Rote Spur
könnten wir uns gegenseitig helfen?« Er lenkte mir zu schnell ein. Ich traute ihm nicht.
»Hilf mir, sie aufzuspüren.«
Er lachte humorlos.
»Was ist so komisch daran?«
»Das ist unmöglich.«
»Nichts ist unmöglich. Woher hast du von den Diamanten gewusst?«
»Ich will mich erst anziehen.«
»Kommt nicht in Frage.«
»Dann wird das eine lange Nacht.«
»Nicht, wenn du dich nicht mehr für die Diamanten interessierst.«
»Ich verhandle nicht in einer Dusche.«
Ich mochte die Dusche. Sie bot ihm keinen Spielraum. Doch ich musste ihm die Möglichkeit geben, seine Würde wiederzuerlangen. Hauptsache, ich ließ ihn nicht in die Nähe des Waffenschranks kommen. »Steig raus«, sagte ich. »Aber schön langsam.«
Er stand auf und zog den Morgenmantel an. Ich zog mich zurück bis in das große Schlafzimmer. Er folgte mir.
»Ich möchte eine rauchen«, sagte er und zeigte auf das Nachtschränkchen, wo ein Päckchen Camel und ein Zippo-Feuerzeug neben einem Schlüsselbund lagen.
Ich nickte, hielt die MAG auf ihn gerichtet und trat zurück bis zum Sofa am großen Fenster. Inkunzi hatte die Gardinen zugezogen. Ich setzte mich. Er klopfte eine Zigarette aus der Schachtel, zündete sie an und setzte sich auf das Bett.
|268| »Der Aschenbecher …«, sagte er und deutete auf den Tisch vor mir, auf dem ein großer Glasaschenbecher stand.
»Nimm den Teppich.« Ich wollte ihm nichts in die Hand geben, womit er werfen konnte.
Wütend blies er Rauch durch die Nase.
»Woher wusstest du von den Diamanten?«
Er zog an der Zigarette und sah sie an, als denke er angestrengt nach. »Mir kommt vieles zu Ohren.«
»Du musst sehr viel gehört haben, denn du wusstest genau, wo du uns finden konntest.«
»Ich habe Leute aus Simbabwe in meiner Mannschaft.«
Meine Mannschaft.
Die Sportarten des organisierten Verbrechens.
»Und die hatten von Johnson Chitepo und Floh gehört?«
Beeindruckt sah er mich an. »Du bist gut informiert.«
»Nicht gut genug.«
Er stützte die Ellbogen auf den Knien ab und lehnte sich nach vorn, weg von mir, als müsse er sich konzentrieren. Er zog an der Zigarette und blies den Rauch lange und langsam aus.
»Wir hatten von einer Transaktion erfahren. Über Chitepo und andere. Erst hieß es, die Lieferung komme durch den Krugerpark. Einen Tag vorher hörte ich dann, eine Cornél van Jaarsveld stecke dahinter und sie wollten bei Musina über die Grenze. In einem Bedford. Spät am Abend informierten sie uns, es sei ein Mercedes.«
»Woher wussten sie das?«
»Von dem, den Cornél als Fahrer angeheuert hatte. Aber er konnte erst Bescheid sagen, nachdem er weit genug von euch entfernt war.«
Der Fahrer des Bedford, der Mann mit dem gelben Hemd, den muskulösen Armen und der Zigarette im Mund. Ich zählte zwei und zwei zusammen. »Sie hat ihn in Kwekwe warten lassen, damit sie vorher die Diamanten auf die Nashörner kleben konnte. Deswegen habt ihr nichts davon erfahren.«
Inkunzi nickte nur.
|269| »Und sonst habt ihr nichts gehört? Wer waren die Leute, mit denen Chitepo das Geschäft abgeschlossen hat?«
»Keine Ahnung.« Er log. Aber ich ließ es ihm vorerst durchgehen.
»Warum habt ihr uns einfach so gehen lassen, ohne Floh zu zwingen, euch das Versteck der Diamanten zu verraten? Das ergibt doch keinen Sinn.«
Er zuckte mit den Schultern.
»Komm schon, Julius. Warum hast du mich nicht erschossen? Warum hast du Floh nicht ein bisschen gefoltert? Du bist nicht der Typ, der vor Gewalt zurückschreckt.«
Er hatte die Zigarette fertig geraucht und suchte nach einer Stelle, um die Kippe loszuwerden. Er hatte keine Lust, meine Frage zu beantworten, was meine Vermutung bestätigte.
»Du hast gewusst, wer der Käufer ist, Julius. Du hast gewusst, wohin Floh unterwegs war. Das war der einzige Grund, weshalb du uns hast gehen lassen, damit Plan B in Kraft treten konnte. Wobei Plan B weder so leicht noch so gewinnbringend wie Plan A war …«
»Ich will die Kippe loswerden«, sagte er und zeigte auf das Nachttischchen.
»Aber langsam.«
Er stellte die Kippe vorsichtig neben den Schlüsselbund, sauber mit der Glut nach oben. Dann presste er mit einem Finger auf einen Anhänger am Schlüsselbund, die Alarmanlage über unseren Köpfen heulte los, und er sagte: »Du bist tot.«
Er warf die Schlüssel nach mir, sprang auf und lief auf den Einbauschrank zu.
Ich ignorierte sein Wurfgeschoss, zielte und drückte den Abzug.
Nichts geschah.
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Wenn man nicht gerade ein exzellenter Schütze
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