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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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gewußt. Seit wann gibt es diese Übereinkunft?«
    »Springer hat vor einem Monat einen entsprechenden Untervertrag abgeschlossen. Bei ihren Patienten geht man davon aus, daß sie in keiner Notaufnahme landen. Brant Hill gibt sie direkt in die eigenen Stationen weiter. Wie ist der Patient zu Ihnen gekommen?«
    »Die Tochter bekam es mit der Angst und hat die Neun-neuneins angerufen. Dr. Wallenberg ist schon hierher unterwegs.«
    »Okay. Dann soll Dr. Wallenberg entscheiden, was mit den Koronalschnitten geschieht. Ich gehe ins Bett.«
    Toby legte auf und sah Vince an. »Warum haben Sie mir nicht gesagt, daß Brant Hill ein eigenes geschlossenes Überweisungssystem hat?«
    Vince schaute sie schief an. »Sie haben mir nicht gesagt, daß das hier ein Brant-Hill-Patient ist.«
    »Trauen Sie unserer Radiologie nichts zu?«
    »Wir machen hier die Bilder, aber die Radiologen von Brant Hill übernehmen selbst die Diagnose. Ich nehme an, sie wollen die entsprechenden Honorare selbst kassieren.«
    Wieder diese Krankenhauspolitik, dachte sie. Der Kampf jeder gegen jeden um den schrumpfenden Dollar-Segen.
    Sie stand auf und blickte durch die Sichtscheibe in den CT-Raum. Der Patient lag mit geschlossenen Augen auf dem Tisch.
    Seine Lippen bewegten sich leise. Das Zucken in seiner rechten Hand war nicht wieder aufgetreten. Trotzdem mußten sie nun ein EEG bei ihm machen, um einen Schlaganfall definitiv auszuschließen. Vielleicht auch noch eine Lumbaipunktion. Erschöpft lehnte sie sich gegen die Scheibe und überlegte, was sie vielleicht ausgelassen hatte und was auszulassen sie sich nicht leisten konnte.
    Seit Harry Slotkin vor zwei Wochen praktisch unter ihren Augen aus der Notaufnahme verschwunden war, stand sie, das wußte sie, unter genauer Beobachtung durch die Leitung des Hospitals, und sie hatte sich sogar selbst unter einen größeren Druck gesetzt als üblich. Jeden Nachmittag wachte sie auf mit der Frage, ob sie heute wohl Harry Slotkins Leiche finden würden und damit ihr Name wieder ins öffentliche Interesse rücken würde. Was anfangs berichtet wurde, war peinlich genug gewesen. Die Geschehnisse in der Woche danach, in der Harry verschwunden blieb, und die Nachrichten über den vermißten Patienten waren über alle lokalen Fernsehsender gegangen. Sie hatte es geschafft, den Sturm zu überstehen, und jetzt waren das die Neuigkeiten von gestern und beim allgemeinen Publikum schon in Vergessenheit geraten. Doch in dem Augenblick, dachte sie, da sie die Leiche von Harry finden, wird das wieder eine ganz heiße Story. Und ich sitze auf dem heißen Stuhl und darf es mit beiden ausfechten, den Anwälten und den Reportern.
    Hinter ihr ging eine Tür auf, und eine Stimme sagte: »Ist das da auf dem Tisch mein Patient?«
    Toby drehte sich um und sah überrascht einen hochgewachsenen Mann in einem Smoking auf sich zukommen. Er sah Vince an, registrierte den Röntgenassistenten mit einem schnellen Blick, ließ ihn genauso schnell stehen und trat mit langen Schritten vor zur Sichtscheibe. Er starrte zu Angus Parmenter hinüber. »Um ein CT hatte ich nicht gebeten. Wer hat es angeordnet?«
    »Ich«, sagte Toby.
    Jetzt fixierte Wallenberg
sie,
als würde ihm schließlich klar, daß immerhin sie seiner Aufmerksamkeit würdig war. Er war nicht älter als vierzig, sah sie aber mit der Gewißheit sichtlicher Überlegenheit an. Vielleicht war es auch der Smoking. Ein Mann, der aussah, als wäre er gerade den Seiten von
Gentlemen’s Quarterly
entstiegen, hatte allen Grund, sich überlegen zu fühlen. Er erinnerte Toby an einen jungen Löwen, die Haare perfekt nach hinten zu einer Mähne gestylt, bernsteinfarbene Augen, sprungbereit und nicht gerade mit einer freundlichen Ausstrahlung. »Sind Sie Dr. Harper?«
    »Ja. Ich wollte Ihnen den Zeitaufwand ersparen. Also habe ich das CT angeordnet.«
    »Das nächste Mal lassen Sie mich selber meine Untersuchungen anordnen.«
    »Mir erschien es effizienter, es gleich zu tun.«
    Die bernsteinfarbenen Augen wurden schmaler. Er schien ihr widersprechen zu wollen, überlegte es sich aber. Also nickte er nur und wandte sich an Vince. »Legen Sie meinen Patienten bitte wieder zurück auf die Rollbahre. Er kommt rauf in die Innere, zweiter Stock.«
    »Dr. Wallenberg«, sagte Toby, »wollen Sie gar nicht die CT-Ergebnisse Ihres Patienten hören?«
    »Gibt das denn etwas Erwähnenswertes?«
    »Eine kleine Erweiterung der Sella turcica. Er scheint ein wachsendes hypophysäres Adenom zu haben.«
    »Sonst

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