Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
Vom Netzwerk:
besser schmeckt. Dann weiß ich für morgen Bescheid. Stell die Flaschen auf den Schreibtisch und verschwinde. Ich habe zu arbeiten und möchte nicht gestört werden. Gute Nacht.«
    »Nacht, Mister«, erwiderte Tim, schob die Flaschen in silberne Thermohüllen und stellte sie mit zwei Gläsern auf den Schreibtisch.
    Cooper schenkte sich ein und ging auf die Terrasse hinaus, die im Licht des hoch am Himmel stehenden Mondes lag. Er war nicht in der Stimmung, einen sachlichen Bericht aufzusetzen, und er überlegte eben, ob er Harrison nicht erst am nächsten Tag schreiben solle, als seine Gedanken zu Su-su wanderten, der er versprochen hatte, sie am nächsten Abend wieder abzuholen. Er zwang sich deshalb, in den Raum zurückzugehen und am Schreibtisch Platz zu nehmen.
    Die ersten, allgemein gehaltenen Sätze gingen ihm flott von der Hand, dann aber, als er konkret werden mußte, stockte er, um die richtige Formulierung zu finden. Dabei schaute er unwillkürlich auf eine an der gegenüberliegenden Wand hängende Farbstudie, deren Komposition ihn fesselte. Um sich nicht ablenken zu lassen, legte er den Kopf in den Nacken und blickte zu dem Haken empor, an dem das von einer Seidenkordel gehaltene Bild hing. Es war ein normaler Leistenhaken, aber irgend etwas an ihm ließ Gordon Cooper plötzlich stutzen. Funkelte er nicht bei einer bestimmten Blickrichtung? Cooper bewegte den Kopf. Tatsächlich, manchmal blitzte der Haken in der Mitte seiner gewölbten Erhöhung wie ein kleiner Brillantsplitter auf.
    Eine unheimliche Ahnung überkam ihn. Hatte er selbst nicht einmal einen solchen Gegenstand über der Fensterdekoration eines Hotelzimmers angebracht? Ohne ein Geräusch zu verursachen, erhob er sich und holte aus dem Nebenraum einen Stuhl, stellte ihn behutsam unter das Bild und stieg auf ihn, um sich den Haken aus der Nähe anzusehen. Es gab keinen Zweifel: die gewölbte Erhöhung des Hakens war aufgebohrt, und darunter befand sich ein winziges Geheimmikrophon, dessen Rand ein wenig herausschaute und das einfallende Licht in einem bestimmten Winkel reflektierte.
    Hier ist mehr los, als zu vermuten war, dachte Cooper, als er den Stuhl leise zurücktrug und wieder am Schreibtisch Platz nahm. Aus der Existenz des Mikrophons ergab sich für ihn die Frage, ob die drahtlose Abhöranlage ihm selbst galt oder Ivo Sorokin. Und wer bediente den Empfänger, der sich in der Nähe befinden mußte? Es war ziemlich sicher, daß sich das mit einer Tonbandanlage gekoppelte Gerät im Haus befand. Irgend jemand vom Personal mußte den Empfänger und das Aufnahmegerät bedienen, aber wie konnte er, Gordon Cooper, die betreffende Person ausfindig machen, ohne sich zu verraten?
    Sosehr Cooper über diese Frage nachgrübelte, er fand keinen Weg, den Fall im Alleingang zu klären. Er überdachte deshalb die Gesamtsituation und kam nicht umhin, sich einzugestehen, daß er aller Wahrscheinlichkeit nach bereits mehrfach düpiert worden war. Von wem, das wußte er nicht. Lo Sung kam in Frage, vielleicht sogar auch Su-su. Hierüber mußte er sich Gewißheit verschaffen, und bevor er diese nicht besaß, erschien es ihm unzweckmäßig, Harrison einen Bericht zu geben. Er zerriß deshalb den bereits beschriebenen Bogen in kleine Fetzen und ließ ihn in der Toilette seines Bades verschwinden. Dann begab er sich ins Bett und hoffte, daß sich ein so liebenswertes Geschöpf wie Su-su nicht als gerissene Agentin entpuppen würde.
    Gordon Cooper war sich bereits darüber im klaren, wie er sich Gewißheit verschaffen konnte. Er wurde am nächsten Tag jedoch auf eine harte Probe gestellt, da Lo Sung, mit dem er sich zunächst unterhalten wollte, nicht im Büro erschien, sondern sich noch in Kanton ›amüsierte‹, wie sein Onkel Ah Boon nachsichtig lächelnd erklärte. Um sich abzulenken, wühlte Cooper in Akten herum, die er gewissenhaft studierte, um jede durchgeführte Transaktion kennenzulernen. Daß ihm dieser Einblick gewährt wurde, sprach dafür, daß man nichts zu verheimlichen hatte. Andererseits war nicht anzunehmen, daß Geschäftsakten Hinweise auf eine Untergrundorganisation enthielten, wenn eine solche bestand.
    Um so zwiespältiger waren die Gefühle, mit denen Gordon Cooper dem Treffen mit Su-su entgegensah, die an diesem Abend erst ab acht Uhr für ihn Zeit hatte, da sie zum Spätdienst eingeteilt worden war. Sie sah wieder entzückend aus und schien in einer Hochstimmung zu sein, denn sie richtete an Cooper sogleich die Bitte, sie in den

Weitere Kostenlose Bücher