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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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weggeputzt?«
    »Niemand. Es war ein natürlicher Tod. Trotzdem wurde die Leiche den Behörden überstellt.«
    »Tatsächlich?«
    »Damit haben die bereits den Zugriff auf ein Exemplar. Noch eines dürfen sie nicht finden. Das Mädchen muß her.«
    »Ich weiß nicht, wo sie ist. Ich habe nach ihr gesucht.«
    »Sie kennen sie besser als sonstwer. Sie verfügen über Kontakte auf der Straße, nicht? Finden Sie sie, bevor sie anfängt zu gebären.«
    »Das dauert noch.«
    »Die Schwangerschaft war nie auf volles Austragen angelegt. Wir wissen gar nicht, ob es volle neun Monate dauert.«
    »Sie meinen, sie könnte jederzeit werfen?«
    »Das wissen wir nicht.«
    Romy lachte und sah aus dem Fenster auf die vorbeiziehenden Häuser. »Mann, ich lache mich krank. Ihr seid ganz schön spät dran. Sie waren schon bei mir und haben nach ihr gefragt.«
    »Wer?«
    »Die Polizei. Heute nachmittag kamen sie an und wollten von mir wissen, wo sie ist.«
    Der Mann schwieg einen Augenblick. Im Rückspiegel schnappte Romy einen kurzen Moment von Panik im Gesicht des Mannes auf.
Molly Wolly,
dachte er,
du hast ihm Angst eingejagt.
    »Es wird sich für Sie lohnen«, sagte der Mann.
    »Wollen Sie sie ganz? Oder in Einzelteilen?«
    »Wir wollen sie lebend. Wir brauchen sie lebend.«
    »Lebendig ist es schwieriger.«
    »Zehn. Bei Ablieferung.«
    »Fünfundzwanzig, Hälfte gleich. Oder ihr könnt drauf scheißen.« Romy faßte nach dem Türgriff.
    »In Ordnung. Fünfundzwanzig.«
    Romy mußte lachen. Diese Typen machten sich vor Angst in die Hosen, und alles wegen der blöden Molly Wolly. Fünfundzwanzigtausend war sie nicht wert. Seiner unmaßgeblichen Meinung nach keine fünfundzwanzig Cents.
    »Können Sie sie herschaffen?« fragte der Mann.
    »Möglicherweise.«
    »Wenn nicht, habe ich ein paar sehr unglückliche Investoren am Hals. Also
, finden
Sie sie.« Er gab Romy einen Umschlag.
    »Sie kriegen noch mehr.«
    Romy sah hinein. Ein Bündel Fünfzig-Dollar-Noten. Es war ein Anfang.
    Der Wagen hielt an der Ecke Upton und Tremont an – Romys Gegend. Es gefiel ihm gar nicht, sich wieder von diesen hübschen Ledersitzen zu erheben und in den schneidenden Wind hinauszusteigen. Er winkte mit dem Umschlag. »Und der Rest?«
    »Bei Lieferung. Sie können doch liefern?«
    Kitzel ihn hoch,
dachte Romy.
Laß es komplizierter klingen, als es ist. Vielleicht treibt das noch den Preis.
»Ich werde sehen, was sich machen läßt«, sagte er, stieg aus und sah dem Wagen nach.
Angst. Der Mann sieht aus, als hätte er Angst.
Der Umschlag fühlte sich gut und dick an. Romy steckte ihn in seine Hintertasche.
    Versteck dich nur, Molly Wolly,
dachte er.
So oder so, ich kriege dich.
    Bryan bat sie herein und bot ihr ein Glas Wein an. Toby war zum erstenmal in seiner Wohnung. Sie fühlte sich nicht wohl dabei, weniger wegen des unkonventionellen Haushalts, den Bryan führte und der aus zwei Männern bestand, die glücklich miteinander lebten. Eher, weil sie hier auf der Couch in seinem Wohnzimmer merkte, daß sie Bryan nie wie einen Freund behandelt hatte. Er war in ihr Haus gekommen, hatte sich um ihre Mutter gekümmert, hatten Ellen das Essen gekocht, hatte sie gebadet. Als Gegenleistung hatte Toby ihm alle zwei Wochen einen Scheck ausgeschrieben,
bitte zahlen Sie für diesen Scheck
… Freundschaft war nicht Bestandteil der Arbeitsplatzbeschreibung gewesen.
    Und warum nicht? fragte sie sich, als Bryan von ihr ein Glas Weißwein auf eine Serviette stellte. Warum hatte die einfache Tatsache, ihm alle zwei Wochen einen Scheck ausschreiben zu müssen, zwischen ihnen eine echte Freundschaft unmöglich gemacht?
    Sie nippte an dem Wein und hatte ein Schuldgefühl, daß sie es nicht einmal versucht hatte. Und war verlegen, daß sie jetzt, als sie ihn wirklich brauchte, überhaupt das erste Mal daran gedacht hatte, einen Fuß in seine Wohnung zu setzen.
    Er setzte sich ihr gegenüber. Einen Augenblick lang schwiegen sie. Sie tranken einen Schluck, zupften an den feuchten Servietten. Die Lampenschirme warfen runde Schatten an die hohe Decke. An der Wand gegenüber hing ein Foto von Bryan und Noel an einer weit ausschwingenden Bucht. Beide hatten den Arm um die Schulter des anderen geschlungen. Sie lächelten wie zwei Männer, die wußten, wie man das Leben genießt.
    Etwas, das Toby für sich noch nicht herausgefunden hatte.
    »Ich glaube, Sie wissen«, sagte Bryan, »daß die Polizei von Newton schon mit mir gesprochen hat.«
    »Ich habe ihnen Ihren Namen genannt. Ich

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