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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Prion handelte? In Brant Hill könnten jetzt neue Fälle in der Inkubationsphase sein.«
    Er sah sich zu ihr mit einem so aggressiven Gesichtsausdruck um, daß sie einen Schritt zurückging. »Hören Sie mir gut zu, Dr. Harper. Die Leute kaufen sich in Brant Hill ein, um frei von Sorgen, frei von Ängsten zu leben. Sie haben ihr Leben lang hart gearbeitet und sich dieses Leben im Luxus verdient. Sie können es sich leisten. Sie wissen, sie erhalten die beste medizinische Versorgung der Welt. Da wollen sie nichts hören von einer hirnrissigen Theorie über eine tödliche Krankheit für ihr Gehirn in ihrem Essen.«
    »Ist dies das einzige, worum Sie sich Sorgen machen? Um das mentale Wohlbefinden Ihrer Patienten?«
    »Für dieses Wohlbefinden bezahlen sie. Wenn sie das Vertrauen zu uns verlieren, packen sie ihre Sachen und kündigen. Und Brant Hill würde zu einer Geisterstadt.«
    »Ich habe keineswegs vor, Brant Hill einzureißen. Ich meine nur, Sie sollten Ihre Bewohner auf Symptome beobachten.«
    »Stellen Sie sich einmal die Panik vor, die
das
auslösen würde. Unser Essen ist einwandfrei. Unsere Hormone beziehen wir von renommierten Pharmaumernehmen. Selbst das Gesundheitsamt ist mit uns der Meinung, daß es keinen Grund gibt, alle Bewohner auf Symptome zu untersuchen. Hören Sie also auf, unseren Bewohnern Angst einzujagen. Oder es steht bald ein Anwalt vor Ihrer Tür.« Er drehte sich wieder um und wollte weitergehen.
    »Und was ist mit Robbie Brace?« platzte sie heraus.
    »Was soll mit ihm sein?«
    »Ich finde es reichlich seltsam, daß er getötet wurde, gleich nachdem er von Mackies Diagnose erfahren hatte.« Jetzt war es heraus. Sie hatte einfach ihre Vermutung herausgelassen und erwartete jetzt, daß Wallenberg voll zum Gegenangriff überging.
    Statt dessen wandte er sich ganz zu ihr um und schenkte ihr ein Lächeln von geradezu schauriger Gelassenheit. »Ja, wie ich höre, drängen Sie auch bei der Polizei in diese Richtung. Aber die hat diesen Ansatzpunkt fallenlassen, weil sie für eine solche Theorie keinerlei Zusammenhänge sieht.« Er machte eine Pause. »Übrigens, sie hat mir eine Menge Fragen über
Sie
gestellt.«
    »Die Polizei? Was denn für Fragen?«
    »Ob mir eine Beziehung zwischen Ihnen und Dr. Brace bekannt sei. Ob ich wisse, daß er Sie spätabends mit in unsere Klinik genommen hat.« Sein Lächeln wurde breiter, bis es eher wie ein Zähnefletschen aussah. »Es fasziniert mich, was für eine sexuelle Anziehungskraft farbige Männer auf Frauen wie Sie ausüben.«
    Toby sackte vor Zorn und Überraschung das Kinn herunter.
    Sie ging, von der Wut angetrieben, auf ihn zu. »Dafür möge Gott Sie strafen. Sie haben kein Recht, so über ihn zu reden.«
    »Alles in Ordnung, Carl?« sagte eine Stimme.
    Toby wandte den Kopf mit einem Ruck und sah einen Mann, groß und fast völlig glatzköpfig, neben sich stehen. Es war derselbe elegant angezogene Mann, der während der Beerdigungsfeier neben Wallenberg am Grab gestanden hatte. Er sah sie beklommen an, und sie spürte, daß ihr Gesicht vor Zorn rot angelaufen war und sie die Hände zu Fäusten geballt hatte.
    »Es war leider nicht zu überhören«, sagte der Mann. »Soll ich jemanden rufen, Carl?«
    »Kein Problem, Gideon. Dr. Harper fühlte sich nur ein bißchen …«, wieder dieses abstoßende, selbstzufriedene Lächeln, »… beunruhigt über den Tod von Robbie.«
    Du Schwein,
dachte Toby.
    »In einer halben Stunde haben wir eine Vorstands-besprechung«, sagte der Glatzköpfige.
    »Das habe ich nicht vergessen.« Wallenberg sah Toby an, und in seinem Blick entdeckte sie ein triumphierendes Glitzern. Er hatte sie ins Messer laufen, sie die Fassung verlieren lassen, und dieser Mann namens Gideon hatte es mit angesehen. Wallenberg war es, der die Dinge im Griff hatte, nicht sie, und das ließ er sie mit einem Lächeln wissen.
    »Wir treffen uns bei der Sitzung«, sagte der Glatzkopf. Und mit einem letzten, besorgten Blick auf Toby ging er davon.
    »Ich glaube, mehr gibt es darüber nicht zu reden«, sagte Wallenberg und wollte auch weitergehen.
    »Bis der nächste Fall von Creutzfeldt-Jakob auftaucht«, sagte sie.
    Er drehte sich noch einmal um und schenkte ihr einen letzten, mitleidigen Blick. »Dr. Harper, darf ich Ihnen einen Rat geben?«
    »Was für einen?«
    »Fangen Sie an zu leben.«
    Ich habe ein Leben,
dachte Toby und nahm wütend einen Schluck Kaffee im Dienstzimmer der Notaufnahme.
Gottverdammt. Ich habe ein Leben.
Vielleicht nicht das,

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