Roter Fluch - Wells, J: Roter Fluch - Mage in Black - Red-Headed Stepchild Trilogie 2
entlangstürmte. Neben mir wurde eine weitere Tür geöffnet, und ein gehörnter Kopf blickte heraus. Auch Giguhl sah Orpheus einen Moment lang nach. Dann schaute er mich fragend an. »Was war das denn?«
Ich atmete langsam aus. »Da scheint jemand nicht sonderlich glücklich darüber zu sein, dass Maisie gestern Abend ein bisschen Spaß haben wollte.«
Auf Giguhls Gesicht zeigte sich Besorgnis. »Du glaubst doch nicht, dass er von ihr verlangt, Valva zurück nach Irkalla zu schicken, oder?«
Ich zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht, Giguhl. Er freut sich jedenfalls nicht darüber, dass Valva hier ist. Aber ich habe keine Ahnung, ob er auch die Macht hat, Maisie zu befehlen, sie wieder wegzuschicken. Ich spreche heute Abend mit ihr und frage mal
nach, ob sie schon mehr über diese merkwürdige Verwirrung beim Übertragungszauber weiß. Einverstanden?«
Giguhl wollte mir gerade antworten, als hinter ihm ein goldener Arm auftauchte. Valvas Finger umschlangen seinen Arm. »Komm zurück ins Bett, mein kleiner Unheilstifter.« Ihre hohe Stimme war gedämpft, aber unverwechselbar.
»Eine Minute. Ich komme gleich, mein hübscher Pfau«, sagte er. Dann wandte er sich wieder an mich. »Sprich mit Maisie.«
Ich nickte. »Ich gehe jetzt zur Versammlung des Hekate-Rats. Vielleicht kann ich ja danach in Ruhe mit ihr sprechen.«
»Danke, Sabina.«
Die goldenen Hände zogen ihn wieder in den Raum, dann schlug die Tür zu. Einige Sekunden später war bereits ein Kichern und Stöhnen zu hören, das im ganzen Flur widerhallte. Ich sandte ein Dankgebet zu Lilith, dass ich mein eigenes Zimmer hatte. Giguhls und Valvas Sex-Marathon hatte mich bereits den ganzen Tag über immer wieder geweckt, und ich hätte mich inzwischen lieber selbst gepfählt, als einer weiteren Runde zuhören zu müssen.
Ich packte meine Waffe und schob sie in das Halfter, das ich mir um den Schenkel gebunden hatte. Unter dem Chiton fiel sie nicht weiter auf. Der Rat erlaubte zwar keine Waffen in der Ratskammer, aber was er nicht wusste, konnte er auch nicht verbieten. Nach Lennys Enthüllungen in der Nacht zuvor hatte ich keine Lust, in einem Raum voller Magier zu sitzen, ohne eine Waffe in Reichweite zu haben. Ich brauchte erst noch mehr Übung in meinen neu gewonnenen Zauberkräften, bis ich ohne
Waffe auskam. Aber mit der Pistole hatte ich mehr als genug Erfahrung. Und ich würde nicht zögern, diese Erfahrung auch einzusetzen, wenn mir jemand nach dem Leben trachtete.
Von meinem Platz in der ersten Reihe konnte man die Anspannung der Versammelten gut spüren. Die Geschehnisse letzte Nacht im Aderlass hatten die Aufregung über die bevorstehende Zusammenkunft noch erhöht. Maisie warf Orpheus immer wieder vorwurfsvolle Blicke zu. Er weigerte sich, sie anzusehen und zog es stattdessen vor, mich finster anzustarren. Ich dagegen richtete mein Augenmerk lieber auf den kleinen Mann, der links von Orpheus saß.
Mit seinen hohen Wangenknochen und der schimmernden Haut musste er ein Angehöriger des Feenvolkes sein. In seinem grünen Samtmantel und dem weißen Rüschenhemd steckte ein muskulöser Oberkörper. Die langen braunen Haare bedeckten seine Ohren, aber ich hätte all mein Geld darauf verwettet, dass sie oben spitz zuliefen. Kurz gesagt: Er sah hinreißend aus. Aber das war nicht der Grund, warum ich ihn beobachtete. Verachtung sprach aus dem elegant geschwungenen Mund und verengte die mandelförmigen Augen, während er mich musterte.
Sah ganz so aus, als sei der Abgesandte der Königin nicht gerade ein Fan von mir. Da wir uns zuvor noch nie begegnet waren, überraschte mich seine Haltung. Doch noch ehe ich mir Gedanken darüber machen konnte, schlug Orpheus mit seinem kleinen Hammer auf den Tisch.
»Hiermit erkläre ich diese Zusammenkunft des altehrwürdigen
Rates der Hekate für eröffnet und bitte um Ruhe.«
Im Raum wurde es still. Nur hier und da konnte man noch hören, wie jemand hin und her rutschte, um eine bequeme Sitzposition auf diesen unverschämt kleinen Kissen zu finden. Ich sah Maisie an und schenkte ihr ein ermutigendes Lächeln. Sie versuchte es zu erwidern, doch ihre Lippen brachten es nur zu einer gequälten Grimasse.
Arme Maisie, dachte ich. Jetzt, da ich um ihre Schwierigkeiten mit den Visionen wusste, konnte ich mir vorstellen, unter welchem enormen Druck sie stand.
»Wie Ihr wisst, hat sich der Rat mit der Frage auseinandergesetzt, ob wir den Dominae den Krieg erklären sollen. Wir wissen, Ihr alle wartet auf
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