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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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Volksrepublik nichts anderes als eine der vielen Dynastien, die vorher kamen und gingen. Gleichgültig ob sie gut oder schlecht waren, sie alle verschwanden eines Tages wieder. China aber blieb bestehen, und ich bin stolz, ein Sohn des Reiches der Mitte zu sein, das bis in das vierzehnte Jahrhundert als Wiege der Erfinder und Techniker galt und sich nun anschickt, sich seines alten Ruhmes würdig zu erweisen.«
    »Unser Denken ist wirklich sehr verschieden«, erwiderte Cooper nach kurzer Überlegung. »Im Prinzip ist mir Ihr Gedankengang natürlich verständlich, aber man kann doch unmöglich mit Leuten paktieren, die dem Menschen keinerlei individuelle Freiheit einräumen.«
    »Wenn Amerikaner mit Russen paktieren können, werden Chinesen sich nicht gegenseitig auffressen müssen«, entgegnete Ah Boon und fügte lächelnd hinzu: »Im übrigen ist der heutige Tag auch für unsere Firma von besonderer Bedeutung, denn wir haben viele Geräte und Materialien zur Erstellung eines Zwanzig-Millionen-Volt-Zyklotrons geliefert, ohne das China vielleicht noch nicht so weit wäre, wie es nun gekommen ist.«
    Trotz seiner Überraschung gelang es Gordon Cooper, nüchtern zu reagieren. »Haben Sie vielleicht auch die erforderlichen Blaupausen für die Atom- und Wasserstoffbombe beschafft?« fragte er lachend.
    Ah Boon machte ein ernstes Gesicht. »Mir scheint, Sie sind sich der Gefährlichkeit Ihrer Frage nicht bewußt. Blaupausen? Das wäre Werkspionage!«
    »In diesem Falle sogar noch mehr«, ergänzte Cooper kaltschnäuzig.
    »Eben! In atomarer Hinsicht haben nicht einmal die Russen Pläne und Pausen zur Verfügung gestellt.«
    Für Gordon Cooper stand es plötzlich fest, daß sich Ivo Sorokins Partner nicht nur in finanztechnischen Dingen hervorragend auskannte. Erstaunlich war es jedoch für ihn, daß Ah Boon offen mit ihm über durchgeführte Lieferungen von Geräten zur Erstellung eines leistungsstarken Zyklotrons sprach. »Ich wundere mich eigentlich darüber, daß Sie Material für einen Beschleuniger kleinster Teilchen beschaffen konnten«, entgegnete er, um dieses Thema wieder aufzunehmen.
    Der Chinese lächelte hintergründig. »Darüber haben sich viele gewundert, und unserer Firma hat die Lieferung das Vertrauen meiner Landsleute eingebracht. Dabei haben wir gegen keines der bestehenden Gesetze verstoßen. Mister Sorokin hatte nur den genialen Gedanken, einen versierten Physiker zu beauftragen, eine Liste aller für ein Zyklotron benötigten Teile zu erstellen. Das Weitere werden Sie sich denken können. Wir lieferten gewissermaßen ein auseinandergenommenes Fahrrad.«
    Was Cooper zu hören bekam, verblüffte ihn nicht so sehr wie die Tatsache, daß Ah Boon ungeniert Firmeninterna preisgab. Bereits bei seiner Erzählung von Ivo Sorokins Aufenthalt in Shanghai hatte Cooper sich über die Unbedenklichkeit gewundert, mit der Ah Boon ihm alles anvertraute, nun aber fragte er sich ernstlich, ob Sorokins Kompagnon mit seinen freimütigen Äußerungen etwas bezwecke oder nur ein Schwätzer sei. Er kam zu dem Ergebnis, daß weder das eine noch das andere der Fall sein könne. Ein routinierter Finanzexperte konnte einfach kein Tölpel sein, und es war absurd, ihm irgendeine böse Absicht zu unterstellen. Seine überraschende Offenheit mußte in dem Vertrauen liegen, das er zu ihm, Gordon Cooper, aufgrund einer von Ivo Sorokin angestimmten Lobeshymne gefaßt hatte.
    Wohin Cooper blickte, überall tauchten Fragen auf, nirgendwo aber fand er einen konkreten Hinweis dafür, daß die ›British Chinese Ex- and Import Company‹ der Deckmantel eines internationalen Spionageringes sein könnte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich mit Geduld zu wappnen und zu hoffen, daß ihm das Glück eines Tages jenen Fingerzeig geben würde, ohne den selbst der tüchtigste Geheimagent nicht auskommen kann.
    Der Himmel begann sich zu bewölken, und die Luftfeuchtigkeit nahm sprunghaft zu, als Gordon Cooper am Abend zum Blake Pier hinüberging, um Su-su abzuholen, die wieder einmal Spätdienst hatte. Er traf sich täglich mit ihr, wenngleich es ihm manchmal lieber gewesen wäre, sie nicht zu sehen. Ihr exotisches Flair brachte sein Blut in Wallung und machte es ihm schwerer, sich ihr nicht als Mann zu nähern. Er hatte zwar einmal geglaubt, ihr gegenüber keine Skrupel mehr haben zu brauchen, ihr Liebreiz aber war stärker als sein mehrfach gefaßter Vorsatz, alle Bedenken beiseite zu schieben und sich zu nehmen, was sie ihm

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