Rote Spur
mit einem Mietwagen auf direktem Weg zum Hafen gefahren und hat dort im Fischereiflottengebiet vor den Büros der Firma Consolidated Fisheries geparkt. Er hat das Firmengebäude um 13:35 betreten und es erst zwei Stunden später, um 15:30, wieder verlassen. Anschließend ist er zum Protea Hotel an der Sam Nujoma Avenue gefahren und hat dort eingecheckt. Rohn hat sich ebenfalls ein Zimmer genommen und wird von dort aus die Ereignisse im Auge behalten. Wir sind derzeit dabei, Consolidated Fisheries zu überprüfen, und Rajs Leute werden morgen früh einen Bericht vorlegen.«
Um zwanzig vor vier rief Mutter Killian Jessica die Göttin herein, um ihr einen neuen Auftrag zu erteilen. Als Jessica zehn |86| Minuten später fluchend an ihren Arbeitsplatz zurückkehrte (»Ein Scheiß-Fischereibetrieb in einem Scheiß-Hafennest am Arsch der Welt …«), riss sie damit Milla Strachan aus ihrer tiefen Konzentration, so dass sie von ihrem dicken Wälzer über Straßenbanden aufblickte und zu Donald MacFarland sagte: »Mac, hier ist einiges drin, das nicht gerade schmeichelhaft für die Regierung ist.«
»Ja und?«
»Soll ich es trotzdem erwähnen?«
»Natürlich. Das eiserne Pferd braucht Futter, auch wenn es ihm nicht schmeckt.«
»In Ordnung.«
Bericht: Banden auf der Kaapse Vlakte
Datum: 14. September 2009
Zusammengestellt von: Milla Strachan und Donald MacFarland Hintergrundinformationen
Im letzten Jahrzehnt der Apartheid-Ära beschränkten sich Bandenaktivitäten in der damaligen Kapprovinz hauptsächlich auf die ehemaligen farbigen Wohngebiete und dort vor allem auf die sozioökonomisch benachteiligten Viertel in der
Kaapse Vlakte
.
Auch Art und Umfang der Straftaten waren relativ begrenzt, im Wesentlichen infolge der internationalen Isolation, des Gesetzes über die Gebietseinteilung für die Bevölkerungsgruppen und einer effektiven, erfahrenen Polizeimacht mit weitgehenden Befugnissen, darunter Verhaftung ohne Anhörung sowie fragwürdige Verhörmethoden.
In den neunziger Jahren veränderte sich diese Situation allmählich, da die Einsatzkräfte der damaligen SAP hauptsächlich zur Unterdrückung politischer Unruhen benötigt wurden. Die Straßenbanden erholten sich, wuchsen rasch und weiteten ihre Aktivitäten systematisch aus, damals jedoch noch in kleinem Rahmen.
|87| Der Wechsel zu einer demokratischen Regierung 1994 sowie die tiefgreifenden Veränderungen im Land während der darauffolgenden sechs Jahre boten dem organisierten Verbrechen jedoch die Möglichkeit, sich von unbedeutenden Straßenbanden zu internationalen Syndikaten zu entwickeln.
Folgende Faktoren spielten eine Rolle:
• Nach 1994: Grenzöffnung und Einflüsse von außen
Die Abschaffung einer strengen Grenzpolitik sowie der erneute Aufstieg Südafrikas zum internationalen Handelspartner hatten einen Zustrom ausländischer Touristen und Devisen sowie von Investitionen zur Folge, wovon auch die wichtigsten Akteure im transnationalen organisierten Verbrechen profitierten. Vor allem Syndikate aus Nigeria, Russland, China, Italien und Kolumbien nutzten die Gelegenheit und fassten schon bald vorwiegend in Johannesburg, Durban und Kapstadt Fuß.
Während dieser Periode gelangten schätzungsweise mehr als 100 000 nigerianische Staatsbürger illegal nach Südafrika und ließen sich hier nieder.
• Infrastruktur
Südafrika verfügte 1994 trotz der Isolation über eine hervorragende Infrastruktur – ein höchst effektives Bankenwesen, ausgezeichnete Telekommunikationssysteme sowie weitverzweigte Straßen-, Schienen- und Luftverkehrswege. Davon profitierten Verbrechersyndikate, ausländische Investoren und neugegründete Firmen gleichermaßen.
Überdies existierte bereits eine stabile Struktur des organisierten Verbrechens in Form der Banden auf der Kap-Halbinsel. Vor allem Heroin und Kokain flossen in großen Mengen ins Land und wurden über ein bereits bestehendes Netzwerk verbreitet und weiterverkauft, wenngleich noch wenig professionell.
Auch der Schmuggel und Handel von anderen Drogen, Waffen, |88| Elfenbein, Holz, Edelsteinen, Perlmutt und Menschen stieg an.
• Geschwächte Polizeimacht und moderne Gesetzgebung
Während der Phase, in der transnationale Verbrechersyndikate ins Land drängten, wurde zwischen 1994 und 1998 die ehemalige SAP zur Neuen Südafrikanischen Polizeibehörde (SAPD) umstrukturiert. Die Folgen dieses Prozesses müssen ironischerweise als Schlüsselfaktoren im Aufstieg des organisierten
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