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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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mich dann verließ. Ich glaube, das zeigt, was für gute Pokerspieler wir waren.«
    »Was einer Ehe wohl nicht so besonders bekommt, könnte ich mir vorstellen.«
    »Nein, das tut es sicher nicht.« Er blieb plötzlich stehen und sah auf seinen Gürtel. »Jemand piepst mich an«, sagte er und las mit gerunzelter Stirn das Display ab.
    »Da drüben ist ein Münztelefon.«
    Während Dvorak in der Zelle telefonierte, hielt Toby draußen mit geschlossenen Augen ihr Gesicht in die Sonne, die gerade zwischen zwei Wolken durchschien. Ein angenehmes Gefühl, einfach am Leben zu sein. Dvoraks Gespräch bekam sie kaum mit. Erst bei dem Wort »Brant Hill« wandte sie sich plötzlich um und sah ihn durch das Plexiglas an.
    Er hängte ein und trat aus der Zelle.
    »Was ist?« sagte sie. »Es geht um Robbie, nicht?«
    Er nickte. »Das war Detective Sheehan. Er war im Wicklin Hospital und hat sich dort umgehört. Man hat ihm gesagt, Dr. Brace sei gestern abend bei ihnen gewesen. Er hat nach Krankengeschichten gesucht und in der Pathologie nach der alten Akte eines Bewohners von Brant Hill gefragt. Eines gewissen Stanley Mackie.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Den Namen habe ich nie gehört.«
    »Nach den Informationen aus dem Wicklin ist er dort im letzten März nach Kopfverletzungen durch einen Sturz gestorben. Was nun für Sheehan interessant war, war die Diagnose, die man nach der Autopsie gefunden hat. Sie lautete auf eine Krankheit, von der er, wie er sich erinnerte, gestern abend auch schon gehört hat.«
    Oben verschwand die Sonne hinter einer Wolke. In dem plötzlichen Zwielicht sah Dvoraks Gesicht grau aus. Weit von ihr entfernt.
    »Es war Creutzfeldt-Jakob.«
    Vom Fenster des Konferenzraums im neunzehnten Stock aus konnte Carl Wallenberg die golden glänzende Kuppel des Boston State House sehen und dahinter die Bäume des Boston Common. Sie streckten ihre kahlen Äste wie Skelette gegen den blauen Himmel. Hier sitzen sie also, die höheren Führungskräfte, und genießen den Blick über die Stadt. Während wir da draußen in Newton die wirkliche Arbeit machen und die Brant-Hill-Kundschaft fit und am Leben erhalten, sitzen dieser Kenneth Foley und seine Buchhaltertruppe in diesem feudalen Citybüro herum und erhalten die Einkünfte von Brant Hill fit und am Leben. Und lassen Sie weiter wachsen, sprunghaft, versteht sich.
Foleys Armani-Abziehfiguren,
dachte Wallenberg und sah sich die anderen Leute rund um den Tisch an. An ihre Namen und Titel konnte er sich nur flüchtig erinnern. Der Mann da im blauen Nadelstreifen-anzug war ein Vizepräsident in der Geschäftsleitung. Die hochnäsige Rothaarige war vom Finanzvorstand. Außer Wallenberg und Russ Hardaway, dem Firmenanwalt, war das hier eine einzige Ansammlung von Bürohengsten.
    Eine Sekretärin kam mit einer festen Kanne Kaffee herein, füllte geziert fünf Tassen aus feinstem China-porzellan und stellte sie, zusammen mit einer Zucker-schale und einer Sahneschüssel aus Kristall, auf dem Tisch ab. Nicht diese primitiven Würfelzuckerpäckchen wie sonst. Sie blieb am Tisch stehen und wartete auf weitere Anweisungen von Foley. Es kamen keine. Die fünf am Tisch saßen da und warteten, bis die Sekretärin sich zurückgezogen und die Tür hinter sich geschlossen hatte.
    Dann ergriff Kenneth Foley, der Vorstandsvorsitzende der Brant Hill AG, das Wort. »Heute morgen habe ich erneut einen Anruf von Dr. Harper erhalten. Noch einmal erinnerte sie mich daran, daß Brant Hill nicht so arbeitet, wie es sollte. Daß vielleicht noch mehr Bewohner von Brant Hill erkranken könnten. Daß sich daraus ein weit größeres Problem für uns ergeben könnte, als ich denke.« Er sah in die Runde, und sein Blick blieb an Wallenberg hängen. »Carl, Sie haben mir versichert, der Fall sei erledigt.«
    »Das
ist
er auch«, sagte Wallenberg. »Ich habe mich mit Dr. Dvorak unterhalten. Und ich habe die Leute vom Gesundheitsamt getroffen. Wir sind jetzt alle der Mei-nung, daß es keinen Grund gibt, Alarm zu schlagen. Die von uns gebotene Küche entspricht voll den gegebenen Vorschriften. Unser Wasser beziehen wir aus der kommu-nalen Wasserversorgung. Und diese Hormonspritzen, über die sich alle so aufregen – wir können nachweisen, daß sie aus frischen Lieferungen stammen. Absolut sicher. Dr. Dvorak ist überzeugt, daß diese Fälle rein zufällig zusammengetroffen sind. ›Statistische Häufung‹ nennt man das. ›Zufallsstreuung‹.«
    »Sie sind also sicher, daß das Gesundheitsamt wie auch

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