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Roter Regen

Titel: Roter Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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Trenchcoats. Die Kugel riss
ein Loch zwischen die Augen des Unglücklichen und beendete dessen Hoffnungen,
vielleicht eines Tages als Supertalent noch groß herauszukommen.
    Lupescu floh durch den Hof. Seine steife Hüfte machte ihm dabei zu
schaffen. Er biss auf die Zähne und dachte daran, dass jetzt endlich Schluss
war mit den Hetzjagden. Die Zahlen würden ihm auf ewig Ruhe verschaffen. Zu
lange war er gezwungen gewesen, selbst als Pate seiner Organisation an den
Fronten der schmutzigen Schauplätze zu stehen. Nun würde er sich davon
zurückziehen können. Er würde nur noch aus dem Hintergrund agieren. Niemand
würde wissen, wer der Herr des Regens wäre. Und die Gelder würden fließen wie
der Monsun. Es war schade, dass Anna nicht mehr dabei war. Aber so war es nun
einmal. Lupescu würde sich ein paar durchschnittliche Wissenschaftler halten,
die das Projekt umsetzen konnten. Der größte Teil der Arbeit war getan. Jetzt
brauchte es keine Genies wie Hartmann und Anna mehr, sondern praktische
Verwalter und Handlanger des Wissens, die taten, was man ihnen sagte.
    Lupescu hielt sich dicht an der Hauswand. Er spähte um die Ecke. Die
Limousine stand noch vor dem Laden. Er huschte so schnell er es mit seiner
Behinderung vermochte zum Wagen und sprang auf den Rücksitz. In der Eile hatte
er nicht bemerkt, dass nur noch der Fahrer im Wagen saß. Lupescu tauchte auf
der Rückbank ab, damit er von niemandem gesehen werden konnte. Der Wagen fuhr
davon.
    Belledin, der den Blick mit gemischten Gefühlen auf die tote Anna
Popescu gerichtet hatte, bemerkte die Anfahrt der E-Klasse aus dem Augenwinkel
und fluchte. Er rannte aus dem Laden, aber der Wagen war bereits um die Ecke
gebogen.
    Sofort jagte er eine Fahndung nach der Limousine durch den Funk.
Weit würde es Lupescu nicht schaffen. Er würde ihn wegen Mordes an Anna Popescu
kriegen. Der Rest war ihm egal. Der Fall war gelöst. Jedenfalls nach außen hin.
Innerlich rang Belledin noch immer mit sich. Anna hatte ihn schändlich
ausgenutzt, mit seinen Gefühlen Katz und Maus gespielt. Sie hatte den Tod
verdient. Aber Anke Prückner hatte ihn möglicherweise gemocht, und Maria Bavas
Geilheit war vielleicht nicht nur gespielt gewesen. Er würde ihr zur Beerdigung
eine gerade Anzahl Blumen bringen. Vielleicht hatte sie im Jenseits jemanden,
mit dem sie sie teilen konnte.
    Von nun an wollte Belledin keinem mehr trauen außer Biggi. Aber
Killian auf keinen Fall. Auch der spielte doppelt, Belledin spürte es. Killian
hatte immer doppelt gespielt. Er war nie einer von ihnen gewesen, ein
»Plaschtiker« eben, der so tun musste, als gehöre er dazu, aber immer ein
Fremder geblieben war. Der Tipp, Anna Popescu und Lupescu hier zu fassen, war
von ihm gekommen. Aber wo war er selbst? Ausgerechnet er, der Kriegsfotograf,
der überall und jederzeit seine neugierige Nase in die Brandherde steckte? War
ein Foto von Lupescu etwa nichts wert? Die Zeitungen würden sich die Finger
danach lecken. Aber Killian war nicht da.
    Killian musste sich beeilen. Lange würde Lupescu nicht mehr hinter
dem Rücksitz in Deckung bleiben, und dann würde er erkennen, dass sein zweiter
Scherge fehlte und dass am Steuer nicht sein echter Chauffeur saß.
    Er bog in die Tiefgarage des Hauptbahnhofs, wohl wissend, dass dort
Überwachungskameras installiert waren, und parkte auf dem nächstbesten
Frauenparkplatz. Er sprang aus dem Wagen, öffnete die hintere Tür und schlug
Lupescu ansatzlos die Faust ins Gesicht. Ein Griff in den Trenchcoat, und
Lupescu war entwaffnet. Dann zerrte Killian ihn aus dem Wagen und stützte ihn
so, wie man es bei einem Betrunkenen tat. Gemeinsam gingen sie ein Stück durch
das Parkhaus und verschwanden hinter einem Sprinter.
    Die Schiebetür des Sprinters öffnete sich umgehend, zwei Männer
übernahmen den benommenen Lupescu, dann schloss sich die Schiebetür wieder. Die
Fensterscheibe der Beifahrerseite glitt hinunter. Dahinter grinste ein
freundliches sonnengebräuntes Gesicht. »Schalom.«
    Damit hatte Killian nicht gerechnet. Moshe selbst war gekommen. Er,
der nur in äußersten Notfällen sein Spinnennetz verließ, hatte sich die Mühe
gemacht, für Lupescu anzureisen. Vermutlich wollte er auf Nummer sicher gehen,
falls Belledin Lupescu vor Killian geschnappt hätte. Aber die Umstände hatten
Killian in die Karten gespielt, er war dem Kommissar zuvorgekommen.
    Moshe schien Killian die gelungene Überraschung anzusehen.
    »Für alte Freunde macht man einiges.« Er wies mit dem

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