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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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Miene. »Ich muß Lo Sung doch weiterhin mit Berichten füttern, um ihn in Sicherheit zu wiegen.«
    »Das ist klug gedacht«, erwiderte Cooper anerkennend. »Dabei darfst du die Orte der Handlung niemals ändern, denn der Zufall könnte ihm die Wahrheit zuspielen. Alles wäre dann umsonst gewesen.«
    »Das ist ebenfalls klug gedacht!« entgegnete sie und tippte ihm auf die Nasenspitze.
    Gordon Cooper ergriff ihre Hand. »Und was wird aus uns beiden?«
    Su-su blickte nachdenklich vor sich hin. »Woher soll ich das wissen? Gegen Diebe schützt man sich, indem man beispielsweise eine Truhe mit einem Schloß versieht. Das gebietet der Verstand. Wenn nun aber ein starker Dieb kommt, dann trägt er die Truhe auf seinen Schultern davon und hofft, daß das Schloß solide ist und nicht aufspringt. Somit läuft das, was wir Verstand nennen, auf den Beistand hinaus, den wir starken Dieben leisten.«
    Cooper stellte keine Frage mehr. Er war Realist, wo Su-su versuchte, ihr Leben träumend zu erhalten.
    Ein aprikosenfarbener Himmel leuchtete über Hongkong, als Su-su am nächsten Morgen in verzückter Erinnerung an den vergangenen Abend auf Gordon Cooper wartete, der sie verabredungsgemäß mit in die Stadt nehmen wollte. In Gedanken hatte sie die ganze Nacht über in seinen Armen gelegen, halb schlafend, halb wachend, mit brennenden Augen und sehnsüchtig geöffneten Lippen. Wie sanfte Wellen waren Coopers Hände über sie hinweggeglitten. Mit dem sicheren Instinkt des überlegenen Mannes hatte er sie geführt, um schließlich unnachgiebig wie ein Orkan auf sie einzustürmen. Noch immer empfand sie die glückliche Erschöpfung, die sich wie ein Geschenk des Himmels auf sie herabgesenkt hatte.
    Als Rajan zur vereinbarten Zeit vorfuhr, sah sie nur Coopers Hand, die sich ihr entgegenstreckte, um ihr beim Einsteigen behilflich zu sein. Seine Nähe ließ ihre Nerven vibrieren. Keines Wortes mächtig nahm sie neben ihm Platz, und sie war ihm unendlich dankbar dafür, daß er sie nichts fragte und weder über den vergangenen noch den kommenden Abend mit ihr sprach. Sie war von jener Liebe erfüllt, welcher in großen Augenblicken alles zuviel und alles zuwenig ist. Traumhaft war es für sie, die Wärme des Mannes zu spüren, der ihr eigenes Ich ausgebrannt und durch ein ihr noch unerklärliches Etwas ersetzt hatte. Als Su-su sich später am Blake Pier von Gordon Cooper trennte und mit einer Barkasse nach Kowloon hinüberfuhr, schaute sie wie verzückt auf ihren Handrücken, den er zum Abschied geküßt hatte. Es mochte dumm sein, was sie tat, aber spielt die Vernunft angesichts des beseligenden Gefühls, geliebt und geachtet zu werden, schon eine ausschlaggebende Rolle?
    Gordon Cooper ging es nicht viel anders. Auch ihn erfüllte die Wärme und Leidenschaft, die ihm am vergangenen Abend entgegengeschlagen war, und ohne sich dessen bewußt zu sein, schnupperte er auf dem Weg zum Mandarin Hotel, dessen Friseursalon er aufsuchen wollte, mehrfach an seiner Hand, um sich Su-sus Parfüm nochmals zu vergegenwärtigen. Im Gegensatz zu seiner Geliebten, zu der er sich mehr hingezogen fühlte, als er es jemals für möglich gehalten hätte, beschäftigten sich seine Gedanken jedoch schon mit Aufgaben, die sich aus den Feststellungen und Überlegungen des vergangenen Tages für ihn ergaben. Als erstes wollte er sich Klarheit über jenen Mann verschaffen, der laut Bericht der Marinepolizei am 15. April während eines Gefechtes von vielen Geschossen getroffen worden war und im Sterben zweimal den Namen der ›British Chinese Ex- and Import Company‹ genannt hatte. Er begab sich deshalb in das luxuriöse Mandarin Hotel und ließ sich dort von dem als Friseur getarnten V-Mann ›Richard‹ bedienen, den ihm Polizeihauptmann Collins anläßlich der Durchsuchung des Hauses von Ivo Sorokin genannt hatte. Als sein Haar geschnitten war, übergab er mit dem Trinkgeld einen Zettel, auf dem die wenigen Worte standen: »Erbitte Verhör in alter Sache. G. C.«
    Captain Collins arbeitete prompt. Bereits zwei Stunden später übergab ein Beamter der Hongkonger Stadtpolizei der Sekretärin Ah Boons eine an Gordon Cooper gerichtete Vorladung, die dieser wenige Minuten darauf in Gegenwart von Lo Sung wütend zusammenknüllte.
    »Was die Herren sich erlauben, ist unglaublich«, erregte er sich künstlich. »Ich soll in der Sache meines betrügerischen Verwandten noch heute zur Vernehmung erscheinen. Dabei weiß ich über die Unterschlagung ebensowenig wie Sie, Ihr

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