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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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Werd’ doch mal was helle,
Miriam. Sei wie ich, hab Spaß! Ich werd’ dem Jungen
sagen, was er wissen muß, aber laß es mich auf meine
Weise tun.«
    »Wasser«, sagte Miriam. »Allein darum
geht’s.«
    »Mensch, hast du ein Schmalspur-Bewußtsein!« sagte
der King.
    »Das ist einer meiner Verkaufshits. Der Mars stirbt, Lee. Das
weißt du. Die Terraformung kehrt sich um, Wasser
verschließt sich wieder unter der Kruste, weil niemals
genügend geschmolzen worden ist, um ein Gleichgewicht zu
erreichen, wo Flüssigkeit dominiert. Wenn auf der Erde alles
Wasser an den Polen eingefroren wäre, würde es bald unter
dem eigenen Gewicht schmelzen und die Ozeane erneut füllen. Hier
auf dem Mars gibt es nicht genügend Wasser. Das Gleichgewicht
muß umgekehrt werden. Die ursprüngliche Terraformung war
auf dem richtigen Weg, aber sie hat das Gleichgewicht nicht weit
genug verschoben. Wir werden das tun, wenn wir’s
können.«
    »›It’s a hard rain that’s gonna
fall‹«, schmachtete der King. Er fügte hinzu:
»Erst Eis, dann Feuer.«
    »Feuer, und dann Regen. Eine Saat und eine Ernte. Vierzig
Tage und vierzig Nächte, Lee. Die erste Lieferung einer Flut,
welche die trockenen Seebetten auf immer füllen wird. Tausende
mögen sterben, so daß ungeborene Milliarden leben werden.
Ansonsten werden alle sterben, jetzt und für immer, und Mars
wird sein, was er einstmals gewesen ist.«
    »Das ist der Pfad der Himmelsreiter«, sagte Lee.
»Aber das Gleichgewicht erfordert eine Durchschnittstiefe von
fünfhundert Metern in den Seen. Niemand kann eine derartige
Menge Wasser bewegen, und selbst wenn man es könnte, würde
das jeden auf dem Mars töten, wenn es vom Himmel fiele. Selbst
die Zehntausend Jahre haben nicht versucht, Wasser auf den Mars herabfallen zu lassen, aber Schmelzwasser war bereits
vorhanden. Mars benötigt Hitze, nicht Wasser…«
    Der King sagte: »Du bist gut, Junge. Sie haben einen guten
Job mit dir erledigt. Da wir jetzt das Reden hinter uns haben,
laß es uns dir einfach zeigen.«
    »Zuallererst muß er verstehen…«
    Der King lächelte und schnippte mit den Fingern. Miriam
stieß einen enttäuschten Laut aus und wirbelte von ihm
weg. Außerhalb der Blase wurde das Sternenlicht schwächer,
wie hinter einem aufsteigenden Dunst. Dann verstand Lee, daß
eine andere Szene durch die Sternenlandschaft sickerte: ein Abschnitt
von Jupiters gestreifter Kugel, erstarrte lachsfarbene, gelbe und
weiße Streifen, die sich zu komplexen Schnörkeln
auffächerten.
    Einen Augenblick lang hing sie dort, ehe sie mit erschreckender
Geschwindigkeit stieg, obgleich Lee kein Anzeichen einer
Beschleunigung in dem schwerelosen seltsamen Raum verspürte. Sie
fielen durch zwanzig Kilometer tiefe Wolken. Streifen schillernden
Lichts ringsum. Es war wie im Innern einer Perle. Dann verschwand die
Wolke, und sie trieben über einer ausgedehnten ziegelroten Ebene
– ein Wolkendeck, von dem große Gewitterwolken aufkochten,
um unwahrscheinliche Bergketten aus umgekehrten Keilen mit flacher
Spitze zu formen. Sie bildeten grobe parallele Linien, die zum
Horizont hin verschwanden, dreitausend Kilometer entfernt.
    Etwas Kleines glitzerte in derselben Höhe wie die
Aussichtsblase, helleuchtend in dem rosafarbenen Zwielicht. Die Blase
fuhr darauf zu, und Lee sah, daß es wie eine Pinie aus Lametta
war, ihre Größe unmöglich zu schätzen. In der
klaren Atmosphäre hätte sie zehn Meter hoch und gleich
neben der Blase sein können, oder einen Kilometer hoch und
einhundert Kilometer entfernt.
    Der ›King of the Cats‹ salutierte den langsamen
Umdrehungen des Dings. Miriam sagte: »Du bist ein solcher
Angeber.«
    Der King setzte dunkle Gläser mit klotzigem Rahmen auf. Die
Bügel hatten rechteckige Ausschnitte. »Ein Showmann ist
genau das, was ich bin«, sagte er, schob eine Hüfte nach
außen und ließ sie kreisen. »Ich habe gedacht, der
Junge sollte wissen, woher ich komme.«
    »Dort hast du gelebt?« fragte Lee.
    »So was in der Art«, erwiderte der King.
    »Es gibt Tausende von ihnen«, sagte Miriam.
    »Das durchschnittliche Optimum liegt bei
fünfundzwanzigtausendzweihundertdreiundfünfzig.
Natürlich variiert es um etwa acht Prozent. Dies ist eine
gefährliche Umgebung. Unfälle geschehen die ganze Zeit
über…«
    Miriam sagte zu Lee: »Dies ist einer der Abkömmlinge
einer sich selbst reproduzierenden Sonde, welche die Europäer
vor sechshundert Jahren ausgeworfen haben, um Jupiter zu
kartographieren. Sie hat sich gut

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