Rote Spur
Zeitplan ein bisschen ungenau ausgedrückt.«
»Wir gehen jetzt erst mal in der Stadt etwas essen, Oom, denn wir verladen heute Abend, nach Einbruch der Dunkelheit. So um acht. Dann fahren wir los.«
Als der Mercedes-Diesel die Hauptstraße von Musina entlangbrummte, sagte Lourens le Riche: »Du hast bestimmt ordentlich Hunger, Oom – sollen wir sehen, ob wir irgendwo ein Steak bekommen?«
|137| Lourens war zu meiner Erleichterung kein Dauerschwätzer.
Wir parkten in der Grenfellstraat. Lourens holte zwei große Thermoskannen hinter seinem Sitz hervor und schloss den Lastwagen sorgfältig ab. Er trug die Uniform der jungen Karoobauern: blaue Jeans, braunes Hemd mit blauen Schultereinsätzen, robuste Schnürstiefel. Wortlos gingen wir hinüber zum Restaurant Buffalo Ridge Spur an der Ecke. Jetzt am späten Nachmittag war in dem wohltuend klimatisierten Gastraum nicht viel los.
Lourens bestellte sich ein T-Bone und eine Cola und bat, die Thermoskannen mit schwarzem, starkem Kaffee zu füllen. Ich stellte fest, dass sich mein Magen von der RV7-Erfahrung erholt hatte, und nahm ein Rumpsteak und moussierenden roten Traubensaft. Als die Getränke serviert wurden, fragte Lourens mehr aus Höflichkeit denn aus Neugier: »Welche Prominenten hast du bisher geschützt, Oom?«
»Wir stehen unter Schweigepflicht«, antwortete ich wie üblich, was in Loxton jedoch als Bestätigung aufgefasst wurde, dass ich meistens mit amerikanischen Film- und Popstars unterwegs war. In Wahrheit versuchte ich, Prominente als Klienten zu vermeiden. Zu viele Allüren. Deshalb fügte ich hinzu: »Ich arbeite meistens mit Geschäftsleuten aus dem Ausland.«
»Ach so«, sagte er ein wenig enttäuscht.
Während wir auf das Essen warteten, schaute er zum Fenster hinaus auf die Straße. Fliegende Händler packten zusammen, Hunderte Fußgänger waren hastig unterwegs nach irgendwohin. Ein konstanter Strom von Minibus-Taxen raste vorbei, das Gepäck auf den Dächern hoch aufgestapelt, viele aus Simbabwe. Menschen auf der Durchreise. Eine Grenzstadt.
»Das hier ist eine ganz andere Welt«, bemerkte er nachdenklich. »Stimmt«, sagte ich.
Das war unser ganzes Gespräch.
Der Lkw war ein Mercedes 1528, ein Sechszylinder-Diesel. Keine Sieben in Sicht, Lotto-Jackpot adieu.
|138| Hinten auf der Ladefläche befand sich eine geschlossene Stahlkonstruktion, grau gestrichen, höher als die Kabine, mit verschiedenen Zugangsklappen und großen Türen an der Rückseite. Ganz oben verliefen drei Öffnungsschlitze über die ganze Länge. Doppelbereifung hinten, Einzelbereifung vorn.
Der Innenraum war luxuriös wie in einem modernen Pkw. Das Armaturenbrett bestand aus schwarzem Kunstleder und grauem Plastik, obendrauf gab es zwei Halter für Becher oder Dosen, in der Mitte einen CD-Player. Zwischen den beiden Sitzen befand sich auf halber Höhe die Motorabdeckung, auf der Lourens sein Handy, sein Ladegerät und paar CDs liegen hatte. Ich kannte nur Metallica und Judas Priest, von den anderen hatte ich noch nie gehört. Ihsan, Enslaved, Arsis.
Die Abbildung auf dem Schaltknüppel zeigte acht Gänge an.
Wir fuhren über die geteerte R572 der untergehenden Sonne entgegen. Lourens le Riche war ein guter Fahrer. Sein Blick wanderte zwischen der Straße, den Spiegeln und den Instrumenten hin und her. Er fuhr flüssig, gleichmäßig und aufmerksam.
Ich holte die Glock aus meiner Sporttasche und suchte nach einer Stelle, an der ich sie verstecken, aber leicht erreichen konnte.
Lourens sah die Waffe an und sagte nichts, bis ich anfing, mit dem Zwischenraum zwischen meinem Sitz und der Motorabdeckung zu experimentieren.
»Du kannst sie da oben reinlegen, Oom«, sagte er und zeigte auf die Ablagefächer über der Windschutzscheibe. Es gab mehrere, und direkt vor mir befand sich ein offenes Fach mit einem ausreichend hohen Rand, um die Waffe aufzuhalten, falls wir scharf bremsen mussten. Guter Platz.
»Danke.«
»Was ist das, Oom?«
»Eine Glock 37.«
Er nickte nur.
Ich holte die MAG7 hervor.
|139| »Verdammt!«, sagte Lourens.
»Es war Diederiks Idee«, sagte ich beschämt.
Lourens lachte und sagte kopfschüttelnd: »Ja, ja, der Oom Diederik.«
»Warum sagen immer alle ›ja, ja, der Diederik‹?«
»Weil er ein Original ist, Oom.«
»Ein Original?«
»Ein alter Halunke.«
»Was soll das heißen?«
»Hast du nicht die Geschichten über ihn gehört?«
»Nein.«
Er lächelte voller Vorfreude. Denselben Gesichtsausdruck hatte ich schon bei
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