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Rote Sonne über Darkover - 5

Rote Sonne über Darkover - 5

Titel: Rote Sonne über Darkover - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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gebeugt.
    »Was macht dir Kummer, Kind?« fragte Camilla freundlich.
    Erschrocken fuhr Reba in die Höhe. Ihre Wangen waren feucht.
    »Was ist geschehen, das dir einen Grund für diese Tränen gibt, Chiya?«
    Reba versteifte sich. »Ich bin kein kleines Mädchen, ich bin eine erwachsene Frau!« gab sie zurück.
    Seufzend ließ sich Camilla auf dem nächsten Ballen nieder. »Ein bißchen von einem Kind steckt in uns allen, Reba, ganz gleich, wie viele Jahre kommen und gehen. Warum regt Donal dich so auf? Ich kann die Comyn-Blutlinie ebenfalls in dir erkennen - liegt da dein Kummer? Bist du aus irgendeinem Comyn-Haus weggelaufen?
    Deine Geschicklichkeit im Schwertkampf - nur die Entsagenden und ein paar ganz wenige Comyn-Frauen lernen das, Frauen aus dem Volk niemals. Ich habe ein Buch oben in deiner offenen Satteltasche bemerkt. Lesen ist eine ebenso seltene Kunst. Deshalb, Kind, wenn du weggelaufen bist, solltest du dir eine bessere Verkleidung zulegen.«
    Reba seufzte. »Ich bin nicht weggelaufen. Es ist, wie ich euch vorhin erzählt habe. Mein Vater und ich arbeiteten als Fallensteller.
    Mein Vater war von Comyn-Blut - aber er verabscheute alles, was mit den Comyn zu tun hat. Ich weiß nicht, aus welchem Haus er kam. Er sagte nur einmal, er sei ein jüngerer Sohn aus einem unbedeutenden Haus. Über die Familie meiner Mutter weiß ich überhaupt nichts. Vater ging allen Comyn aus dem Weg. Er sagte, er habe seine Familie verlassen, weil er die Comyn-Politik haßte. Ich vermute, er hatte einen Streit mit seinem älteren Bruder, der die Domäne erben sollte. Vater glaubte, die Ankunft der Terraner würde bei den Comyn eine Veränderung zum Besseren bewirken, aber sie klammern sich immer noch an die alten Sitten. Er sagte, die Veränderung abzulehnen heiße, die Zukunft abzulehnen, und das Morgen wird kommen, ob wir es wollen oder nicht.«
    »Und du? Wie wünschst du dir die Zukunft, Reba?« fragte Camilla.
    Reba zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht. Vielleicht wünsche ich mir nichts weiter, als ungehindert meinen eigenen Weg zu gehen.«
    »Reba, für eine Frau gibt es auf unserer Welt nur vier Wege. Der Weg, den eine als Comyn geborene Frau gehen muß, ist der der Pflicht gegenüber ihrem Haus und der politischen Notwendigkeit.
    Sie ist eine Schachfigur im Spiel der Comyn-Politik und eine Zuchtstute. Ein paar Comyn-Frauen haben sich mehr Spielraum geschaffen, aber das ist selten. Dann sind da die Frauen aus dem Volk, die den Launen der Männer ihrer Familie unterworfen sind.
    Ihr einziger Daseinszweck ist, für einen Mann Haushalt und Kinder zu versorgen. Es gibt einige, die ein Handwerk beherrschen; sie können vielleicht gelegentlich selbst eine Wahl treffen. Trotzdem müssen sie sich nach den Wünschen ihres Mannes richten und feststellen, daß ihre eigenen an armseliger zweiter Stelle stehen.
    Drittens gibt es die Gildenfrauen, wie ich eine bin. Wir treffen unsere Entscheidungen selbst, aber uns sind immer noch durch die Charta Beschränkungen auferlegt. Wir haben uns mit unserem Eid der Gilde verpflichtet und müssen uns daran halten. Viertens kann eine Frau, sofern sie Laran hat, in einen Turm gehen und nach den dortigen Traditionen und Regeln leben. Keine Frau geht auf dieser Welt ihren eigenen Weg. Das sind die Möglichkeiten, diese vier Wege.«
    Reba schüttelte den Kopf. »Nein, das ist nicht meine Zukunft. Du meinst, ich soll mir von diesen vier Ketten eine aussuchen. Ist eine davon leichter als die anderen, engt sie weniger ein? Ich bin für keinen dieser Wege erzogen worden, ich kann keins dieser Leben führen, ohne einen Teil von mir selbst zu verlieren. Ich bin alles, was ich habe! Ich will nichts von mir wegwerfen. Mein Vater hat mich zu dem erzogen, was ich bin. Er hatte ein Ziel dabei vor Augen. Ich weiß nicht, welche Zukunft er mir zugedacht hatte, aber ich will nicht mit Füßen treten, was er mir gegeben hat - Unabhängigkeit!
    Freiheit von den alten Sitten!«
    Camilla stand auf. »Komm, Chiya. Wir können nicht sämtliche Probleme der Welt und nicht einmal unsere eigenen in einer einzigen Nacht lösen. Es ist spät, und wir alle wollen morgen früh aufbrechen. Ein von zuwenig Schlaf benommener Kopf ist ein Risiko auf einer Reise.« Sie nahm Reba kurz in den Arm. »Vielleicht gibt es einen anderen Weg für dich. Wohin er führt, wer kann es sagen?
    Manchmal sehen die offenen Augen eines Kindes mehr als die einer Frau, die viele Jahre hinter sich hat.«
    Reba lächelte sie zaghaft an.

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