Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rote Spur

Rote Spur

Titel: Rote Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
Vom Netzwerk:
Gegenpol zu |510| seiner ernsten Frau, sorgte sich weniger um das Geld, lebte im Hier und Jetzt, denn morgen würde man schon weitersehen. Wie die meisten Leute in seinem Alter, die glaubten, dass sich alles schon irgendwie regeln würde.
    Wo waren die Risse?
    Denn es musste welche geben. Sein Verschwinden war kein Zufall, und das war es, was Joubert am meisten Sorge bereitete. Der Audi auf dem Parkplatz des Sportstudios schloss jeden Zufall aus. Danie war nicht das willkürliche Opfer eines Raubmords geworden.
    Die entlassenen Busfahrer waren bislang der einzige Anhaltspunkt. Sie alle zu untersuchen würde zeitraubend werden, weil er jede einzelne Personalakte durcharbeiten und dann die potentiellen Verdächtigen auf Vorstrafen überprüfen musste. Denn er wusste, dass Gewalt immer eine Vorgeschichte hatte.
    Und Zeit war Geld.
    Er seufzte, trank den letzten Schluck Cola aus der Dose und bog an der Ausfahrt nach Panorama von der Autobahn ab.
     
    Mevrou Gusti Flint beklagte sich bei Joubert, beherrscht und wohlformuliert, über die Ineffektivität der südafrikanischen Polizei, seitdem »sie« an der Regierung waren. »Dabei bin ich keine Rassistin.«
    Sie war eine äußerst attraktive Frau, die wie Ende vierzig aussah, wahrscheinlich aber zehn Jahre älter war. Sehr gepflegt, mit einem teuren Kurzhaarschnitt, blond gefärbt, das breite Gesicht mit den ausgeprägten, ebenmäßigen Zügen geschickt geschminkt. Der hellviolette Kaschmirpullover mit kurzen Ärmeln und tiefem Ausschnitt umspannte ihren üppigen Busen. Um den Hals trug sie eine einreihige Perlenkette. Zwei Chihuahua-Hündchen saßen auf ihrem Schoß, die hervorstehenden Augen misstrauisch auf Joubert gerichtet. Mit ihren großen Händen streichelte sie den Tieren zwischendurch immer wieder einmal kurz über das Fell, wenn sie vorwurfsvoll in seine Richtung blafften. An der rechten Hand trug sie einen Ring, einen |511| komplizierten Knoten aus Gold und Diamanten. Die Fingernägel waren lang und hellviolett lackiert. Sie trug weiße, hochhackige Sandalen und um einen Knöchel eine feine Goldkette.
    Er hörte sich ihre Klagen über die Polizei geduldig an, die schließlich in konkreten Vorwürfen wegen der schleppenden Ermittlungen im Fall ihres vermissten Sohnes mündeten. Sie fand, die Verantwortlichen müssten dafür belangt werden. »Er ist genau vor ihrer Nase verschwunden. Genau vor ihrer Nase. Und jetzt muss die arme Tanja für teures Geld Privatdetektive engagieren, dabei ist sie arm wie eine Kirchenmaus. Ihr Geschäft wirft bisher kaum Gewinn ab.« Joubert fragte sich, warum Gusti Flint ihrer Schwiegertochter nicht finanziell unter die Arme griff, wo sie doch in einem großen, luxuriösen Haus mit teuren Möbeln und einer effektiven, leise flüsternden Klimaanlage wohnte.
    Als sie fertig war, fragte er: »Mevrou, wie regelmäßig haben …«, doch dann fingen die Chihuahuas an zu bellen.
    »Fred! Ginger! Ruhig! Bitte nennen Sie mich Gusti.«
    Die Hündchen richteten ihre Augen auf sie und wedelten mit den Schwänzen.
    »Wie oft haben Sie Danie …«
    Die Hunde kläfften.
    »Einen Augenblick«, bat sie. »Ich will sie erst aussperren.« Sie nahm die Tiere auf den Arm, beugte sich nach vorn, setzte sie auf den dicken Teppich und präsentierte dabei ihr üppiges Dekolleté. Dann blickte sie rasch zu ihm auf, sah, dass er es sah, blieb einen Augenblick in dieser Position, stand dann auf und sagte zu den Hunden: »Kommt mit!«
    Die Chihuahuas sahen Joubert vorwurfsvoll an, bevor sie ihr unwillig hinterdreintrippelten.
    Er blickte ihr nach, wie sie sich hüftenschwingend entfernte. Die enge, weiße Hose spannte ein wenig um ihr Hinterteil.
    Nicht ganz das, was er erwartet hatte.
    Auf ihren hohen Absätzen kam sie zurückgeklappert. »Möchten Sie vielleicht etwas trinken?«
    |512| »Nein danke, Mevrou.«
    Sie setzte sich wieder, schlug die Beine übereinander und fuhr mit den langen Fingern über den Stoff der Hose. »Sie können manchmal ein bisschen anstrengend sein«, sagte sie. »Aber sie sind alles, was ich habe.«
    »Danies Vater …?«
    »Gerber ist vor neun Jahren gestorben. Er ist nur sechzig Jahre alt geworden. Am Sonntag hat er noch am Cape-Argus-Radrennen teilgenommen, am Montag ist er in seinem Büro zusammengebrochen. Schwerer Herzinfarkt, ganz plötzlich. Dabei war er so fit, er war immer kerngesund.« Die Geschichte klang, als hätte sie sie schon viele Male erzählt. »Es war die schlimmste Zeit meines Lebens. Von einem Tag auf den

Weitere Kostenlose Bücher