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Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Titel: Roter Hibiskus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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Schreie ertönten, blickte sie Lorna an. In jenem Moment spürte sie ein tiefes Band, eine Stärke, die von ihrer Mutter auf sie überging. Und auch das Baby war darin eingeschlossen – dieser neue Mensch, der ein Teil von ihnen war und doch einzigartig.
    »Er ist perfekt«, murmelte Mara und berührte die kleinen Finger.
    »Du warst auch so ein perfektes Baby«, sagte Lorna.
    Kefas Stimme drang zu ihnen. »Ist alles in Ordnung?«
    Mara lächelte und schmiegte ihren Kopf an das Köpfchen. Durch einen Tränenschleier blickte sie ihre Mutter an. »Sag ihm, dass alles gut ist. Sehr gut.«
    Durch die offene Tür des Landrovers blickte sie zum Himmel. Tiefe Freude und Dankbarkeit erfüllten sie.
    Hier ist dein Sohn, John. Dein kleiner Junge.

    Während ihres Besuchs in Raynor Lodge war Lorna sorglos und lebendig gewesen. Sie war nicht müde und hatte auch keine Kopfschmerzen; die Erfahrung der Entbindung und die Flucht aus den engen Grenzen ihrer Welt hatten sie anscheinend verwandelt. Sie hatte Mara gezeigt, wie sie mit Jesse umgehen musste, oder hatte Menelik in der Küche geholfen. Sie hatte mit Dudu Gemüse in der shamba geerntet und Blumensträuße in der Lodge verteilt. Wenn ihre Tochter schlief oder sich um das Baby kümmerte, hatte sie die Rolle der Gastgeberin übernommen und mit den Kunden geplaudert, wenn sie mit ihren afrikanischen Führern von der Wildbeobachtung zurückkamen.
    Die kostbare Zeit war nur allzu schnell zu Ende gegangen. Als sie sich voneinander verabschiedeten, hatte Mara versprochen, jede Woche einen Brief an ihre Mutter zu schreiben – ein Versprechen, das sie viele Jahre lang gehalten hatte. Sie hatte ausführlich über Jesses Leben berichtet, der, umgeben von Liebe und Freundschaft, in der Lodge und im Dorf aufwuchs. Jeder Entwicklungsschritt – jeder Unfall, jede Krankheit und jeder kleine Triumph – war auf den dünnen blauen Bögen des Luftpostpapiers, das dann quer durch die Welt geschickt wurde, gewissenhaft festgehalten worden.
    Obwohl sie davon gesprochen hatten, dass Lorna noch einmal die weite Reise nach Tansania antreten sollte, war es nie mehr dazu gekommen. Stattdessen waren Mara und Jesse Jahre später nach Tasmanien gereist. Endlich hatten sie wieder von Angesicht zu Angesicht miteinander sprechen können, und sie hatten neue Pläne gemacht. Aber das war jetzt schon lange vorbei. Lorna war vor einem Jahr gestorben, nur ein paar Wochen nach Maras Vater, als ob sie am Ende keine andere Wahl gehabt hätte, als dem Weg zu folgen, den ihr Ehemann eingeschlagen hatte. Mara war froh, dass ihr Sohn wenigstens noch viel Zeit mit den Großeltern hatte verbringen können. Dem Jungen war es sogar gelungen, sich einen Platz im Herzen seines Großvaters zu erobern. Das gehörte zu den positiven Dingen, die aus der qualvollen Entscheidung entstanden waren, Tansania und Raynor Lodge zu verlassen.
    Mara erinnerte sich noch ganz genau an den Tag, an dem sie den Entschluss gefasst hatte. Jesse sollte sein erstes Studienjahr an der Rift Valley Academy in Kenia antreten. Mara hatte bereits das Schulgeld bezahlt. Wie es die Hemdens gemacht hatten, war Jesse in der Grundschule per Fernunterricht unterwiesen worden, aber jetzt war er fast dreizehn, und er musste in ein Internat. Mara war zu Bina gefahren, um in ihrem Warenhaus die Blechkiste zu kaufen, in der ihr Sohn seine Habseligkeiten verpacken sollte. Als sie Jesses Namen auf den Deckel malte, hatte sie sich gesagt, dass sie ihn ja schließlich nicht nach England schickte. Kenia lag ebenfalls in Afrika, und die Akademie hatte einen guten Ruf. Aber alle Argumente kamen nur aus ihrem Kopf; ihr Herz blieb stumm. Die Aufgabe, Jesses Kleider einzupacken, war fast mehr gewesen, als sie ertragen konnte; unzählige Male hatte sie vor einer offenen Schublade gestanden und den vertrauten Jungengeruch nach Leder, Bleistiften und dem Leim auf seinen Modellflugzeugen eingeatmet.
    Schließlich war der Tag gekommen, an dem Mara und Jesse nach Arusha zum Flughafen fahren mussten. Die Blechkiste wurde hinten auf den Landrover geladen, und alle Angestellten hatten sich auf dem Parkplatz versammelt, um Lebewohl zu sagen. Im letzten Moment hatte sich der Junge an die Elefantenstoßzähne am Lodge-Eingang geklammert und sich geweigert, sie loszulassen. Zuerst hatte sie es mit gutem Zureden versucht, dann mit Flehen, und als das alles nichts half, hatte Mara sich gezwungen gesehen, die Arme des Kindes mit Gewalt zu lösen und ihn zum Landrover zu zerren. Sein

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