Rote Spur
schaltete den richtigen Kanal ein, öffnete das Computerprogramm und setzte die Kopfhörer auf. Sie wusste nichts über den Mann und die Frau, deren Stimmen sie hörte, sondern kannte nur ihre Codenamen.
Die High-Tech-Mikrofone waren so empfindlich, dass sie jedes Geräusch klar und deutlich registrierten – leise Schritte auf dem Fußboden, das Knarren eines Stuhls, das Klirren von Tassen, |333| das Klingeln von Teelöffeln. Und die Stimmen. Die Frau erzählte von ihrem Leben, der Mann fragte sie leise aus. Sie unterhielten sich über die Vor- und Nachteile einer Kindheit und Jugend in einem kleinen Dorf. Über ihre Eltern. Sie gingen in einen anderen Raum. Die Frau sagte: »Sie waren zwei Buren-Hippies, er und meine Mutter. Sehr exzentrisch, ganz anders als die Eltern anderer Kinder. Ich bin mir immer noch nicht sicher … welchen Einfluss das auf mich hatte. Es gab eine Zeit, in der ich mich sehr für sie geschämt habe …« Das Geräusch eines Autos, das draußen auf der Straße vorbeifuhr.
Die Agentin hörte unvoreingenommen zu und konzentrierte sich nur darauf, ob sie Informationen aufschnappte, die mit der Operation Shawwal zu tun hatten. Doch sie hörte nur einen Mann und eine Frau über ihr Leben reden, über ihre Kindheit, das Erwachsenwerden, die Ereignisse, die sie geprägt hatten.
Und später hörte sie zu ihrem Unbehagen intimere Geräusche. Um Mitternacht wurde es still, doch später erzählten die Laute subtil eine Geschichte von Körperkontakt und Liebkosungen, bis die Frau, die geheimnisvolle Miss Jenny, schneller atmete und schließlich vor Lust leise aufstöhnte.
Die Agentin fand es nicht sehr erotisch, denn wenn Quinn die Aufnahme morgen hörte, wusste er genau, dass sie auch zugehört hatte.
(8. Oktober 2009. Donnerstag.)
Die Amerikaner kamen zu viert.
Mentz reagierte erstaunt, denn sie kannte bisher nur zwei Agenten. »Wie ich sehe, haben Sie Zuwachs bekommen«, sagte sie.
»Janina, wie geht es Ihnen? Tau, nett, Sie wiederzusehen. Ich möchte Ihnen gerne zwei meiner Kollegen vorstellen«, sagte Bruno Burzynski, der CIA-Stationschef für das südliche Afrika, groß, athletisch und kahlköpfig. »Das ist Janet Eden, und das ist Jim Grand. Mark kennen Sie ja bereits.«
Als die Begrüßung beendet war und alle am Tisch saßen, |334| fragte Mentz Burzynski: »Und in welcher Funktion sind Ihre Kollegen hier, Bruno?«
»Als landwirtschaftliche Berater, natürlich.«
Sie lächelte. »Ich möchte Ihnen im Namen des Ministers dafür danken, dass Sie so kurzfristig kommen konnten. Er lässt Ihnen Grüße ausrichten.«
»Ist uns wie immer ein Vergnügen. Richten Sie ihm ebenfalls Grüße aus.«
»Kann ich Ihnen einen Kaffee anbieten? Tee? Wasser?«
»Nein, danke.«
»Bitte bedienen Sie sich an den Erfrischungen hinter Ihnen, falls Sie es sich anders überlegen sollten. Und jetzt komme ich direkt zur Sache, wenn Sie nichts dagegen haben. Wie Sie vielleicht wissen, hat unsere Regierung gestern eine internationale Kapitel-5-Anfrage für die Suche nach einem Schiff gestellt. Unser Anliegen betrifft dieses Schiff, einen Stern Trawler.« Mit der Fernbedienung startete sie Powerpoint auf dem großen Bildschirm. »Der Identifizierungscode des Schiffs ist ERA112. Es fährt unter namibischer Flagge, und der Name auf dem Bug lautet
The Madeleine
. Vor etwa drei Wochen wurde es von einer Fischereigesellschaft in Walvisbay verkauft. Leider hat der angeforderte SOLAS-Bericht ergeben, dass es die LRIT- und AIS-Transmitter nicht eingeschaltet hat, wodurch es sehr schwer zu finden ist. Wir müssen es aber dringend aufspüren. Daher hat der Minister vorgeschlagen, die befreundete amerikanische Regierung in diesem Fall um Hilfe zu bitten. Er und der Präsident würden es sehr zu schätzen wissen.«
»Es wäre uns eine Ehre, Ihnen zu helfen, soweit es möglich ist. Darf ich fragen, wer die neuen Schiffseigner sind?«
Sie hatte mit dieser Frage gerechnet. »Eine ziemlich unangenehme Gruppe von Leuten, die drohen, unsere nationale Sicherheit zu gefährden.«
Als Burzynski erkannte, dass sie nichts weiter offenlegen würde, sagte er: »Ich verstehe. Und an welche Art von Hilfe hat der Minister gedacht?«
|335| »Der Minister schätzt und bewundert die hochentwickelte Technologie, über die die Regierung der Vereinigten Staaten verfügt, insbesondere Ihre hochleistungsfähige BASIC, die Broad Area Surveillance Intelligence Capacity.«
»Der Minister ist gut informiert.«
»Darauf legt er großen Wert.
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