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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Harper riskiert. Die könnte uns leider einigen Schaden zufügen, selbst dann, wenn nichts von dem, was sie sagt, bewiesen wird.«
    Keiner sagte etwas. Alle dachten angestrengt nach, was für Gegenmaßnahmen möglich wären.
    »Ich glaube«, sagte Wallenberg, »wir sollten sie einfach ignorieren. Ihre Anrufe nicht mehr entgegennehmen, ihr gegenüber keinerlei Erklärungen abgeben. Dann wird sie schließlich selber ihre Glaubwürdigkeit beschädigen.«
    »Und inzwischen beschädigt sie
uns
«
,
sagte die Finanzdame. »Gibt es denn keine Möglichkeit, etwas … Druck auf sie auszuüben? Auf dem Umweg über ihren Job beispielsweise? Ich dachte, in der Leitung von Springer drängt man schon auf ihre Entlassung.«
    »Das haben sie versucht«, sagte Wallenberg. »Aber der Leiter der Notaufnahme hat sich auf die Hinterbeine gestellt und alles abgeschmettert. Vorläufig zumindest.«
    »Was ist mit Ihrem Freund, dem Chirurgen? Ich dachte, er hat das Kündigungsverfahren in Gang gesetzt.«
    Wallenberg schüttelte den Kopf. »Dr. Carey ist wie alle Chirurgen, die ich kenne. Zu sehr von sich selbst überzeugt.«
    Die Finanzdame seufzte ungeduldig. »Also gut, und wie gehen wir jetzt wirklich mit ihr um?«
    Foley sah Wallenberg an. »Vielleicht hat Carl ja recht«, sagte er. »Wir tun am besten gar nichts. Sie muß bereits darum kämpfen, ihren Job zu behalten, und ich glaube, die Schlacht verliert sie. Wir lassen sie sich einfach selber demontieren.«
    »Vielleicht mit ein bißchen Nachhilfe?« suggerierte die Finanzdame leise.
    »Ich glaube nicht, daß das nötig ist«, sagte Wallenberg. »Glauben Sie mir. Tobys schlimmster Feind ist sie selber.«
    Toby entdeckte ihn auf der anderen Seite des frisch ausgehobenen Grabes. Er stand mit leicht gebeugtem Kopf, sein Blick ruhte auf Robbies Sarg. Selbst ohne den weißen Arztkittel sah Dr. Wallenberg jeden Zentimeter aus wie der leidenschaftliche, gottgleiche Mediziner. Was für weniger göttliche Gedanken sich wohl hinter seiner Stirn verbargen? Die kleine Abordnung von Doktoren und Leuten aus der Verwaltungsetage von Brant Hill trug die gleiche Betroffenheit auf ihren Gesichtern zur Schau, als hätte man allen identische Gummimasken für Trauerzwecke zugeteilt.
    Wer von ihnen war wohl wirklich Robbies Freund gewesen? An ihren Gesichtern konnte sie es nicht ablesen.
    Wallenberg schien zu spüren, daß man ihn beobachtete. Er hob den Kopf und sah Toby an. Einen Augenblick lang starrten sie einander an. Dann sah er weg.
    Ein kalter Wind fuhr über die Köpfe der Versammlung und blies totes Laub in die Grube. Robbies Tochter fing in Gretas Armen an zu wimmern, keine Schluchzer, die Trauer bedeuteten, sondern Überdruß kundtaten. So lange von lauter Erwachsenen umgeben zu sein. Greta setzte ihre Tochter ab, und wie der Blitz war das Mädchen auf und davon und schlängelte sich kichernd durch die Beine der Erwachsenen.
    Der Priester wußte nicht, was er angesichts des lustigen Kindes inmitten der Trauergemeinde unternehmen sollte. Mit einem resignierten Blick kam er schnell zum Ende seiner Ansprache und klappte die Bibel zu. Als sich der Zug der Trauernden in Richtung auf die Witwe in Gang setzte, verlor Toby Wallenberg aus den Augen. Sie ging um das Grab herum auf die andere Seite, und da sah sie ihn auf die parkenden Autos zugehen.
    Sie folgte ihm. Zweimal mußte sie seinen Namen rufen, bevor er endlich stehenblieb und sich zu ihr umdrehte.
    »Seit beinahe einer Woche versuche ich, Sie zu erreichen«, sagte sie. »Ihre Sekretärin stellt mich nie zu Ihnen durch.«
    »Ich hatte viel zu tun.«
    »Können wir jetzt miteinander reden?«
    »Die passende Zeit ist das gerade nicht, Dr. Harper.«
    »Wann
ist
es denn passend?«
    Er gab keine Antwort. Statt dessen drehte er sich um und ging weg.
    Sie folgte ihm. »In Brant Hill sind zwei Fälle von Creutzfeldt-Jakob nachgewiesen«, sagte sie. »Angus Parmenter und Stanley Mackie.«
    »Dr. Mackie ist an den Folgen eines Sturzes gestorben.«
    »Und Creutzfeldt-Jakob hatte er auch. Was wohl vor allem der Grund ist, warum er aus dem Fenster gesprungen ist.«
    »Sie sprechen von einer unheilbaren Krankheit. Unter-stellen Sie mir, ich hätte da meine Pflicht vernachlässigt?«
    »Zwei Fälle in einem Jahr …«
    »Statistische Häufung. Wir haben eine große Bevölkerung, Dr. Harper. Im Großraum Boston kann man mit einigen Fällen dieser Art rechnen. Die beiden Männer wohnten zufällig in Nachbarschaft.«
    »Was, wenn es sich um eine infektiöse

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