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Roter Regen

Titel: Roter Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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höre könne. Des Gekläff hätt mich fertiggmacht.«
    Helga wimmerte im Hintergrund: »Ich hab’s doch nur gut gmeint. Alles
mieni Schuld.« Dann heulte sie wieder.
    »Nei, du bisch nit schuld. Seller Hartmann isch schuld, der allei.
Der hät denkt, mit dene Dubel vum Land kann er’s mache. Aber do hätt er sich
gschnitte. Und ich ihn …« Bühler lachte über das makabere Wortspiel.
    Belledin fiel die Lade herunter. Damit hatte er nun gar nicht
gerechnet. Er war hierhergekommen, um sich zu entschuldigen, und nun musste er
erkennen, dass es nichts zu entschuldigen gab! Eine ungeheure Wut stieg in ihm
auf. Was erlaubte sich dieser Fall mit ihm? Jetzt präsentierte er ihm im Sumpf
seiner Kindheitserinnerungen auch noch einen geständigen Täter.
    »Und Christa Faller?«, fragte er in der Hoffnung, es gäbe noch einen
dritten Täter, den er dann selbst aufspüren konnte.
    »Die hätt au kei Geld meh ghätt. Hät vu nix gwisst. Aber nit mit mir
… hä, mit mir doch nit. Ich soll warte, im nägschte Johr käm die Rendite. Im
nägschte Johr? Im nägschte Johr, sag des mol de Bank. Die lacht, wenn de
sagsch, im nägschte Johr … aber des hätt die gar nit interessiert … der Käs war
schnell gesse. Rums hätts gmacht, dann hät au die nix meh vum nägschte Johr
ghätt …«
    Bühler verzog den Mund zu einem düsteren Lächeln. Dann wurde er
wieder ernst.
    »Und des Gekläff, ich hab’s einfach nimmi ertrage … ‘s war ä gute
Hund. Manche Mensch isch nit so a guts Tier …«
    Helga schluchzte wieder.
    Belledin nahm über Handy Kontakt zu seinen Kollegen auf und
bestellte die Beamten, um die Bühlers festzunehmen.
    Er selbst stieg in das Taxi und ließ sich nach Hause fahren. Durch
das beleuchtete Fenster sah er Biggis Gesicht auf dem die Lichter des
Fernsehers unregelmäßig flackerten. Trotz Knie- und Schluckbeschwerden war es
ihm, als müsste er sie jetzt rannehmen. Es würde einiges reinigen.
    Belledin schloss die Tür auf. Biggi hörte ihn nicht, weil die
Wildecker Herzbuben aus den Lautsprechern des Fernsehapparats jodelten. Es war
nicht Belledins Musik, aber sie konnte ihn jetzt nicht davon abhalten, sich an
Biggi zu schleichen und ihr von hinten an die Brüste zu packen. Dabei dachte er
ein letztes Mal an Maria Bava.
    * * *
    Killian legte seine Klarinette beiseite. Er hatte genug gespielt,
und es hatte ihm geholfen. Zwar wusste er noch immer nicht, ob er auf der Seite
der Guten stand, aber es war ihm im Moment einerlei. Egal, in welchen Zwängen
man war, man konnte sich immer wieder innerhalb der Parameter für das
entscheiden, woran man selbst glaubte. Das klang pragmatisch, und das war es
auch. Wer konnte schon sauber bleiben, wenn er etwas vom Leben wollte? Selbst
ein Politiker wie Obama, dem man einfach Vertrauen schenken wollte, hatte keine
Chance, ohne Abhängigkeiten an die Macht zu gelangen, geschweige denn, sie zu
halten.
    Er sah sich noch einmal die Fotos der Wasserkristalle an, dann
zündete er sie nacheinander über der Flamme seines Gasherdes an und warf das
brennende Papier ins Waschbecken. Das Bild des rasch züngelnden Feuers
entlockte ihm ein ironisches Lächeln: »Das Feuer frisst den Regen.«
    Die Originalzahlen von Hartmann waren in Asche aufgegangen.
Vielleicht hätten sie gar nicht gestimmt, vielleicht war der Traum vom
Regenmachen nur ein schlechter Witz. Vielleicht würde aber auch schon morgen
ein anderer auf die Formel stoßen? Nur Killian wollte damit nichts zu tun
haben, und er wollte auch nicht, dass Leute wie Moshe damit experimentierten.
Er löschte den Restqualm des kokelnden Fotopapiers unter dem Wasserhahn und
wusch sich selbst die Hände in Unschuld – obgleich er wusste, dass auch er
wieder im schmutzigen Geschäft der Weltmachtspiele gewirkt hatte.

FÜNF
    Belledin bemerkte es als Erster: Es begann zu regnen. Nach gut
einer Woche des Sonnenscheins tröpfelte es wieder. Einige der Trauergäste
spannten ihre Regenschirme auf, die während der letzten zwei Monate zum
ständigen Begleiter geworden waren. Belledin hatte keinen. Aber er hatte sich
heute für seinen schwarzen Stetson entschieden.
    Er stand allein, die Hände in den Taschen seines Trenchcoats, eine
Halswehtablette lutschend. Die Tabletten, die Biggi aus der Apotheke
mitgebracht hatte, waren gut. Vermutlich die absoluten Chemiebomben. Da
Belledin aber nie den Beipackzettel las, kümmerte ihn dies nicht. Seine
Halsschmerzen begannen zu schwinden.
    Silke Brenn stand neben ihrer Schwester Margit am Grab

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