Rote Sonne über Darkover - 5
was du nicht zu geben bereit bist. Niemals. Ich verstehe nur nicht, warum du es nicht willst. Dani, glaubst du immer noch, das, was ich mir wünsche, sei schändlich oder daß ich von dir verlange …« Danilo erkannte, das Regis ebenso wie er sich blindlings durch eine Wand von Worten tastete, um die tiefere Berührung durch Laran zu vermeiden. »Glaubst du, ich will dich aus Stolz oder um meine Macht über dich zu zeigen … oder sonst etwas in dieser Art? Du hast einmal gesagt, ich sei nicht wie Dyan und du habest keine Angst vor mir …« Er seufzte und ließ Danilo los.
»Wahrlich, sein Schatten liegt schwer auf uns beiden. Ich ertrage es nicht, daß er immer noch auf diese Weise zwischen uns steht.« Er wandte sich ab, und Danilo spürte die kalte, schmerzende Entfernung zwischen ihnen. Doch es war besser so.
»Nun, du mußt schlafen, Danilo«, sagte Regis ruhig, »und wenn du hier nicht allein sein willst, bleibe ich bei dir, oder du kannst kommen und mein Gästezimmer mit mir teilen. Sieh mal, dein Vater hat dein Bild hier stehen gehabt neben … das ist sicher deine Mutter?«
Danilo griff nach den beiden kleinen Gemälden. Er hatte sie hier neben diesem Bett stehen gesehen, solange er sich erinnern konnte.
»Das ist meine Mutter«, bestätigte er, »aber das hier kann kein Bild von mir sein. Es hat schon hier gestanden, als ich noch ganz klein war.«
»Das mußt du doch sein.« Regis studierte das gemalte Gesicht.
Auf dem Bild hielten sich zwei junge Männer bei den Händen und sahen sich in die Augen. Bestürzt erkannte Danilo, wer sie waren.
»Es ist mein Bruder Rafael«, sagte er. »Rakhal wurde er genannt.«
Regis erklärte flüsternd: »Dann muß das mein Vater sein. Er hieß auch Rafael, und wenn sie sich zusammen auf diese Weise malen ließen, haben sie ebenfalls den Eid der bredin geschworen …«
Sie hießen beide Rafael, sie hatten sich einander durch den Eid angelobt, sie starben bei den Versuch, sich gegenseitig zu schützen, und sie wurden auf dem Feld von Kilghairlie zusammen in ein Grab gelegt Die alte Geschichte hatte Regis und Danilo als Kadetten zusammengebracht.
Sie standen wieder unter den seltsam wechselnden Lichtern der Unterkünfte für die Garde, Kinder in ihrem ersten Kadettenjahr, eingefangen von der alten Tragödie. Die seitdem vergangene Zeit schrumpfte, und es war wieder der Augenblick, als Danilo ihn irgendwie berührte. Regis erinnerte sich an den Vater, dessen Gesicht er nie gesehen hatte, und spürte das Laran erwachsen, von dem er nie geglaubt hatte, daß er es besaß …
»Ich habe meines Vaters Gesicht nie gesehen«, sagte er endlich.
»Großvater besaß ein Bild … Ich habe bis jetzt nicht gewußt, daß es eine Kopie von diesem hier gewesen sein muß. Er hat es nie fertiggebracht, mir das Bild zu zeigen, aber meine Schwester hatte es gesehen. Sie kann sich natürlich an unseren Vater und unsere Mutter erinnern, und sie erwähnte einmal, Dom Rakhal Syrtis sei freundlich zu ihr gewesen …«
»Seltsam«, Danilo drehte das kleine Porträt in seinen Händen,
»daß mein Vater, der den Hasturs so grollte, seit sie ihm erst meinen Bruder und dann mich genommen hatten, das hier in all den Jahren an seinem Bett stehen ließ, so daß er beide Gesichter ständig vor sich hatte …«
»So verwunderlich ist das nicht«, meinte Regis sanft. »Zweifellos erinnerte er sich am Ende nur noch daran, daß sie einander geliebt hatten. Vielleicht war er schließlich sogar froh, daß auch du einen Freund gefunden hast …« Mit geistesabwesendem Lächeln betrachtete er noch einmal das Gesicht seines Vaters. »Nein, ich gleiche ihm nicht sehr, aber eine Ähnlichkeit ist immerhin vorhanden. Möchte doch wissen, ob das der Grund ist, warum mein Großvater es so viele Jahre lang kaum ertragen konnte, mein Gesicht zu sehen.« Behutsam legte er das Bild auf den Tisch zurück.
»Danilo, wenn dieses Bild jahrelang neben deinem Bett gestanden hat, wirst du vielleicht verstehen … Komm, mein Bruder, du mußt schlafen. Es ist spät, und du bist müde. Du hast mich auf Aldaran umsorgt wie ein Leibdiener. Laß mich das gleiche für dich tun.«
Er drückte Danilo in einen Sessel und bückte sich, um ihm die Stiefel auszuziehen. Danilo geriet in Verlegenheit und machte eine Geste, ihn daran zu hindern.
»Mein Lord, das schickt sich nicht!«
»Der Eid eines Friedensmanns geht in beide Richtungen, mein Bruder.« Regis kniete nieder und sah ihm ins Gesicht. Er wies mit dem Kopf leicht nach
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