Rote Spur
einstellen, denn was ist, wenn Danie plötzlich wieder aus der Versenkung auftaucht, verstehen Sie? Womit kann ich Ihnen sonst noch weiterhelfen?«
»Seine Frau hat erzählt, dass hier letztes Jahr gestreikt wurde.«
|471| »Das ist eine andere Geschichte. Der Streik dauerte zwei Wochen und betraf das gesamte Unternehmen.«
»Ging es um Geld?«
»Nein, um unser Risikomanagementprogramm für die Fahrer. Danie hatte aber nichts damit zu tun, das kam von Mister Eckhardts Seite.«
»Wer ist das, wenn ich fragen darf?«
»Mister François Eckhardt ist der Chef der Einsatzleitung. Wie dem auch sei, der Streik hat uns geschadet. Aber es hat keine Ausschreitungen gegeben, wir haben einfach nur rumgesessen und gewartet.«
»Wie hat Danie sich vor seinem Verschwinden verhalten? Ist Ihnen irgendetwas … Unnormales aufgefallen?«
»Tja, wenn Sie mir sagen können, was normal ist … Hier gibt es so etwas nicht, Sie sehen doch, wie es hier zugeht. Aber auch so ist es schwer zu sagen. Die Gebietsleiter sind tagsüber meistens unterwegs, besonders morgens und mittags, und überprüfen die Strecken. Nachmittags sind sie im Büro, aber da bleibt einfach zu wenig Zeit, um sich zu unterhalten. Selbst wenn er sich verändert hätte, hätte ich es wahrscheinlich nicht bemerkt. Nein, mir ist nichts aufgefallen. Der alte Danie hatte immer ein Lächeln im Gesicht, seine Arbeit war tipptopp, er war ein Macher, ich habe immer zu ihm gesagt, demnächst sägst du an meinem Stuhl.«
»Die Gebietsleiter haben also einen ziemlich geregelten Tagesablauf?«
»Sehr geregelt. Früh am Morgen raus, zurück gegen elf, die E-Mails und die Aufzeichnungen des Risikomanagementsystems checken, Fahrplanregelungen, Zeitpläne, Personalfragen, dann müssen sie wieder raus …«
»Hat er sich im Oktober und November an diesen Tagesablauf gehalten?«
»Soweit ich weiß, ja.«
»Neville!«, rief die Frauenstimme aus dem Flur.
»Was?«
|472| »Die Geschäftsführung am Apparat!«
»Okay, stell durch.« An Joubert gewandt sagte er: »Das bedeutet normalerweise Ärger, bitte entschuldigen Sie mich.«
Joubert stand auf: »Seine Ehe …?«
Das Telefon klingelte. Philander antwortete: »Woher soll ich das wissen?«, und schüttelte Joubert die Hand.
»Gehst du jetzt mal dran, Neville, oder was?«
»Jesses!«, seufzte Neville. Er legte die Hand auf das Mikrofon.
»Unter uns gesagt?«
Joubert nickte.
»Sie ist eine kleine Nissen, diese Tanja …«
»Neville!«, kreischte die Frauenstimme.
Bevor Joubert fragen konnte, was eine »Nissen« war, nahm Philander den Anruf an.
85
Er ging über den asphaltierten Parkplatz zu seinem Auto und öffnete erst einmal die Türen des Hondas, damit die Hitze entweichen konnte. Dass es sich so aufheizte, war der einzige Nachteil an einem schwarzen Fahrzeug, aber es machte ihm nichts aus, er hatte zu viel Freude daran. Vor dreizehn Monaten hatte Margaret eines Abends von ihren Finanzberechnungen aufgeblickt und gesagt: »Es wird Zeit, dass du dir ein neues Auto kaufst.« Da war sein Opel Corsa schon sechs Jahre alt, hatte über zweihunderttausend auf dem Tacho und hinterließ einen Ölfleck auf dem Garagenboden. Sie brauchte ihn nicht lange zu überreden. Dank ihrer Maklertätigkeit standen sie finanziell gut da, und Jeremy, Margarets Ältester, hatte gerade sein Studium abgeschlossen und war auf dem Weg nach Amerika zu seinem
gap year
.
Also fing er an, sich nach einem Auto umzuschauen, auf seine überlegte, penible Art. Er hatte sich erkundigt, Broschüren gesammelt und Preise verglichen, bis er eines Tages den Ausstellungsraum des Honda-Händlers in Buitengracht betrat, |473| den Type R mit dem roten Kennzeichen und der schwarzen, geduckten Silhouette dort stehen sah und sich verliebte. Zu Hause hatte er herumgedruckst und sich schließlich auf Englisch mit seinem unverwechselbaren Buren-Akzent entschuldigt: »Da steckt wohl noch etwas Goodwood in mir.« Da hatte sie ihn in die Arme genommen, fest gedrückt und ihm ins Ohr geflüstert: »Und dazu vielleicht noch eine kleine Midlife-Crisis.« Was womöglich der Wahrheit näher kam, denn während des letzten Jahres hatte er sich immer mehr nach dem Datsun Trippel-S gesehnt, den er als Twen gefahren hatte. Dann sagte Margaret: »Los, kauf ihn dir. Du hast ihn dir verdient.«
Und er hatte seine wahre Freude an dem Auto. Die Federung war vielleicht ein bisschen stramm, die Sitze nicht die gemütlichsten, aber das Handling – einfach unbeschreiblich. Und die
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