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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Zusammenhang wird Forschern an Dienstagen in der Regel gestattet, nach vorheriger terminlicher Absprache auch Ausstellungsstücke zu begutachten, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind.
    Kurz nach 14 Uhr kam Francis Dolarhyde, seine wissenschaftlichen Unterlagen unterm Arm, die Treppe der IRT-U-Bahnstation hoch. Er hatte ein Notizbuch, einen Katalog der Täte Gallery und eine Biographie von William Blake bei sich.
    Unter seinem Hemd hatte er eine flache 9-mm-Pistole, einen Totschläger aus Leder und sein rasiermesserscharfes Küchenmesser verborgen. Die Waffen wurden von einem Gummiband gegen seinen flachen Bauch gepreßt, so daß sich sein Jackett noch mühelos darüber zuknöpfen ließ. In seiner Jakkentasche steckte eine Plastiktüte, die ein in Chloroform getauchtes Stück Stoff enthielt. In seiner Hand hielt er einen neuen Gitarrenkoffer.
    Unweit des U-Bahnausgangs in der Mitte des Eastern Parkway stehen drei Telefonzellen. In einer davon war der Hörer herausgerissen; von den anderen beiden Apparaten funktionierte einer.
    Dolarhyde steckte mehrere Vierteldollar-Stücke in den Schlitz und wählte eine Nummer.
»Hallo«, meldete sich kurz darauf Rebas Stimme.
Er konnte im Hintergrund die typischen Dunkelkammergeräusche hören.
»Hallo, Reba«, begrüßte er sie.
»Hey, D. Wie geht’s dir?«
Da er auf beiden Seiten von dichtem Verkehr umgeben war, hatte er Probleme, sie zu verstehen. »Ganz gut.«
»Klingt ja, als ob du aus einer Zelle anrufst. Ich dachte, du lägst krank zu Hause.«
»Ich hätte später noch gern mit dir gesprochen.«
»Gut. Ruf einfach später noch mal an, ja?«
»Ich muß dich... unbedingt sehen.«
»Ich fände es schön, wenn du mich besuchen kommen könntest, aber heute abend kann ich nicht. Ich muß arbeiten. Wirst du auch bestimmt noch mal anrufen?«
»Ja, wenn nichts...«
»Wie bitte?«
»Ich rufe dich auf jeden Fall an.« -»
»Ich möchte, daß du bald kommst, D.«
»Ja. Wiedersehen... Reba.«
Na gut. Angst tröpfelte von seinem Brustbein auf den Bauch hinab. Er drückte dagegen und überquerte die Straße.
An Dienstagen ist der einzige Zutritt zum Brooklyn Museum eine einfache Tür am äußersten rechten Rand des Baus. Dolarhyde trat hinter vier Kunststudenten ein. Die Studenten lehnten ihre Beutel und Rucksäcke gegen die Wand und zückten ihre Studentenausweise. Der Wärter hinter dem Schreibtisch sah sie sich kurz an.
Dann trat er auf Dolarhyde zu.
»Haben Sie einen Termin?«
»Ja«, nickte Dolarhyde. »Mit Miß Harper im Restaurationsatelier.«
»Wenn Sie sich bitte ins Gästebuch eintragen würden.« Der Wärter reichte ihm einen Stift.
Doch Dolarhyde hatte bereits seinen eigenen Kugelschreiber parat. Er unterschrieb mit ›Paul Crane‹. Der Wärter trat an ein Telefon und wählte eine kurze Nummer. Dolarhyde kehrte dem Schreibtisch den Rücken zu und studierte Robert Blums Erntefest über dem Eingang, während der Wärter sich seine Anmeldung bestätigen ließ. Aus dem Augenwinkel bemerkte Dolarhyde einen weiteren Sicherheitsbeamten. Ja, das war der Kerl mit der Schußwaffe.
»Neben dem Verkaufsstand im hinteren Teil der Eingangshalle ist gleich neben den Liften eine Bank«, erklärte ihm der Wärter am Eingang. »Warten Sie dort. Miß Harper kommt sofort nach unten, um Sie abzuholen. « Er reichte Dolarhyde ein weißes Abzeichen mit rosa Aufschrift.
»Kann ich solange meine Gitarre hier stehen lassen?«
»Ich werde auf sie aufpassen.«
Das Museum wirkte sehr verändert, wenn die Beleuchtung nicht eingeschaltet war. Zwischen den mächtigen Glasvitrinen herrschte geheimnisvolles Zwielicht.
Dolarhyde wartete drei Minuten lang auf der Bank, bis Miß Harper schließlich aus dem Lift stieg. »Mr. Crane? Ich bin Paula Harper.«
Sie war jünger, als sie am Telefon geklungen hatte, als er sie von St. Louis angerufen hatte - eine intelligent wirkende junge Frau, auf eine strenge Art hübsch. Sie trug ihre Bluse und ihren Rock wie eine Uniform.
»Sie haben wegen des Blake-Aquarells angerufen«, fuhr sie fort. »Wenn Sie bitte nach oben mitkommen würden, zeige ich es ihnen. Am besten nehmen wir den Lift für die Belegschaft. Wenn Sie mir bitte folgen würden.«
Sie führte ihn an dem dunklen Verkaufsstand vorbei und durch einen kleinen Raum, in dem primitive Waffen ausgestellt waren. Dolarhyde sah sich mit raschen Blicken nach allen Seiten um, um nicht die Orientierung zu verlieren. Von der Ecke des Amerika-Saals ging ein schmaler Korridor ab, der zum Belegschaftslift

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