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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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nur gerade herauszufinden, wessen Nummer das ist.«
    »Detective Sheehan? Hier ist Toby Harper.«
    »Dr. Harper?«
    »Ja, Sie haben meine Privatnummer gewählt. Wußten Sie das nicht?«
    Schweigen am anderen Ende der Leitung. »Nein.«
    »Woher haben Sie die Nummer denn?«
    »Wahlwiederholung.«
    »Wie bitte?«
    »Unter Dr. Braces Autositz lag ein Handy. Vor fünf Minuten habe ich es dort gefunden und die Wahlwieder-holungstaste gedrückt.« Sheehan unterbrach sich. »Sie waren die letzte Person, die er angerufen hat.«
    Vickie brauchte eine halbe Stunde, bis sie kam, um auf Ellen aufzupassen. Noch einmal vierzig Minuten brauchte Toby, um sich durch den Morgenverkehr nach Boston durchzukämpfen.
    Dazu hatte sie nun noch eine Fragerunde mit Detective Sheehan über sich ergehen lassen müssen, und sie war jetzt müde und gereizt genug, um den ersten Menschen, der ihr über den Weg lief, den Kopf abzubeißen. Sie hätte sofort nach Hause fahren und sich ins Bett legen sollen.
    Statt dessen rief sie über das Autotelefon Vickie an und sagte ihr, sie müsse noch etwas erledigen, bevor sie heimkomme.
    »Mom sieht nicht besonders gut aus«, sagte Vickie. »Was ist mit ihr?«
    »Gestern ging es ihr prima«, sagte Toby.
    »Also, sie hat sich vor einer Weile übergeben. Ich habe ihr einen Saft zu trinken gegeben, und ich glaube, jetzt geht es ihr ein bißchen besser. Aber sie möchte wieder schlafen.«
    »Hat sie sonst noch Beschwerden?«
    »Hauptsächlich den gereizten Magen. Ich glaube, du solltest sie zum Arzt bringen.«
    »Das bin ich selber.«
    »Ja, sicher,
du
kennst dich am besten aus«, sagte Vickie.
    Toby legte auf, ärgerte sich gehörig über ihre Schwester und machte sich Gedanken über den Zustand von Ellen. Irgendeine gastrointestinale Störung wahrscheinlich. In ein paar Tagen ist Mom sicher wieder auf den Beinen.
    Sie fuhr vom Polizeirevier auf direktem Weg zur 720 Albany Street. Dem Sitz der Rechtsmedizin.
    Dvorak schien ihre ungute Stimmung gleich zu spüren. Mit einer freundlichen Geste bat er sie in sein Büro, goß ihr einen Kaffee ein und stellte ihr die Tasse in, ohne zu fragen, ob sie sie wollte. Sie wollte. Sie brauchte das Koffein.
    Nach ein paar schnellen Schlucken erwiderte sie seinen Blick. »Ich möchte wissen, warum Sheehan so auf mich fixiert ist. Warum er mich belästigt.«
    »Tut er das?«
    »Gerade habe ich eine ganze Stunde bei ihm gesessen. Sehen Sie, ich weiß wirklich nicht, warum Robbie bei mir zu Hause angerufen hat. Ich war letzte Nacht nicht zu Hause. Die Frau, die für mich auf meine Mutter aufpaßt, hat den Anruf angenommen. Das habe ich gerade erfahren.«
    »Weiß die Frau, warum Brace angerufen hat?«
    »Sie hat die Nachricht nicht verstanden. Er sagte, er sei auf dem Weg zum Hospital, um direkt mit mir zu reden. Also habe sie sich weiter keine Gedanken darum gemacht. Glauben Sie mir, Dan, zwischen Robbie und mir lief da weiter nichts. Keine Liebe, kein Sex, nichts. Wir waren nur Freunde.«
    »Aber sein Tod hat Sie furchtbar mitgenommen.«
    »Mitgenommen? Schließlich ist Robbie vor meinen Augen verblutet! Meine Hände, meine Arme waren voll von seinem Blut. Ich habe sein Herz umklammert und gepreßt, um es am Schlagen zu halten; ich habe mich bemüht, sein Leben zu retten. Sollte mich das, zum Teufel, etwa
nicht
mitnehmen?« Sie holte tief Luft und kämpfte mit den Tränen. »Aber Sie arbeiten nicht mit lebendigen Menschen und wissen nicht, wie das ist. Sie bekommen nur die Leichen.«
    Er sagte nichts dazu. Sein Schweigen schien ihren Zorn und die Erregtheit ihrer letzten Worte noch zu verstärken.
    Sie sank im Sessel zurück und bedeckte ihr Gesicht.
    »Das stimmt«, sagte er ruhig. »Ich weiß es nicht. Ich muß nicht zusehen, wenn Menschen vor meinen Augen sterben. Und vielleicht ist das der Grund, warum ich mir dieses Feld ausgesucht habe. Da muß ich das nicht mit ansehen.«
    Sie hob den Kopf, mochte ihm aber nicht in die Augen schauen, starrte lieber auf die Ecke des Schreibtischs. »Mit der Autopsie sind Sie wohl noch nicht fertig?«
    »Doch. Heute morgen. Unerwartete Dinge haben wir nicht gefunden.«
    Sie nickte und sah ihn noch immer nicht an.
    »Und Mr. Parmenter? Hat der Neuropathologe die Diagnose bestätigt?«
    »Es war die Creutzfeldt-Jakobsche Krankheit.« Er sagte es ohne Vorbehalt und ohne einen Anflug von Erschüt-terung, die diese Diagnose in ihm ausgelöst haben mußte.
    Sie sah ihn an, hatte plötzlich vor Augen, in welcher Krise Dvorak steckte, was für

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