Rote Sonne über Darkover - 5
Lebewohl.«
»Er hat seine Bürde niedergelegt; lebewohl«, sprachen die Trauergäste am Grab im Chor und wandten sich ab. Dort wird er liegen, dachte Danilo, in einem nicht gekennzeichneten Grab hier auf seinem eigenen Land, schlafend neben meinen Urgroßvätern, die ihm vorausgegangen sind, und meinen Söhnen und Enkeln, die ihm folgen werden. Oder feiert er wirklich heute nacht im gesegneten Reich in Anwesenheit seines Gottes mit meiner Mutter an der einen und meinem älteren Bruder an der anderen Seite? Ich weiß es nicht.
Nur Bruder Estefan kehrte mit ihnen zum Haus zurück. Danilo ging, um von dem Geld zu holen, das Dyan ihm für Geschenke an Dom Felix’ Männer mitgegeben hatte, und fand den Priester danach noch im Flur. Bruder Estefan wollte die Haupthalle nicht betreten.
Er meinte, Danilo müsse sich nach der langen Reise, dem Leichenschmaus und der Beerdigung ausruhen. Danilo vermutete, er habe es eilig, in das Langhaus im Dorf zurückzukehren.
»Heute nacht wird es heftig schneien. Wie gut, daß es noch nicht so schlimm kam, bis die Beerdigung vorüber war«, sagte Bruder Estefan.
»Ja, ja, das war gut.« Danilo dachte: Er hat doch hoffentlich nicht vor, hier herumzustehen und mit mir über das Wetter zu plaudern!
»Ihr werdet doch jetzt hier in Syrtis bleiben, mein Lord, an Eurem rechtmäßigen Platz, und nicht nach Ardais zurückkehren? Überall in den Domänen und über ihre Grenzen hinaus ist bekannt, daß Lord Ardais ein schlechter Mensch ist, ein Lüstling, der keine Götter fürchtet …«
»Gegen mich hat er sich ehrenhaft betragen«, erklärte Danilo. »Er ist der Bruder meiner Mutter; ich habe den Eid als sein Erbe geleistet. Es ist meine Pflicht gegenüber dem Blut meiner Mutter und gegenüber den Comyn, meinen Platz in Ardais auszufüllen.«
Der Priester verzog die Lippen. »Euer Vater war nie ohne Bedenken, daß Ihr Euch an jenem Ort befandet. Und es geht das Gerücht, Lord Regis gehöre auch zu dieser verkommenen Sorte; er ist weder verheiratet noch verlobt, und er ist bereits achtzehn.
Warum ist er hergekommen?«
»Ich bin sein geschworener Mann und Friedensmann«, begann Danilo, aber hinter ihm in dem dunklen Flur sagte Regis Hastur:
»Guter Bruder.« Danilo war bisher noch gar nicht aufgefallen, daß sich Regis’ Stimme, tiefer und voller geworden, zu einem tönenden Baß entwickelt hatte.
»Guter Bruder, falls irgendwer, den Ihr kennt, sich bei Euch über mein Betragen gegen ihn beklagt hat, bin ich bereit, mich dafür zu rechtfertigen, vor ihm oder vor Euch. Falls nicht, habe ich Euch nicht zum Bewahrer meines Gewissens ernannt, auch ist dieser Posten nicht frei. Darf ich einen Diener schicken, der Euren Esel durch den Sturm führt? Nein? Seid Ihr sicher? Nun, dann gute Nacht, und die Götter mögen mit Euch reiten.« Und als sich die Tür hinter dem Priester schloß, murmelte er: »… oder wer sonst bereit ist, Eure Gesellschaft zu ertragen!«
Danilo wäre beinahe in hysterisches Gelächter ausgebrochen, deshalb ging er schnell in die Haupthalle davon. Regis faßte ihn am Ärmel. Bei der Berührung flammte die Erinnerung zwischen ihnen auf, aber dann entzog sich Danilo ihm, und Regis, weniger davon als von der Verweigerung des Rapports schockiert, erklärte heftig:
»Naotalba verrenke mir den Fuß … ich bin ein Idiot, Dani! Ich weiß, du willst nicht, daß darüber geklatscht wird, besonders unter denen, die nur zu eifrig bei den Comyn nach einem Skandal suchen!« Er lachte verlegen auf. »Ich muß mir den Vorwurf machen, daß ich vielleicht geglaubt habe, über jeden Verdacht erhaben zu sein.
Meine einzige Befürchtung war, dich rüden Witzen auszusetzen. An Bruder Estefans muckerische Besorgnis über den Zustand deiner Seele und deiner Sünde habe ich nicht gedacht!«
»Mir ist es gleichgültig, was über mich geklatscht wird«, platzte Danilo heraus, »aber ich ertrage es nicht, daß solche Sachen über dich gesagt werden …«
»Meine eigene Ehre ist mein bester Schutz«, erklärte Regis ruhig.
»Andererseits bin ich dem Geschwätz nicht ausgesetzt. Es gibt nicht viele, die es wagen, einen Hastur zu verleumden. Ich zumindest schäme mich der Wahrheit nicht. Von allen Schlechtigkeiten hasse ich das Lügen am meisten …« Sie waren im Eingang stehengeblieben, und die alte Köchin, die ein einfaches Abendessen in der Halle austeilte - Haferbrei, der in kaltem Zustand in Scheiben geschnitten und mit Speck gebraten war, ein gebackener Pudding, der nach Trockenobst
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