Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
Vom Netzwerk:
dahin bewußt geworden, wieviel Kraft der Drache aus dem alten Haus inmitten des großen Gartens gewann.
Miß Harper sagte etwas. »... müssen es in diesen Behälter aufbewahren, damit die Farben vor Lichteinfall geschützt sind. Sie würden sonst verblassen. Deshalb wird das Bild auch nicht zu häufig ausgestellt.« Sie legte den Behälter auf den Tisch und öffnete den Verschluß. Ein Geräusch an der Doppeltür. »Entschuldigen Sie, aber ich muß Julio schnell an der Tür helfen.« Sie verschloß den Behälter wieder und eilte damit auf die Glastür zu, hinter der ein Mann mit einem Wägelchen wartete. Sie hielt ihm die Tür auf, so daß er es in den Raum rollen konnte.
»Alles klar hier?«
»Ja, danke, Julio.«
Der Mann ging wieder.
Zurück kam Miß Harper mit dem Lichtschutzbehälter. »Entschuldigen Sie, Mr. Crane. Julio muß heute verschiedene Rahmen säubern.« Sie öffnete den Behälter und entnahm ihm eine Mappe aus weißem Karton. »Sie werden sicher verstehen, daß wir Ihnen nicht gestatten können, das Bild zu berühren. Ich halte es Ihnen hin - so lautet die Vorschrift. In Ordnung?«
Dolarhyde nickte. Er war unfähig zu sprechen. Sie klappte die Mappe auf und entfernte die Plastikabdeckung.
Da war es. Der große, rote Drache und die mit der Sonne bekleidete Frau - der menschliche Drache, drohend aufgerichtet über der zu seinen Füßen liegenden Frau, die sich in einer Windung seines mächtigen Schwanzes verfangen hatte.
Mochte es auch nicht sehr groß sein, so strömte es dennoch eine enorme Kraft und Wirkung aus. Atemberaubend, Selbst die besten Reproduktionen vermochten den einzelnen Details und Farbnuancen nicht gerecht zu werden.
Dolarhyde sah es ganz deutlich, erfaßte alles in einem einzigen Augenblick - Blakes Handschrift an den Rändern, zwei braune Flecken am rechten Rand des Papiers. Er war wie gebannt. Das war zuviel für ihn... die Farben waren um so vieles intensiver.
Schau auf die Frau, die sich im Schwanz des Drachen verfangen hat. Schau.
Er bemerkte, daß ihr Haar genau die Farbe von Reba McClanes Haar hatte. Er sah, daß er gut fünf Meter vom Ausgang entfernt war. Er hielt die Stimmen zurück.
Ich hoffe, ich bin Ihnen damit nicht zu nahe getreten, sagte Reba McClane.
»Wie es scheint, hat Blake neben Aquarellfarben auch Kreide verwendet«, sagte Paula Harper. Sie hatte sich so postiert, daß sie genau sehen konnte, was er tat. Ihr Blick wich keinen Moment von dem Bild.
Dolarhydes Hand fuhr unter sein Hemd.Irgendwo klingelte ein Telefon. Das Tippen verstummte. Eine Frau streckte ihren Kopf durch die Türöffnung der hintersten Büroinsel.
»Paula für dich. Deine Mutter.«
Miß Harper drehte nicht den Kopf herum. Sie ließ das Bild und Dolarhyde keinen Moment aus den Augen.
»Sag ihr doch bitte, daß ich gleich zurückrufe«, rief sie.
Die Frau verschwand wieder. Kurz darauf ratterte die Schreibmaschine wieder los.
Dolarhyde konnte sich nicht mehr länger zurückhalten. Jetzt galt es, aufs Ganze zu gehen.
Doch der Drache kam ihm zuvor. »NOCH NIE HABE ICH

»Was?« Miß Harpers Augen weiteten sich.
»- eine so große Ratte gesehen!« sprach Dolarhyde den Satz zu Ende und deutete auf einen Bilderrahmen. »Da, sie ist diesen Rahmen hochgeklettert!«
Miß Harper wirbelte herum. »Wo?«
Der Totschläger glitt unter seinem Hemd hervor. Mehr mit dem Handgelenk als mit seinem Arm versetzte er ihr einen Schlag auf den Hinterkopf. Während sie zusammensackte, hatte Dolarhyde bereits eine Handvoll ihrer Bluse gepackt und den chloroformgetränkten Fetzen übers Gesicht gestülpt. Sie gab ein kurzes, hohen Geräusch, nicht sonderlich laut, von sich und erschlaffte.
Er legte sie zwischen dem Tisch und dem Gestell mit den Bildern auf den Boden, griff nach dem Behälter mit dem Aquarell und kauerte neben ihr nieder. Röchelnder, heiserer Atem und das Klingeln eines Telefons.
Die Frau kam aus dem hintersten Büro.
»Paula?« Sie sah sich suchend um. »Es ist noch mal deine Mutter«, rief sie. »Sie muß dich unbedingt jetzt gleich sprechen.«
Sie näherte sich dem Tisch. »Ich kann mich ja währenddessen um deinen Besucher kümmern, wenn du... « Und dann erblickte sie die beiden.
Das Haar wirr ins Gesicht gefallen, lag Paula Harper auf dem Boden, und über ihr kauerte, eine Pistole in der Hand, Francis Dolarhyde und stopfte sich gerade den letzten Rest des Aquarells in den Mund. Und dann richtete er sich kauend auf und stürzte los. Auf sie zu.
Sie rannte in ihr Büro und warf die Tür hinter

Weitere Kostenlose Bücher