
    Noch nie war Vater Cerreno unhöflich gewesen, und diese abrupte Verabschiedung war beinahe grob. Der Priester blieb reglos sitzen, sein Gesicht war ohne Ausdruck, und doch spürte Rafael seine Verzweiflung so deutlich, als sei sie etwas, das er mit Händen fassen könne. Die ganze Zeit war Rafael durch Vater Cerrenos distanziertes Verhalten gezwungen gewesen, seine Gefühle zu unterdrücken.
    Jetzt war er nicht länger fähig, sie zu verbergen. Er kniete vor dem Priester nieder. » Vai Dom , Vater, irgend etwas macht Euch Sorge.
    Laßt mich Euch helfen, wenn ich kann.« Er legte dem Priester die Hand auf den Arm.
    Vater Cerreno zog sich zurück. Er verschloß seinen Geist und sein Herz der Freundschaft, die er nicht akzeptieren konnte. »Ich brauche von niemandem Hilfe, Dom Rafael, und am wenigsten von Euch.« Er erhob sich von dem Stuhl, Valentins Tagebuch in den Händen.
    Rafael stand auf, krampfhaft bemüht, den Schmerz zu verbergen, den die Worte des Priesters ihm bereitet hatten. Er suchte nach einem gangbaren Weg, ihm Lebewohl zu sagen. Da er keinen fand, wollte er seine Emotionen maskieren, indem er von ihrer monatelangen gemeinsamen Arbeit sprach. »Darf ich wissen, Vater, ob es Euch gelungen ist, St. Valentin zu finden?«
    Sebastian Cerreno drehte sich um, versuchte, die letzte Tür in der Mauer zu schließen, die er zwischen sich und Rafael errichtet hatte.
    Er hielt ihm das Manuskript hin. »Das ist sein Tagebuch. Lest die Geschichte eures Heiligen selbst, sie ist in Latein geschrieben.« Er griff nach der Tasche mit seinen Notizen. »Ihr hattet recht, Dom Rafael, Ihr seid nicht zum Priester geeignet, und Valentin war es ebensowenig. Darin seid ihr euch gleich, und aus demselben Grund.« Sebastian Cerreno vergaß, daß es für sein Urteil gegen den Heiligen mehr als einen Grund gab. Valentin und Rafael waren in seinen Gedanken eins geworden; er mußte sie beide zurückweisen.
    Er verließ das Zimmer und schloß die Tür hinter sich.
    Früh am nächsten Morgen packte Vater Cerreno den Rest seiner Sachen und nahm offiziell von den Mönchen Abschied. Rafael MacAlastair sah er nicht mehr, aber ein Novize brachte eine geschriebene Botschaft. Ich habe Vater Valentins Tagebuch in die Bibliothek zurückgebracht. Ich bitte Euch um Verzeihung, daß ich mich aufgedrängt habe, als ich nur helfen wollte. Es war nie meine Absicht, ein nicht akzeptables Angebot zu machen. Vater Cerreno stopfte die Note in seine Reisetasche und machte sich auf den Weg in den Hof. Sein Führer und ihre Pferde warteten, dazu zwei andere Männer, die das Abzeichen des MacAlastair-Hauses trugen. Als er in den Sattel stieg, sah Vater Cerreno seinen Assistenten durch die Tür auf der anderen Seite des Hofes kommen. Er lenkte sein Pferd zum Tor und ritt aus dem Kloster.
    Vater Cerreno saß in der Halle von Burg Ardais und wartete auf seinen Gastgeber, der noch mit seinen Pflichten als Regent der Domäne beschäftigt war. Der Priester trug Reitkleidung und am Gürtel einen schlanken Stahldolch, dessen Heft mit Silber eingelegt war. Die Waffe war seit Generationen in seiner Familie. Für gewöhnlich trug er sie nicht, weil er das bei einem Priester nicht für passend hielt, aber auf dieser Welt kam es ihm schicklich vor. Die täglichen Ritte mit Lord Danilo hatten ihm einen gewissen Frieden gebracht, aber die Kälte, die seine Gedanken seit seinem letzten Abend im Kloster blockierte, blieb. Manchmal fürchtete er, er könne so leicht in Stücke brechen wie die spröden Eiszapfen, die in Nevarsin vor seinem Fenster hingen.
    Er hörte Schritte auf die Halle zukommen und stand auf. Zwei junge Männer wurden von einem der

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