Roter Lampion
›Paramont Ballroom‹ zu führen, von dem sie schon viel gehört habe, in dem sie aber noch nicht gewesen sei.
»Ich war überhaupt noch nie in einem Nachtklub«, fügte sie treuherzig hinzu und schaute zu Cooper wie ein Kätzchen hoch, das miauend um die Beine streicht.
»Dann wird es natürlich höchste Zeit«, erwiderte er, da es ihm angesichts der Frage, die er an Su-su richten wollte, ganz lieb war, nicht mit ihr allein zu sein. »Sie müssen mir nur erklären, wo sich der ›Paramont Ballroom‹ befindet.«
Sie zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht. Vielleicht kann Ihr Chauffeur es uns sagen.«
Rajan wußte Bescheid und brachte sie zu einem durch keine Leuchtreklame und kein Schild gekennzeichneten Nachtklub, der seine Räume im Dachgeschoß eines Hochhauses hat und nur Mitgliedern Zutritt gewährt. Mitglied aber wird man durch Eintragen seines Namens in ein Buch, das vor der Eingangstür ausliegt.
»Etwas ernüchternd«, sagte Cooper, als er sich anschickte, Su-su in die Bar zu führen. Gleich darauf war er jedoch so überrascht, daß er stehenblieb, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand geprallt. Vor ihm lag eine geschmackvoll eingerichtete Bar, die gewissermaßen in einem erleuchteten Aquarium untergebracht war, in dem schillernde Zierfische zwischen Seerosen und bizarren Wasserpflanzen umherschwammen. Alle Wände des Raumes waren aus Glas, und das grün schimmernde Licht des Wassers gab der Bar einen gespenstig intimen Charakter. Und darauf kam es dem Besitzer wohl an; denn der Reiz des Ballrooms lag im ungenierten Sichgeben der allen Rassen und Nationen angehörenden Gäste, denen nicht ein Tropfen Alkohol, sondern nur fade schmeckender grüner Tee verabreicht und Gelegenheit geboten wurde, nach den Klängen einer philippinischen Kapelle mit chinesischen Mädchen zu tanzen.
Die Atmosphäre behagte Su-su offensichtlich nicht, denn sie machte einen etwas unglücklichen Eindruck, als sie an einem kleinen Tischchen Platz genommen hatten. Cooper hingegen fand es interessant, dem bunten Treiben zuzuschauen. Unabhängig davon waren ihm der Trubel und das schummrige Licht gerade recht für die Frage, die er an Su-su stellen wollte. Er steuerte jedoch nicht direkt auf sein Ziel los, sondern erkundigte sich wie nebenbei, warum ihr Freund sie nie in einen Nachtklub geführt habe.
»Er haßt Jazzmusik und alles, was modern ist«, antwortete sie bedrückt.
»Das ist aber merkwürdig«, erwiderte Cooper im Bestreben, das Thema nicht fallenzulassen. »Ist er viel älter als Sie?«
Su-su schüttelte den Kopf. »Er ist fünfundzwanzig.«
»Haben Sie ihn hier in Hongkong kennengelernt?«
Ihr Köpfchen senkte sich wie eine Blume, die ihre Kraft verliert. »Nein. Wir sind beide aus Nanking. Er hat mich mitgenommen.«
»Also eine Jugendfreundschaft«, entgegnete Cooper, dem es plötzlich schwerfiel, weitere Fragen zu stellen. Doch er mußte es tun. »Hat Ihr Freund sich inzwischen gemeldet?«
Sie schaute ihn flehend an. »Ich habe Ihnen gestern schon gesagt, daß ich Ihnen einmal alles erzählen werde. Im Augenblick kann ich es einfach noch nicht. Bitte, gedulden Sie sich.«
»Entschuldigen Sie meine Aufdringlichkeit«, erwiderte Cooper bedauernd und zwang sich, zur geplanten Fangfrage anzusetzen. »Ich wollte Sie nicht bedrängen, aber Sie beschäftigen mich so sehr, daß ich den ganzen Tag an Sie denken muß. Unwillkürlich möchte man dann dieses und jenes wissen. Zum Beispiel, wo haben Sie Mister Lo Sung kennengelernt?«
Su-su blickte erschrocken auf. »Wo ich Mister Lo Sung…? Das wissen Sie doch. Am Flughafen, als es so regnete und ich an den Wagen herantrat, um zu fragen, ob ich mitfahren dürfe.«
»Ach, ich dachte, Sie hätten ihn vorher schon gekannt«, entgegnete Cooper im Bestreben, seine ihn jäh überkommende Erregung zu verbergen.
»Nein, ich kannte ihn nicht«, erwiderte Su-su befreit. »Ich war nur so frech, zwei mir völlig unbekannte Herren anzusprechen.«
Gordon Cooper neigte sich zu ihr hinüber. »Mit Erfolg, wie man sieht.«
Ihre Augen strahlten, und ihr reizendes Köpfchen saß plötzlich wieder fest auf ihrem schlanken Hals. »Ich glaube, wir sollten doch lieber anderswo hingehen.«
»Damit bin ich sehr einverstanden«, antwortete Cooper, der sich kaum noch zu beherrschen wußte. Su-su war ihm auf den Leim gegangen. Auf seine Frage, wo sie Lo Sung kennengelernt habe, hätte sie in Anbetracht der Tatsache, daß der Chinese sich im Restaurant nicht vorgestellt hatte und sein
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