Rote Spur
Cruz, Bandenführer auf der Kaapse Vlakte.«
»Das ist nicht Ihr Ernst!«
»Komm, Mac, wir haben zu tun«, sagte Mevrou Killian um kurz nach zehn und rollte ihren Stuhl an Millas Schreibtisch. Sie wartete, bis auch MacFarland seinen Bürostuhl herangeschoben hatte, ehe sie sich setzte und die dicken Akten auf den Tisch legte.
»Milla, das wird Ihr erster großer Auftrag, und bis morgen früh müssen wir etwas fertighaben«, sagte sie. »Aber machen Sie sich keine Sorgen, Mac wird Ihnen zur Seite stehen.«
Mevrou Killian reichte Milla den ersten Ordner.
»Banden auf der Kaapse Vlakte. Hier haben Sie umfangreiches Material. Die Herausforderung besteht darin, das alles auf drei, vier Seiten zu reduzieren. Eine Seite über die Hintergründe, aber konzentrieren Sie sich auf die letzten zehn Jahre, alles andere ist im Grunde irrelevant. Dann eine kurze Übersicht über die derzeitige Situation, wieder nur in groben Zügen. Denken Sie daran, wir wollen die Führungsebene informieren, nicht ihre Zeit verschwenden. Dann eine Seite über ein spezielles Syndikat: die Restless Ravens. Nicht mehr als etwa zwei Absätze über ihre Entstehungsgeschichte; konzentrieren Sie sich auf ihre jetzige Struktur und ihre Aktivitäten. Damit zu Ihnen, Mac. Sie werden einem Mister Willem de la Cruz auf den Zahn fühlen, auch bekannt als ›Tweetybird‹ oder ›Willy‹ …«
»Hört, hört.«
»Nicht jetzt, Mac. De la Cruz ist der Anführer der Restless Ravens, er interessiert uns am meisten …«
»Das sollte er auch. Sie wissen doch: Ein Piepmatz in der Hand ist besser …«
»Mac!«
»Also wirklich, Mutter. Tweetybird. The Ravens. Willy… Freud lässt grüßen!«
|84| Um fünf nach halb zwölf steckte Quinn den Kopf in Masilos Büro. »Reinhard Rohn, unser Mann in Namibia, hat gerade angerufen. Er steht im Ankunftsterminal am Flughafen von Walvisbaai und erwartet Osman.«
»Er weiß, dass er äußerst diskret vorgehen muss?«
»Er weiß Bescheid.«
»Wie wird er Osman identifizieren?«
»Ich habe ihm drei Fotos auf sein Handy geschickt.«
Masilo war zufrieden. »Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
»Mache ich.« Quinn zögerte. »Äh, diese Geschichte mit Tweetybird de la Cruz …«
»Ja?«
»Wenn der Höchste Rat … Diese Sache könnte einen Krieg auf der Kaapse Vlakte auslösen. Sollte Suleiman Dolly der Pagad etwas zuflüstern …«
»Ich glaube nicht, dass Dolly so dumm wäre. Er will die Diamanten haben, aber wenn er Zwietracht sät, suchen sich die Schmuggler womöglich andere Käufer.«
Quinn schüttelte den Kopf. »Ich hoffe, Sie haben recht.«
Vierzehn Kilometer östlich von Walvisbaai – und nur zwei Kilometer von der Grenze des Namib-Naukluft-Nationalparks entfernt – lag der Flughafen von Walvisbaai, eine kleine Oase in der flachen, endlosen Weite der Namib-Wüste.
Das moderne Flughafengebäude mit dem grauen Stahldach und den lachsroten Fassaden war von Palmen und kleinen grünen Rasenflächen umgeben. Für Reinhard Rohn, den Agenten der PIA, lag der größte Vorteil und zugleich Nachteil darin, dass das Gebäude relativ klein und der Flughafen wenig frequentiert war. Abflug- und Ankunftsterminal lagen nebeneinander und waren einfach zu observieren. Wenn man jedoch unbemerkt bleiben wollte, fand man wenig Deckung.
Rohn war ein 51-jähriger Veteran. Deshalb stellte er sich erst an die Fenster, von denen aus man das Rollfeld überblicken konnte, und stellte sicher, dass er Osman identifizieren konnte, |85| wenn er aus dem Flugzeug stieg und sich auf den Weg zur Ankunftshalle machte. Rohn prägte sich sein Gesicht ein, die Farbe seines Maßanzugs (hellbraun), das oben offene Hemd (hellblau) und die kleine schwarze Reisetasche auf Rädern, die Osman hinter sich herzog.
Dann ging er hinaus, folgte dem graubraun gepflasterten Weg und überquerte den sandigen Parkplatz zu seinem weißen Toyota-Bakkie. Er stieg ein, ließ die Fenster hinunter, holte den kleinen Feldstecher aus dem Handschuhfach, nahm den Eingang ins Visier und wartete.
Sieben Minuten später sah er Osman herauskommen, stellte fest, dass er kein weiteres Gepäck außer der Reisetasche dabei hatte, und beobachtete ihn auf dem Weg zum Avis-Parkplatz, bis er außer Sicht war.
Rohn ließ den Wagen an und wendete, so dass er die schnurgerade Zufahrtsstraße im Blickfeld hatte.
15
Um neun Minuten vor vier meldete Quinn seinem Chef, Rohn habe in Walvisbaai problemlos die Verfolgung von Shahid Latif Osman aufgenommen. »Osman ist
Weitere Kostenlose Bücher