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Rote Sonne über Darkover - 5

Rote Sonne über Darkover - 5

Titel: Rote Sonne über Darkover - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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seiner Kultur entspricht. Dieser Regel bin ich immer gefolgt, Dom Rafael.« Er schien nicht zu merken, daß Rafael den Raum leise verließ, sondern fuhr in seiner Lektüre fort.
    Im Verlauf des strengen darkovanischen Winters arbeitete sich Vater Cerreno auf der Suche nach der Wahrheit, die hinter den Legenden von St.-Valentin-im-Schnee stehen mußte, immer tiefer in die ältesten Berichte des Klosters hinein. Dom Rafael war ihm ein unschätzbarer Helfer. Der junge Mann besaß den Verstand eines echten Gelehrten. Der Priester hatte seine Begeisterung in den Fleiß umgemünzt, der für seine Aufgabe notwendig war, und die offensichtliche Bewunderung für seinen Vorgesetzten hatte Vater Cerreno zu dem respektvollen Wunsch gemäßigt, bei ihm zu lernen.
    Vater Cerreno füllte die Notizbücher, die er von Terra mitgebracht hatte, mit langen lateinischen Absätzen: Zitaten aus den Schriften der Cristoforos. Rafael MacAlastair füllte ähnliche Notizbücher mit Zusammenfassungen der Cristoforo -Geschichte in Terra-Standard.
    Vater Cerreno war jetzt sicher, Dom Rafaels Auszüge würden den unumstößlichen Beweis liefern, daß der Cristoforo -Glaube vom Glauben seiner eigenen Kirche abstammte, aber nicht mehr als das.
    Tausende von Jahren isoliert, waren die Cristoforos von der Lehre der Kirche abgewichen. Bisher ging noch nicht daraus hervor, ob Vater Valentin unwürdig war. Viele der Schriften, darunter einige der ältesten, die angeblich die Worte des Heiligen wiedergaben, grenzten gewiß an Ketzerei, doch andererseits hatte Vater Cerreno noch nicht festgestellt, ob sie wirklich von Vater Valentin stammten.
    Auch die Fragmente, der Tradition zufolge von Valentin persönlich niedergeschrieben, waren darkovanischen Ursprungs. Man konnte unmöglich sagen, ob der Heilige sie verfaßt hatte oder ein früher Nachfolger. Er hatte Vater Valentin noch nicht gefunden.
    Es wurde Frühling, und Vater Cerrenos Träume kehrten zurück.
    Eines Nachts wachte er plötzlich auf, und ihm kam ungerufen ein Name in den Sinn: Ramon, einer seiner Kommilitonen im Seminar, jetzt Vater Ramon Valdez, der seinem Orden auf einer anderen der Imperiumswelten diente. Hatte der Traum von Ramon gehandelt?
    Sie hatten sich seit Jahren nicht mehr gesehen. Vater Cerreno glaubte nicht an Vorzeichen, aber es konnte ja nicht schaden, wenn er ein Gebet für Ramon Valdez sprach.
    Als er die Kapelle betrat, stellte er fest, daß er nicht der einzige Beter war. Gerade erhob sich Rafael MacAlastair von den Knien.
    Vater Cerreno grüßte ihn leise. »Wie ich sehe, findet auch Ihr heute nacht keinen Schlaf, Dom Rafael.«
    »Ich komme oft um diese Stunde her, Vater. Es ist so friedlich.«
    »Dann seid Ihr auf der Suche nach Frieden, Dom Rafael?« fragte Vater Cerreno.
    »Manchmal.« Rafael lächelte verlegen. »Immer wenn ich mich frage, was ich mit dem Leben, das mir geschenkt worden ist, anfangen soll.«
    Vater Cerreno zögerte einen Augenblick, dann sagte er: »Ich habe mich gewundert, warum Ihr nicht das religiöse Leben gewählt habt.
    Ihr seid ein Cristoforo, und soviel ich gesehen habe, seid Ihr ebenso zum Beten wie zum Studieren hier.«
    »Ich würde gern Mönch werden, Vater. Mehr noch, ich wünschte, ich könnte ein Priester werden wie Ihr.« Rafael senkte die Augen.

    »Aber ich glaube nicht, daß ich dazu geeignet bin.« Obwohl er damit keine Frage hatte stellen wollen, war sich Vater Cerreno der Hoffnung in Rafaels Stimme deutlich bewußt und erfaßte die Bedeutung hinter den Worten des jungen Mannes. Wieder einmal nahm er an einem anderen Menschen etwas wahr, das er gar nicht wissen wollte.
    »Das könnt Ihr allein beurteilen, Dom Rafael.« Die Kälte in Sebastian Cerrenos Worten machte klar: Ich kann Euch nicht helfen.
    »Ja, natürlich, Vater. Verzeiht mir. Ich halte Euch von Euren Gebeten ab.« Rafael drehte sich um und schritt mit gesenktem Kopf den Mittelgang hinunter.
    Vater Cerreno kniete in einer der Bänke nieder, faltete die Hände und begann, für Vater Valdez zu beten. Es wurde ihm jedoch schwer, seine Gedanken zu ordnen. Ramon, warum haben wir den Kontakt verloren? Ramon, du warst mein Freund. Er neigte den Kopf. Er kannte die Antwort. Vor langer Zeit hatte er seinen Freund abgewiesen, wie er in dieser Nacht Rafael MacAlastair abgewiesen hatte. Anscheinend war das der einzig Weg, den er kannte.
    Vater Cerreno untersuchte das Buch, das auf dem Tisch vor ihm lag.
    Schlecht gebunden, abgenutzt und brüchig, war es das älteste Dokument im

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