Rote Spur
schmale, gerade Zugangsstraße in Richtung einer Gruppe niedriger Gebäude und Schuppen. Dann blieb er stehen und löste die Verriegelungen des Kabinenfensters. Hitze drang ein, zäh und schwer.
»Wir sind da. Der Transporter wird dich hier abholen.«
Es war aber kein Lkw in Sicht.
Ich löste den stabilen Sicherheitsgurt, zog meine Sporttasche und das eingewickelte Schrotgewehr hinter dem Sitz hervor und streckte Lotter die Hand hin.
»Danke.«
»Gerne, jederzeit wieder. Und viel Glück.« Er zeigte auf das Bündel, das ich wie ein Baby im Arm hielt. »Ich hoffe nicht, dass du das Ding benutzen musst.« Und dann, als ich auf dem Asphalt stand, kurz bevor er die Plexiglashaube wieder verriegelte, rief er über den blubbernden Motor hinweg: »Lemmer, du weißt doch bestimmt, dass man bei dem alten Diederik immer sein Geld im Voraus fordern muss!«
Eine Stimme hinter mir sagte: »Meneer!«
Ich sah mich um. Ein Mann kam angetrabt, in seinem Gesicht stand die Empörung geschrieben. Er war klein und stämmig, ein braungebrannter Napoleon in einer ordentlichen, hellgrauen |132| Uniform mit blauen Epauletten. »Wo fliegt dieser Mann hin?«, fragte er und zeigte mit anklagendem Finger auf die RV7, die in westlicher Richtung aufstieg.
»Bestimmt nach Hause.«
»Haben Sie die Freistellung?«
»Welche Freistellung?«
»Seine Freistellung.« Er baute sich vor mir auf, die Hände auf die Hüften gestemmt, und starrte Lotter nach. »Über Funk hat er behauptet, er habe eine.«
»Ich habe sie jedenfalls nicht«, sagte ich.
»Ich muss aber seine Freistellung haben!«
Lotter war jetzt nur noch ein Punkt, der südwärts schwebte.
»Ich vermute, Sie werden sie nicht bekommen.«
»Verdammt!«, fluchte Napoleon. »Die Leute machen mir wirklich das Leben schwer.«
»Aber wovon soll denn wer freigestellt werden?«
Zum ersten Mal sah er mich an, mit einem Blick, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank. »Die Gesellschaft muss von der Haftung freigestellt werden, falls sich ein Zwischenfall ereignet. Das hier ist kein öffentlicher Flugplatz.«
»Ein Zwischenfall?«
»Ein Unfall.«
»Aber es ist kein Unfall passiert.«
»Egal.« Er warf einen Blick auf meine Sporttasche und das Bündel an meiner Brust. »Und was wollen Sie hier?«
»Ich warte auf einen Lkw.«
Wieder stemmte er die Hände auf die Hüften. »Aber nicht hier. Das ist Gesellschaftergebiet.«
»Wo kann ich denn warten?«
»Am Tor.« Ein kurzer Finger wies wie ein Dolch nach Osten.
Vor dem Tor erstreckte sich die Asphaltstraße vor mir. Die Landschaft war unwirtlich, braun und trocken. Hier und da stand ein Baum. Erst blieb ich stehen, öffnete den Reißverschluss meiner Sporttasche, legte die MAG7 hinein, zog den Reißverschluss |133| wieder zu. Dann machte ich mich auf den Weg. Die Hitze machte mir allmählich zu schaffen, der Schweiß floss mir in Strömen den Rücken hinunter.
Die Straße war still. Verlassen. Wo war Lourens le Riche?
Alles war viel zu schnell gegangen, zu unkoordiniert. Ich hätte mir le Riches Handynummer geben lassen sollen. Und die von Diederik Brand. Ich hatte da ein paar Fragen. Zum Beispiel, warum mich Brand so spät erst kontaktiert hatte, nur wenige Stunden, bevor die Nashörner verladen wurden. Wann hatte er beschlossen, meine Dienste in Anspruch zu nehmen?
Eine Kreuzung lag vor mir. Ich beschloss, dort zu warten.
Den einzigen Schutz gegen die sengende Hitze boten vier armselige, fast blattlose Bäume. Ich stellte meine Tasche ab, suchte ein Fleckchen Schatten, lehnte mich an den schorfigen Stamm. Das Hemd klebte mir am Rücken, der Schweiß brannte mir in den Augen. Ich trug keinen Hut.
Ich sah auf meine Armbanduhr. Viertel vor drei.
Ich wischte mir mit dem Ärmel über die Stirn. Und dann fluchte ich, ausgiebig und stocksauer.
24
Die meisten Tiere fressen am liebsten im Verborgenen. Oft schleppen sie ihre Nahrung an einen speziellen Futterplatz, wo sie während des Fressens sicher sind.
Grundzüge des Spurenlesens: Die Klassifikation von Zeichen
Um Viertel vor vier saß ich noch immer auf dem Boden, den dünnen Stamm zwischen mir und der gnadenlosen Sonne. Mein Handy klingelte. Ich stand auf, zog es aus der Hosentasche und hoffte, es sei Diederik Brand, denn ich hatte ihm einiges zu sagen.
Es war Oom Joe van Wyk. Aus Loxton. »Lemmer, alter Junge, ich habe gehört, Diederik hat dich angeheuert.«
|134| »Ja, Oom.«
»Hat er dich im Voraus bezahlt?«
»Keine Ahnung, Oom Joe, das läuft alles
Weitere Kostenlose Bücher