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Rote Spur

Rote Spur

Titel: Rote Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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gewaschen, angezogen und zurechtgemacht. Ihre langen, rotbraunen Haare trug sie zu einem Zopf geflochten, und sie hatte zartrosa Lippenstift aufgelegt. Kaum sichtbare Sommersprossen sprenkelten ihre Wangen. Sie war einen Kopf kleiner als er, aber groß für eine Frau. Und üppig. Dabei hatte sie schlanke Unterarme und zarte Hände, mit denen sie jetzt geschickt seine Sandwichs richtete: ein Hauch Mayonnaise, Salatblätter, halbe Tomatenpaprikas, dünne Salatgurkenscheiben und ganz zuletzt die Scheiben geräuchertes Huhn. Dann schnitt sie die Brote mit dem Messer durch, genau in der Mitte.
    Er saß ihr gegenüber und aß sein Joghurt mit Müsli.
    Sie steckte jede Brothälfte in eine Frühstückstüte und blickte mit ihren ungleichen Augen zu ihm auf, eines hellblau, das andere braun mit goldenen Einsprengseln.
    »Und, wie fühlst du dich?«
    »Komisch«, antwortete Mat Joubert. »Ein bisschen nervös.« »Das glaube ich dir gern.« Ihr englischer Akzent war entzückend, die wie »ch« ausgesprochenen G-Laute noch unsicher. »Es wird schon schiefgehen. Möchtest du jetzt deinen Kaffee?«
    »Ja, bitte.«
    Sie drehte sich zur Kaffeemaschine um. Er betrachtete ihre Kurven, noch betont durch ihre engen Jeans und die weißen, hochhackigen Sandalen. Achtundvierzig und noch eine solche Augenweide. »Du siehst sexy aus«, sagte er.
    »Du auch.«
    |452| Er lächelte, denn er mochte es, wenn sie das sagte. Sie schenkte Kaffee in einen Becher, umrundete die Theke, stellte sich neben ihn und küsste ihn auf die Wange. »Jackett und Krawatte haben dir schon immer gut gestanden.« Sie hatte den Anzug ausgesucht, als sie am Samstag am Canal Walk einkaufen waren, denn er hatte sich noch nie etwas aus Kleidung gemacht. Die Unternehmung lag vor ihm wie ein Berg, da es schwierig war, bei seiner außergewöhnlichen Größe etwas Passendes zu finden und sich die Suche normalerweise endlos hinzog. Doch diesmal konnte er sich nicht davor drücken, weil die Kleiderordnung bei Jack Fischer en Genote anders war als die, die er in den letzten Jahren gewöhnt war.
    Sie zog die Milch und den Süßstoff heran. »Mat Joubert. Privatdetektiv. Klingt gut.«
    »Leitender Sicherheitsberater«, verbesserte er. »Klingt eher nach einem Typen, der mit einem Klemmbrett und Besucherliste am Eingangstor sitzt.« Er gab eine Süßstofftablette in seinen Kaffee, fügte Milch hinzu und rührte um.
    Sie trug die Joghurtschüssel zum Spülbecken. »Ich muss heute nach Stellenbosch, wegen Michelles Wäsche.« Michelle war ihre Tochter, Theaterstudentin im sechsten Semester, exzentrisch und zerstreut. »Um zwölf muss ich aber wieder zurück sein, da kommen die Käufer.«
    »Meinst du, sie sind ernsthaft interessiert?« Er stand auf und griff nach den Frühstücksbroten. Auch sein Portemonnaie, sein Handy und die neue Aktentasche durfte er nicht vergessen.
    »Ich hoffe. Ruf mich zwischendurch an, wenn du kannst. Ich bin sehr gespannt!«
    Er ging auf sie zu, küsste sie auf die Schläfe und atmete wohlig ihre subtilen weiblichen Düfte ein. »Mache ich.«
    »Du bist früh dran.«
    »Die Baustellen … Wer weiß, wie der Verkehr ist. Und ich komme lieber zu früh als zu spät.«
    »Ich liebe dich«, sagte sie. »Mein Philip Marlowe!«
    Er lächelte. »Ich dich auch.«
    |453| Als er die Haustür öffnete, rief sie: »Hast du den Aktenkoffer?«
    Er kehrte um und holte ihn.
     
    »Sie ist eine fünfundfünfzig«, bereitete ihn Jack Fischer draußen auf dem Flur vor, was im Polizeijargon auf das Formblatt für Vermisstenanzeigen verwies.
    Im Sprechzimmer erkannte Mat, dass der Verlust noch frisch war: Ihre schmalen Schultern hingen etwas mutlos herunter, und sie starrte abwesend auf den Wandelgang von St. Georg drei Stockwerke unter ihnen. Sie hielt ein Handy an die Brust, als hoffe sie, dass es klingeln würde.
    Jack Fischer ließ ihn vorgehen und sagte dann: »Mevrou Vlok?«
    Sie erschrak ein wenig. »Entschuldigung …« Sie ließ das Handy sinken und streckte Mat Joubert die Hand hin. »Tanja Flint«, stellte sie sich vor. Ihr Lächeln war gezwungen, die Augen müde.
    »Flint«, wiederholte Fischer, als wolle er sich den Namen einprägen.
    Joubert schätzte sie auf etwas über dreißig. Kurze, dunkelbraune Haare. Ein energischer Zug um das Kinn und um den Mund, der jedoch durch den Kummer gemildert wurde. Und den Verlust. Das schwarze Jackett, die weiße Bluse und der schwarze Rock wirkten professionell, saßen aber ein wenig locker, als hätte sie kürzlich an

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