Rote Sonne über Darkover - 5
eine leichte Wunde. Ich fing sein Pferd ein, gab ihm Salbe und Verbandszeug und ritt weiter.« Als Camilla die Brauen hob, setzte Reba hinzu: »Ich habe keine Verwendung für Comyn, besonders nicht für dumme.«
Rafi wechselte das Thema. »Hast du keine Verwandten, die dir bei dieser Reise helfen könnten?«
Reba antwortete erst nach einer Pause. »Nein, mein Vater ist vor einem halben Jahr gestorben. Ich stehe allein. Wir haben die Reise immer zusammen gemacht. In diesem Jahr bin ich später aufgebrochen, als es mir lieb gewesen wäre, aber da ich das Jagen, Fallenstellen und Einsalzen der Pelze alles selbst besorgen muß, dauerte es länger, die Lieferung zusammenzubekommen. Nur ich bin noch übrig, um das Geschäft am Leben zu erhalten.«
»Camilla und ich haben eine Karawane nach Caer Donn begleitet, und jetzt kehren wir für den Winter nach Thendara zurück. Wir sind vom dortigen Gildenhaus«, berichtete Rafi.
Plötzlich polterte es an der Tür. Alle drehten sich nach der Ursache um und sahen eine schneebedeckte Gestalt eintreten, stampfend und pustend wie ein Chervine in Hitze. Nach der Entfernung einiger Hüllen zeigte es sich, daß der Neuankömmling Rebas rothaariger Bekannter war. Reba am Ende des Raums erspähend, nahm er Kurs auf sie. »Hei! Reba! Warum bist du so schnell abgehauen, Mädchen?«
»Welchen Grund hätte ich gehabt zu bleiben?« gab Reba zurück.
»Ich hielt die dir geleistete Hilfe für ausreichend.« Ihr Ton war kühl.
Camilla und Rafi hörten interessiert zu. Der rothaarige Mann wandte sich an sie. »Entschuldigt meinen Mangel an Höflichkeit. Ich bin Donal von Serrais. Eure Gefährtin kam mir heute nachmittag auf der Straße zu Hilfe, und dann ritt sie in einiger Hast davon.«
Reba unterbrach: »Ich gehöre nicht zur Gilde, meine Fehler sind meine eigenen. Was hätte ich noch für dich tun sollen, daß du mein Wegreiten so beklagst?«
Hitzig gab Donal zurück: »Wärest du nicht in solcher Eile gewesen, hätte ich mit deiner Hilfe wieder aufs Pferd steigen können und nicht den ganzen Weg zur Unterkunft hinkend zu Fuß machen müssen. Es war nicht recht, einen Verwundeten auf der Straße zurückzulassen.«
»Hör zu, Comyn-Herrchen, du hast dich entschlossen, ohne mich vorher um Erlaubnis zu fragen, mit einer so wertvollen Ausrüstung die Straße dahinzuziehen, als rittest du durch deine eigene Domäne.
Wir schulden einander nichts.«
Donal erklärte: »Es gibt grundsätzliche Höflichkeiten, die ein Reisender dem anderen schuldig ist.«
Mit flammenden grünen Augen und starrem Gesicht gab Reba in spöttischem Ton zurück: »Du stehst ja nicht an der Schwelle des Todes, daß du hier hereingekreischt kommst wie ein Banshee, das man um sein Abendbrot gebracht hat. Was bildest du dir ein, wer du bist, Comyn, daß du Forderungen an mich stellen, die Schicklichkeit meiner Handlungen beurteilen und mir Befehle erteilen kannst, als sei ich eine Dienstmagd auf deiner Domäne? Ich gehe meinen eigenen Weg, und zwar allein.« Reba drehte ihm den Rücken zu, stolzierte zum Kamin zurück und wärmte sich am Feuer die Hände.
Donal kam ihr nach und legte ihr die Hand auf die Schulter.
»Mädchen, ich kann Comyn-Blut in dir sehen und wüßte gern, wer deine Eltern sind.«
Mit weißem Gesicht fuhr Reba herum und schlug seine Hand zur Seite. »Behalte die Finger bei dir, Comyn! Was für Blut in meinen Adern fließt, ist meine Sache. Es genügt, daß ich keinen von deiner Sorte zu meinen Verwandten zähle!« Ihr harter Ton machte Donal sprachlos. Reba warf ihren Mantel um und marschierte hinaus.
Camilla sagte: »Donal, laßt mich diese Wunde ansehen. In. vielen Jahren des Söldnerdiensts habe ich mir einige Geschicklichkeit in der Behandlung von Kampfwunden erworben.«
Behutsam wickelte sie den Verband von seinem Oberschenkel.
»Ah, das habe ich mir gedacht - durch das Gehen ist die Wunde schlimmer geworden und weiter aufgerissen. Ein paar Stiche werden das in Ordnung bringen.«
Nachdem sie Donal versorgt hatte, zog Camilla ihren Mantel an.
»Ich werde sehen, was für Reba getan werden kann. Ich glaube, da ist ein zorniges Kind in dem Körper einer erwachsenen Frau versteckt, das vielleicht Hilfe braucht, aber zu stolz ist, um darum zu bitten.« So sprechend, verließ Camilla die Unterkunft.
Sie schlug den Weg zum Stall ein, sah darin Licht brennen und trat leise ein. Sie fand Reba zusammengesunken auf einem Ballen Winterfutter hocken, die Ellenbogen auf den Knien und den Kopf
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