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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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nach, was man tun könnte, um eine Klärung herbeizuführen.‹
    Nachdem Gordon Cooper den Brief beendet und in einen Umschlag gesteckt hatte, schob er ihn unter sein Kopfkissen, da ihm kein Platz im Haus mehr sicher genug erschien. Zumindest war es für den Boy Tim, der jeden Morgen unbemerkt in sein Zimmer schlich und ihn mit einer Tasse Tee in der Hand weckte, kein Problem, alle Sachen zu durchsuchen. Cooper traute niemandem mehr, und aus diesem Grunde erkundigte er sich am nächsten Vormittag absichtlich bei Lo Sung, wo sich die britische Administration befinde, die er seines Passes wegen aufsuchen müsse. Das stimmte freilich nicht. Er wollte lediglich keinen Verdacht erwecken, wenn Lo Sung feststellen sollte, daß er die britische Behörde aufsuchte, bei der er nichts anderes tat, als seinen Brief zur ›Weiterbeförderung im Kuriergepäck‹ abzugeben.

12
     
     
     
    Eines Morgens weckte Cooper nicht der Boy Tim, sondern der Lärm von Knallfröschen, die von der kreischend durch den Garten rennenden Dienerschaft abgefeuert wurden. Ihr Gebaren steigerte sich zu einer solchen Raserei, daß Cooper schließlich erbost auf die Terrasse hinaustrat, um für Ruhe zu sorgen.
    »Seid ihr denn total verrückt geworden?« rief er aufgebracht und beorderte den Boy zu sich. »Was ist los mit euch? Warum macht ihr solchen Krach?«
    Tim bleckte grinsend die Zähne. »Mister nicht können verstehen. Sehr viel mächtig Bumm! Ganz sehr viel mächtig Bumm!«
    »Hört auf damit!« befahl Cooper, da er das ›Bumm‹ auf den von Knallfröschen verursachten Krach bezog. »Ich bin den Lärm leid und möchte schlafen.«
    Der Boy nickte und zog einen Feuerwerkskörper aus der Tasche. »Schlafen wollen – können«, sagte er ungerührt und zündete ein Streichholz an.
    Cooper verlor die Beherrschung. Er gab dem kleinen Chinesen eine Ohrfeige, die ihn der Länge nach zu Boden schlagen ließ.
    »Ai-ya! Ai-ya!« schrie Tim wie von Sinnen und rannte wie ein Wiesel davon. Und als habe er das Signal gegeben, verschwanden plötzlich auch alle anderen von der Bildfläche.
    Merkwürdige Geschichte, dachte Cooper, doch er würde noch eigenartiger berührt gewesen sein, wenn er gewußt hätte, daß ihm die Ohrfeige viel Gesicht eingebracht hatte. Das Personal mochte ihn nicht, weil er niemals Befehle erteilte. Nun aber hatte er gezeigt, daß er sich nicht auf dem Kopf herumtanzen ließ. Er war also doch ein Herr, und das zu wissen tat mächtig gut.
    Dementsprechend servierte ihm der Boy den Tee an diesem Morgen mit besonders strahlendem Gesicht, wie er sich nunmehr auch mit vor der Brust gefalteten Händen vor Cooper verneigte, was er bis dahin nur bei der ersten Begrüßung getan hatte.
    Den Grund des frühmorgendlichen Feuerwerkes aber erfuhr Gordon Cooper erst, als er mit dem indischen Chauffeur in die Stadt fuhr und sich nach der Ursache des Spektakels erkundigte.
    »Man feiert die im Radio gemeldete Explosion der ersten chinesischen Wasserstoffbombe«, sagte ihm Rajan unbewegt.
    Cooper glaubte nicht richtig zu hören. »China hat eine Wasserstoffbombe gezündet?«
    »Ja, über der Wüste von Sinkiang. Ihre Sprengkraft soll dreihundertmal größer als die der Atombombe von Hiroshima sein.«
    »Das ist ja unglaublich«, erwiderte Cooper betroffen.
    Der Inder strich sich über den Bart. »Was ich nicht verstehen kann, ist die Tatsache, daß die vor dem Kommunismus geflüchteten Chinesen die Explosion der Bombe feiern.«
    Cooper nickte gedankenverloren vor sich hin. »Was mag in den Köpfen dieser Menschen vor sich gehen? In ihrem Nationalstolz tolerieren sie den Kommunismus. Hoffentlich sind das Einzelerscheinungen.«
    »Nein, Sir«, erwiderte Rajan selbstsicher. »Mit Ausnahme der Gefolgschaft Tschiang Kai-scheks werden heute so ziemlich alle Chinesen jubeln.«
    Wie recht der Inder hatte, zeigte sich, als sie die Stadt erreichten, in der allenthalben Knallfrösche explodierten. Die Menschen schrien und jubelten, und sogar der sonst stets zurückhaltende Ah Boon war nicht wiederzuerkennen. Glücklich lächelnd durchwanderte er die Büroräume, um allen Angestellten die Hand zu reichen.
    »Ich begreife Ihre Freude nicht«, sagte ihm Cooper in aller Offenheit, als er mit ihm allein war. »Mit der Wasserstoffbombe erringt der chinesische Kommunismus doch die Insignien der Furcht und des Schreckens!«
    »So kann man es nennen«, entgegnete Ah Boon nachsichtig. »Als Chinese betrachte ich die Dinge aber von einer anderen Warte. Für mich ist die

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