Roter Lampion
mit dem Kauf beziehungsweise Verkauf von Waffen zusammenhängende Nachricht umgehend mitzuteilen.«
»Grenzt das nicht an Spionage?« fragte Gordon Cooper, sich naiv stellend.
Ah Boon schüttelte den Kopf. »Wenn das der Fall wäre, würden wir uns hüten, die genannten Aufträge zu erteilen. Wir erfahren keine geheimen Dinge, sondern lediglich, was in den Wandelgängen der Ministerien gesprochen wird.«
Bis zum Mittag unterhielt sich der Chinese mit Gordon Cooper über alle möglichen geschäftlichen Dinge, dann führte er ihn in Ivo Sorokins extrem modern eingerichteten Arbeitsraum und sagte mit fast feierlicher Stimme: »Dies wird nun für eine Weile Ihr Reich sein. Ich hoffe, daß es Ihnen gelingt, meinen Kompagnon bald würdig zu vertreten.«
Während Ah Boon dies sagte, kam Cooper sich plötzlich hinterhältig vor. Man setzte die größten Hoffnungen in ihn, er hingegen schickte sich an, auf mehr oder weniger unerlaubte Weise die Geschäftsgeheimnisse einer Firma zutage zu fördern. Und nicht nur das. Er ließ sich für diese Tätigkeit auch noch ein beachtliches Gehalt zahlen, handelte also eindeutig gegen Treu und Glauben. Würde er den Knoten, an dem er pausenlos knüpfte, jemals wieder lösen können? Weder der Leiter des Secret Service noch er selbst hatte den ihm erteilten Auftrag in all seinen Konsequenzen durchdacht, nun aber, da er erreicht hatte, was er in seinen kühnsten Träumen nicht für möglich gehalten hätte, erkannte er, daß er in etwas hineingerutscht war, das weit über seine Aufgabe und Kompetenz hinausging.
»Gefällt Ihnen der Raum?« erkundigte Ah Boon sich höflich.
»Sehr!« antwortete Cooper verwirrt, da er in Gedanken versunken gewesen war. »Ich bin so beeindruckt, daß ich nicht weiß, was ich sagen soll. Die herrliche Einrichtung, der Blick über den Hafen – alles hier ist unbeschreiblich schön.«
Ah Boon lächelte. »Ja, es ist schön hier. Doch jetzt werde ich Sie entführen«, fügte er nach einer kurzen Pause hinzu. »Und zwar in ein Restaurant mit kantonesischer Küche!«
Gordon Cooper bedankte sich für die Einladung, und es war interessant für ihn, mit Ah Boon durch die Straßen Hongkongs zu schlendern. Er lernte dadurch nicht nur die parallel zum Ufer verlaufenden asphaltierten Avenuen, sondern auch die sie kreuzenden, den Berg hinaufführenden Treppengassen kennen, in denen chinesisches Leben sich unverfälscht abspielt.
An einer Stelle wies Ah Boon zu der vor wenigen Jahren noch alle Gebäude überragenden ›Bank of China‹ hinüber und sagte sichtlich bewegt: »Wir verdanken diesem Unternehmen sehr viel, und ich möchte Sie deshalb bitten, keinem der unzähligen Märchen zu glauben, die über diese Bank erzählt werden.«
Gordon Cooper dachte sich seinen Teil und erwiderte: »Mister Sorokin informierte mich bereits darüber, daß Sie gute Verbindungen zu ihr unterhalten.«
»Sehr gute sogar!« betonte Ah Boon. »Meine Freunde sind die leitenden Herren. Wir kennen uns aus Shanghai, wo ich ein Exporthaus besaß. Im Gegensatz zu mir verließen meine Freunde die Stadt jedoch nicht aus politischen beziehungsweise wirtschaftlichen Gründen. Sie kamen als Mitglieder der Partei hierher.«
»Und trotz Ihrer unterschiedlichen Auffassungen sind Sie gute Freunde geblieben?«
Ah Boon blickte unsicher zu ihm hoch. »Wie soll ich das verstehen? Unterschiedliche politische Auffassungen machen doch keine Feinde.«
»Nicht unbedingt«, entgegnete Cooper. »Aber zwischen Kommunisten und…«
»Wir sind Chinesen«, unterbrach ihn Ah Boon ungewöhnlich energisch. »Zwischen unserem und dem europäischen Denken klafft ein Abgrund, der es mir geraten erscheinen läßt, das Thema zu meiden. Übrigens erwuchs die zwischen Mister Sorokin und mir bestehende Freundschaft durch das Vermeiden gewisser Themen.«
»Interessant«, entfuhr es Cooper. »Kennen Sie sich eigentlich schon lange?«
»Hah, seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Mister Sorokin kam damals als blutjunger Mann nach Shanghai. Er trat in meine Firma ein, doch nach der Niederlage Tschiang Kai-scheks verließ er die Stadt und ging nach Hongkong, wo wir uns dann viele Jahre später zufällig wiedertrafen.«
Warum hat Sorokin mir verschwiegen, daß er seinen Kompagnon in Shanghai kennenlernte, fragte sich Cooper gerade, als Ah Boon plötzlich stehenblieb und besorgt zu ihm hochschaute.
»Ich glaube, das hätte ich für mich behalten sollen«, sagte er nervös.
»Aber warum denn?« erkundigte sich Cooper, ohne
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