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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Zickzackspur.
    »Sie meinen – es hat tatsächlich
gelebt?
«
    »Es scheint mehr zu sein als ein zufälliger Klumpen von Zellen. Es hat rudimentäre Glieder. Es hat sich bewegt, verfügt also über ein Skelett und Muskulatur.«
    »Und ein Auge«, murmelte Sheehan. »Ein verdammter Zyklop. Und der schaut mich an.«
    Dvorak sah Moore an. »Also, was war hier los? Wie sind Sie da hineingeraten?«
    »Die Rettung hat uns Bescheid gesagt. Gegen fünf Uhr morgens wurde eine Ambulanz hergeschickt, nachdem eine weibliche Person einen Notruf gemacht hatte. Sie fanden da drüben auf dem Boden eine blutende Frau. Im Badezimmer und in der Kloschlüssel ist noch viel mehr Blut.«
    »Wo hat sie geblutet?«
    »Aus der Vagina, nehme ich an. Sie wußten nicht, ob sie es eine Geburt ohne Beistand nennen sollten. Oder einen Abtreibungsversuch.« Moore sah hinab auf das Ding mit den Flossen.
    »Ich meine, würden Sie das ein
Baby
nennen? Oder einen Teil davon?«
    »Ich halte es für eine multiple kongenitale Mißbildung. Aber gesehen habe ich so etwas noch nie.«
    »Also, ich kann nur sagen, ich hoffe, ich sehe nie wieder so etwas. Können Sie sich vorstellen, wie das wäre: Sie stehen als werdender Vater im Kreißsaal und sehen, daß Ihre Frau von so
etwas
entbunden wird? Ich bekäme einen verdammten Herzinfarkt.«
    »Was ist denn mit der Frau passiert?«
    »Die Frau ist als Notfall schon tot ins City Hospital eingeliefert worden. Wir glauben, sie heißt Annie Parini – jedenfalls kennen ihre Nachbarn sie unter dem Namen.«
    »Und was ist mit der anderen Frau? Der, die angerufen hat?«
    »Die hat sich verdrückt, bevor der erste Streifenwagen ankam. Die Sanitäter sagen, sie sah ziemlich jung aus. Noch ein Teenager. Bei der Notrufzentrale hat sie sich als Molly Picker gemeldet.«
    Dvorak ging zur Badezimmertür und sah hinein. Die Toilette war voller Blut, und auch die Fliesen in der Dusche waren blutverschmiert. Am Boden war eine große Lache. »Ich muß mit dem Mädchen reden.«
    »Sie meinen, sie hat mit dem Tod der Frau zu tun?«
    »Ich will nur wissen, was sie gesehen hat. Was sie über die Tote weiß.« Er wandte sich um und musterte stirnrunzelnd das
Ding.
»Sollte Annie Parini Drogen genommen haben – und wären die dann die Ursache –, hätten wir es mit einer verheerenden Form von Teratogenie zu tun.«
    »Kann eine Droge das bewirken?«
    »Ich habe noch nie eine so massive Mißbildung gesehen. Ich werde sie genetisch analysieren lassen. Inzwischen würde ich wirklich sehr gern mit dieser Molly Picker reden. Falls das ihr Name ist.«
    »Wir haben Fingerabdrücke von ihr. Sie hat sie überall hinterlassen.« Er zeigte auf einen ganzen Satz blutiger Abdrücke am Türrahmen und noch einen an der Wand nicht weit von dem
Ding
entfernt. »Mit denen kommen wir vielleicht weiter.«
    »Finden Sie sie für mich. Und jagen Sie ihr keine Angst ein – ich will einfach nur mit ihr reden.«
    »Und was wird mit Annie?« fragte Sheehan. »Landet sie mit dem berühmten Zettel am Zeh am Ende bei Ihnen?«
    Dvorak schaute auf das viele Blut am Boden und nickte. »Wir treffen uns dann alle im Leichenschauhaus.«
    Der Körper auf dem Seziertisch war jetzt nur noch eine ausgehöhlte Hülle. Alle Organe waren herausgenommen. Während der Autopsie hatten die Detectives Sheehan und Moore nur sehr wenig gesprochen. Beim Anblick ihrer blassen Gesichter konnte man meinen, sie wären lieber ganz woanders. Was sie an diesem Opfer betroffener machte als sonst, waren das Alter und das Geschlecht. Eine so junge Frau gehörte einfach nicht auf den Seziertisch.
    Dvorak hatte sich auf ein Minimum von Konversation mit den beiden beschränkt und seine Kommentare auf Tonband gesprochen. Herz und Lunge unauffällig. Magen leer. Leber und Bauchspeicheldrüse normal in Größe und Erscheinung. Alles in allem ein junger Körper ohne Krankheiten.
    Er konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf die ver-größerte Gebärmutter, die er in einem Stück heraus-genommen und auf das Schneidebrett gelegt und unter eine helle Lampe geschoben hatte. Er schnitt sie zwischen dem Myometrium und dem Endometrium auf, um die Gebärmutterhöhle offenzulegen.
    »Damit haben wir die Antwort.«
    Die beiden Cops traten zögernd näher.
    »Abort?« fragte Moore.
    »Davon sehe ich hier nichts. Keine uterine Perforation. Kein Hinweis auf Instrumentierung. Früher mal, noch vor dem berühmten Fall Roe gegen Wade, haben die Engelmacher in den Hinterzimmern eine Art Katheter durch den

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