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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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einer schwammförmigen Enzephalopathie zu tun«, sagte er.
    »Sie denken an etwas wie die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit?«
    Er nickte. »Es würde für die pathologischen Veränderungen sprechen, die der Schnitt zeigt. Und auch das klinische Bild.
    Den geistigen Abbau. Die Sehstörungen. Die myoklonischen Zuckungen.«
    »Es waren also keine fokal bedingten Anfälle?«
    »Nein. Ich glaube, was Sie beobachtet haben, war ein Reflex-Myoklonus. Wiederholte krampfartige Zuckungen von großer Heftigkeit, ausgelöst von einem lauten Geräusch. Den bekommt man mit Dilantin nicht unter Kontrolle.«
    »Kommt Creutzfeldt-Jakob nicht äußerst selten vor?«
    »Eins zu einer Million. Trifft hin und wieder ältere Menschen.«
    »Aber es gibt auch Fallhäufungen. Letztes Jahr zum Beispiel, in England …«
    »Sie denken an den Rinderwahnsinn. Der scheint eine Abart von Creutzfeld-Jakob zu sein. Vielleicht ist es auch genau dieselbe Krankheit, da ist man sich nicht ganz sicher. Die in England befallenen Opfer haben sich durch den Verzehr von Rindfleisch infiziert. Die Tiere wiesen diese schwammförmige Veränderung des Gehirns auf. Das war aber ein seltener Ausreißer, der bisher nicht wieder aufgetreten ist.«
    Sie sah erneut ins Mikroskop und sagte leise: »Wäre es möglich, daß wir
hier
nun eine Häufung feststellen müssen? Angus Parmenter war nicht der erste Patient, den ich mit diesen Symptomen beobachtet habe. Der andere war Harry Slotkin. Er wurde ein paar Wochen vor Parmenter bei uns eingeliefert und vermittelte den gleichen Eindruck. Verwirrtheit, Sehstörungen.«
    »Das sind unspezifische Symptome. Um sicherzugehen, müßte auch hier eine Autopsie vorgenommen werden.«
    »Das ist bei Mr. Slotkin nicht möglich. Er wird immer noch vermißt.«
    »Dann gibt es keine Möglichkeit für eine Diagnose.«
    »Die beiden wohnten im selben Wohnkomplex. Sie könnten vom gleichen Erreger befallen worden sein.«
    »Man holt sich Creutzfeldt-Jakob nicht so wie einen gewöhnlichen Schnupfen. Die Krankheit wird von einer Prion übertragen. Einem abnormalen Zelleiweiß. Es muß direkt ins Gewebe dringen können. Durch eine Hornhautransplantation beispielsweise.«
    »Die Leute in England wurden durch den Verzehr von Rindfleisch infiziert. Könnte das nicht auch hier passiert sein? Sie könnten sich eine Mahlzeit geteilt haben …«
    »Die amerikanischen Bestände sind sauber. Wir haben keinen Rinderwahnsinn.«
    »Wie sicher wissen wir das?« Sie war inzwischen neugierig geworden und verfolgte diesen neuen Gedanken mit Eifer. Sie dachte an den Abend damals in der Notaufnahme, als man Harry hereingebracht hatte. Erinnerte sich an die Metallschale, die mit einem Knall auf den Boden gefallen war, und an das Geräusch beim Scheuern von Harrys Bein gegen die Rollbahre.
    »Es waren zwei Männer aus demselben Wohnkomplex. Sie hatten die gleichen Symptome.«
    »Verwirrtheit ist nicht spezifisch genug.«
    »Harry Slotkin hatte etwas, was ich für fokal bedingte Anfälle
gehalten
habe. Jetzt sehe ich, daß es ein durch externe Stimulation ausgelöster Myoklonus gewesen sein könnte.«
    »Für eine Autopsie brauche ich eine Leiche. Ohne Gehirngewebe von Harry Slotkin kann ich keine Diagnose stellen.«
    »Und wie sicher sind Sie bei der Diagnose von Angus Parmenter?«
    »Ich habe die Schnitte zur Bestätigung an einen Neuropathologen weitergegeben. Er wird sie sich unter dem Elektronenmikroskop ansehen. Mit dem Resultat können wir in ein paar Tagen rechnen.« Ruhig fügte er hinzu: »Ich hoffe bloß, daß ich falsch liege.«
    Sie studierte seinen Gesichtsausdruck und sah darin mehr als bloße Erschöpfung. Es war Angst.
    »Ich habe mich geschnitten«, sagte er. »Während der Sektion. Als ich gerade sein Gehirn herausholte.« Er schüttelte den Kopf und gab ein befremdliches Lachen voller Ironie von sich.
    »Ich habe tausend Schädel geöffnet. Habe an Leichen gearbeitet, die HIV-infiziert waren, Hepatitis hatten, sogar Tollwut.
    Und nie habe ich mich dabei geschnitten. Dann bekomme ich diesen Angus Parmenter auf den Tisch, und alles sieht ganz nach einer natürlichen Todesursache aus. Krankenhausaufenthalt von einer Woche, keine Anzeichen einer Infektion. Und was mache ich? Schneide mir in den Finger. Während ich mich an diesem verdammten
Gehirn
zu schaffen mache.«
    »Die Diagnose ist noch nicht bestätigt. Es könnte ein Artefakt sein. Vielleicht waren die Schnitte auch nicht ordentlich präpariert.«
    »Darauf kann ich nur hoffen.« Er starrte auf

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