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Rote Spur

Rote Spur

Titel: Rote Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Tanja Flint heute Morgen gebeten, ihm alles von Anfang an zu erzählen. Deswegen musste er jetzt zur Bibliothek und zum Studio gehen und überprüfen, ob dort Überwachungskameras installiert waren, und um sich das Sportstudio genauer anzusehen.
     
    An den Fassaden hingen keine Kameras.
    Eine Frau kam vorbei, eine Sporttasche über der Schulter, und betrat das Studio. Joubert folgte ihr durch die automatischen Schiebetüren und beobachtete, wie sie an einem Drehkreuz stehen blieb, ihren Mitgliedsausweis herausholte und diesen durch ein elektronisches Lesegerät zog. Daher mussten sie gewusst haben, dass Danie Flint an jenem Abend nicht im Training gewesen war – ein Computersystem zeichnete das Kommen und Gehen der Mitglieder auf.
    Joubert blieb stehen und sah sich um. Moderne Einrichtung. Chrom, Stahl und Glas. Kein Geruch nach Schweiß. Rechts befand sich eine Theke, hinter der eine junge Frau arbeitete. Sie lächelte ihn an. Er erwiderte ihr Lächeln, in Gedanken versunken. Das Computersystem. Es musste manchmal abgeschaltet sein, da es, wie jede Technologie, nicht unfehlbar war.
    »Guten Tag, Sir. Kann ich Ihnen helfen?«, fragte die junge Frau.
    »Guten Tag …« Dann wusste er nicht mehr weiter, denn er besaß keinen Polizeiausweis mehr, der ihm seine Legitimation verlieh. »Ist das Drehkreuz mit einem Computersystem verbunden?«, fragte er und zeigte auf den Kartenleser.
    »Ja, Meneer«, antwortete sie mit einem leichten Stirnrunzeln, als dächte sie: Was ist das für ein komischer Vogel? Doch sie lächelte stoisch weiter.
    |484| »Ist das System manchmal ausgeschaltet?«
    »Ja, aber wenn Sie Ihre Active Virgin-Mitgliedskarte vorzeigen können, können Sie jederzeit rein. Sind Sie Mitglied?«
    »Nein«, antwortete er. »Wie oft ist das System abgeschaltet?«
    Ihr Stirnrunzeln vertiefte sich, und er merkte, dass seine Vorgehensweise zu direkt war. »Warum wollen Sie das denn wissen?«
    »Ach, nur aus Interesse.«
    Sie antwortete nicht sofort, sondern musterte ihn erst einmal von Kopf bis Fuß. »Soll ich vielleicht einen der Geschäftsführer holen, damit Sie sich mit ihm unterhalten können?«
    »Nein, danke«, sagte er. »Vielen Dank …« Er fühlte sich plötzlich unsicher und dämlich. Er hätte sich vorher etwas überlegen sollen, vorgeben, dass er Mitglied werden wolle oder so ähnlich, aber jetzt war es zu spät. Er wandte sich um und ging hinaus.
    Er hatte nicht mehr die SAPS im Rücken. Er würden lernen müssen zu lügen.
    Doch eines hatte er wenigstens erfahren: Das Computersystem des Sportstudios funktionierte nicht immer. Danie Flint hätte am Abend des 25. November durchaus trainiert haben können. Der Zeitpunkt seines Verschwindens würde sich damit um mindestens eine Stunde nach hinten verschieben.
    Was immer das bedeuten mochte.
     
    Er brauchte eine Weile, um sich im Straßenlabyrinth von Parklands zurechtzufinden, so dass er zehn Minuten zu spät kam. Es war ein junges Viertel mit versetzt gebauten Einfamilien-Neubauhäusern, vier Zimmer und Doppelgarage auf einem kleinen Grundstück mit lediglich einem Stückchen Rasen im Vorgarten.
    Er parkte auf dem Bürgersteig, stieg aus, nahm seinen ledergebundenen Schreibblock und klopfte an. Tanja Flint öffnete sofort und bat ihn mit einem müden Lächeln herein. Die Jacke vom Vormittag hatte sie ausgezogen, und ihre Arme ragten außerordentlich dünn aus den kurzen Ärmeln der Bluse. Joubert |485| fragte sich, wie viel sie wohl seit November abgenommen hatte.
    Das Erdgeschoss war in offener Bauweise angelegt – Küche, Esszimmer und Wohnzimmer mit Fernseher und Möbeln von der Stange, aber geschmackvoll eingerichtet. Ihr Laptop stand auf dem Wohnzimmertisch, neben drei exakt ausgerichteten Aktenordnern.
    »Sollen wir uns an den Tisch setzen?«, fragte sie.
    Er nickte.
    »Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?« Sie wandte sich in Richtung Küche.
    »Nein, danke, ich möchte nichts.«
    Einen Augenblick lang blieb sie unschlüssig stehen, als habe sie nicht mit einer Ablehnung gerechnet. Dann kam sie zu sich. »Bitte setzen Sie sich. Ich habe die Unterlagen schon vorbereitet …«
    Er merkte ihr eine gewisse Unsicherheit an, ein Unbehagen, als sei sie einen fremden Mann in ihrem Haus nicht gewöhnt. Er setzte sich an den Tisch aus Rattan und Glas. Der Stuhl war unbequem, zu klein für seine Statur.
    Tanja Flint ließ sich ihm gegenüber nieder und griff nach dem ersten Order, einem hellgelben.
    »Hier sind Danies Handyabrechnungen.« Sie

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